Café der Nacht (German Edition)
ohnehin keine Ruhe. Sein Herz klopfte laut und heftig, wie immer, wenn er sich in unmittelbarer Nähe Monroes befand. Ganze drei Mal setzte er an, öffnete den Mund und schloss ihn wieder. Schließlich warf ihm Monroe einen Blick zu.
„Was?“
„Nichts.“
„Herrgott, spuck’s schon aus, Meinig. Bevor du dran erstickst und wir einen Arzt brauchen.“
„Weißt du was? Du kannst mich mal.“ Maxim war selbst erschrocken über das, was ihm da einfach aus dem Mund purzelte.
Monroe grinste. „Na bitte, geht doch.“
Allmählich wurde ihm klar, was Merlyn damit gemeint hatte, er sollte weniger Respekt vor ihm haben. Er musste lächeln. „Du bist unmöglich.“
„Bin ich“, stimmte Monroe zufrieden zu.
„Mit dir kann man einfach nicht reden.“
Der andere betrachtete ihn belustigt. „Und was tun wir gerade?“
„Na gut, dann sag mir eins.“
„Ich kann dir auch zwei sagen.“
„Hörst du mir jetzt zu?“
Monroe machte bereitwillig eine abwartende Geste.
„Danke.“ Maxim wurde ernst und besann sich auf sein Anliegen. „Ich frage mich die ganze Zeit, was das mit Vida war. Ich meine ... war das alles nur gespielt? Alles?“
Monroe nahm einen Zug an der Zigarette und sah ihm direkt in die Augen. „Na, das hat ja lange gedauert.“
Maxim wurde heiß bei diesem Blick. Er blinzelte langsam und blickte ihn verwirrt an. „Heißt das ja?“
Der andere grinste herausfordernd. „Finde es raus.“
Maxim schluckte. „Wie?“
„Übermorgen. Abend“, antwortete Monroe nur knapp, doch ein kleines Lächeln spielte auf seinen Lippen.
Maxim strahlte. Er wurde mutig. „Darf ich dich noch etwas fragen?“
„Spuck’s aus, wenn’s raus muss.“
„Wieso das alles überhaupt? Das mit Vida.“
Die grünen Augen streiften ihn, und er meinte, leise Belustigung darin zu lesen. „Wieso atmest du?“
„Äh. Um zu leben?“
Monroe nickte. „Genau.“
„Reicht dir ein Leben denn nicht aus?“
Der andere sah ihn unverwandt an. Schlagartig war er ihm wieder vollkommen fremd. „Du verstehst gar nichts.“
Monroe drückte sich von der Hauswand ab und ging ein paar Schritte, um einen Freund zu begrüßen, der die Sterntalergasse heraufgekommen war. Maxim blieb zurück, nicht allzu viel schlauer als zuvor. Doch das war ihm fürs Erste egal. Er wusste, er hatte übermorgen seine zweite Verabredung mit Vida. In seinem Magen tanzte Vorfreude.
Die verlorene Tochter
Man stand bereits an vor der noblen, zweistöckigen Galerie, als Maxim und Vida bei der Vernissage eintrafen. Im Gegensatz zu den anderen Gästen, die ihre auf teurem Papier gedruckten Einladungen vorzeigen mussten, öffnete sich Vida problemlos der Kunstsesam. Man kannte sie. Sie hatte einen großen, dicken Umschlag bei sich, der seinem abgegriffenen Aussehen zufolge bereits mehrmals verwendet worden war. Als Maxim sie im Café der Nacht getroffen hatte, hatte sie nur erwähnt, dass sie etwas für Fidelikus zu erledigen hatte, aber kein Wort über das Wo und Wie verloren.
Maxim blickte sich unsicher um, als sie eintraten. Er war zum ersten Mal in einer Galerie. An nüchtern weißen Wänden hingen großformatige, moderne Gemälde. Stöckelschuhe machten Klack-Klack auf dem glänzenden Parkettboden, unterlegt von verschämtem Plastiksohlengequietsche. Er kam sich underdressed vor. Feine Societyladys mit Brillantschmuck und Pradatäschchen nippten neben Anzugträgern mit schütterem Haar am Champagner. Er fühlte sich ungut an zuhause erinnert, an die Menschen, mit denen sich seine Eltern umgeben hatten. Vida bewegte sich in dieser gehobenen Gesellschaft so souverän, als gehörte sie dorthin, mehr als Maxim es jemals getan hatte. Doch er konnte sich nicht anders als wohlfühlen, wenn sie in seiner Nähe war.
„Irgendwie sehen die alle so gelangweilt aus.“
Vida warf ihm einen Blick zu und lächelte leicht. „Wer zu einer Vernissage geht, dem ist entweder keine gute Ausrede eingefallen, oder er meint, sich mal wieder ein bisschen intellektuell geben zu müssen.“
„Und weswegen sind wir hier?“
„Sag’s nicht weiter, aber wir sind vermutlich als Einzige wegen der Bilder gekommen.“
„Ich werde es mir nicht anmerken lassen.“
„Ich wusste, auf dich ist Verlass.“
„Wer stellt aus?“
„Alexandre Severin.“ Vida wies auf einen jungen Mann. Durch die legere Kleidung hob sich der etwas blasiert dreinblickende Dunkelhaarige deutlich von den Gästen ab. Er wurde von der mondänen Galeristin, einer blonden Mittvierzigerin,
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