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Café Eden - Roman mit Rezepten

Titel: Café Eden - Roman mit Rezepten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laura Kalpakian
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und Ihre eigene Familie.«
    Â»Es sind die Frauenseiten, Miss Merton. Nicht Ihre und auch nicht meine«, erwiderte Eden gleichmütiger, als sie sich fühlte. Sie stand auf, um ihren Worten mehr Gewicht zu verleihen.
    Â»Ich halte Sie nicht für besonders schlau. Ich rate Ihnen, sich davonzumachen. Am besten jetzt, solange Sie noch können.«
    Â»Sie können mich nicht feuern, Miss Merton.«
    Â»Ich feuere Sie nicht.« Ihre Stimme war ruhiger als ihre Hände. »Benutzen Sie Ihren Verstand, auf den Sie so stolz sind, Miss Douglass. Verschwinden Sie aus dieser Redaktion. Verschwinden Sie aus der Branche. Verschwinden Sie aus dieser Stadt. Heiraten Sie. Gehen Sie aufs College. Tun Sie etwas. Gehen Sie. Leben Sie , Miss Douglass! Aber verschwinden Sie um Himmels willen von hier! Jetzt! Bevor Sie sich an mitleidige Leute binden, die Ihnen nie etwas anderes als Mitleid oder vielleicht sogar Verachtung entgegenbringen werden. Verschwinden Sie, bevor Sie unauflöslich den Konventionen verhaftet sind, die Sie so sehr verabscheuen. Glauben Sie wirklich, dass Sie sich in ein paar Jahren den Respekt dieser Zeitung verdient haben? Glauben Sie, Sie gehören dann zu denen da?« Sie hob ihren knochigen Finger und zeigte auf die Männer in der Redaktion, die nach Zigarettenqualm stinkende, hemdsärmelige Brigade. »Vielleicht in zehn Jahren? In zwanzig? Glauben Sie, 1966 steht Ihr Name über einem Artikel, der nicht von einem Rezept oder einem gesellschaftlichen Ereignis handelt?« Miss Merton stieß ein ungeübtes, trockenes Lachen aus. »Sie sind zwar eine Närrin, aber so dumm können selbst Sie nicht sein. Glauben Sie wirklich, Sie seien eine so hervorragende Journalistin, dass Ihr Talent Sie aus dieser Ecke herausträgt? Dass Sie einen Schreibtisch in der Redaktion bekommen? Dass Sie für die Welt schreiben werden?«, fügte sie heftig hinzu.
    Â»Martha Gelhorn tut es ja auch. Dorothy Thompson...«
    Â»Ach, halten Sie doch den Mund, Mrs. Ernest Hemingway. Mrs. Sinclair Lewis, Sie kleine Närrin. Benutzen Sie Ihren Verstand! Benutzen Sie Ihre Augen! Sehen Sie mich an! In meinen Adern fließt Tinte, das kann ich Ihnen versichern! Seit dem Tag meiner Geburt atme ich Zeitungsluft. Meinem Vater hat die Gazette gehört, die erste Zeitung, die es in dieser Stadt je gegeben hat. Mein Vater hat die erste Druckerpresse nach St. Elmo gebracht. Wir kamen im gleichen Jahr hier an, als die Eisenbahn fertig gebaut war. Wir schliefen bei der Presse im Frachtwaggon, so wichtig war uns die Zeitung. Die Konkurrenz hatte meinen Vater aus Missouri, Texas und Arizona vertrieben, aber als er hier ankam, wusste er, dass das der richtige Ort war. Wie Brigham Young sagte auch er: Das ist der Ort! Und es stimmte. Mein Vater konnte so schnell setzen, dass man seine Hände kaum sah. Er brachte es mir bei, damit ich ihm helfen konnte. Meine Mutter hasste die Zeitungsbranche. Sie verließ ihn. Sie versuchte, mich mitzunehmen, aber ich wollte nicht. Ich liebte die Zeitung mehr als meine Mutter. Mehr als meinen Vater oder jeden anderen Mann. Ich liebte das Geräusch der Druckerpresse, den Geruch nach heißem Metall und nach Tinte. Ich liebte, was die Zeitung der Stadt, jeder Stadt brachte. Den Segen einer freien Presse!« Miss Merton war außer Atem. Voller Leidenschaft schlug sie mit der Faust auf ihren Schreibtisch. »Ich lebte für diese Zeitung. Lebte und atmete nur für sie, sie war meine Daseinsberechtigung. In einem Alter, in dem andere Mädchen noch mit Puppen spielten, schrieb ich schon für die Zeitung.« Sie trat auf Eden zu und schrie: »Wissen Sie, wovon ich rede, Miss Douglass?«
    Â»Ja.« Eden wandte den Blick nicht ab.
    Miss Merton wich wieder zurück und fuhr schwer atmend fort: »Und dann starb mein Vater, mein nutzloser Bruder ließ mich im Stich, und ich musste die Gazette zumachen. Die Besitzer des Herald kamen nach St. Elmo, wollten meine Druckerpressen, meine Abonnenten, und ich verkaufte sie ihnen. Aber nur unter der Bedingung, dass ich beim Herald arbeiten konnte. Und das tue ich. Oder?«
    Â»Ja, Miss Merton.«
    Â»Haben sich meine Träume nicht erfüllt, Miss Douglass? Bin ich nicht erfolgreich? Schwelge ich nicht jeden Tag in Erfüllung? Antworten Sie mir!«
    Aber das konnte Eden nicht.
    Â»Glauben Sie wirklich, dass ich so werden wollte? Glauben Sie, es war mein Ehrgeiz festzuhalten, wer wohin gegangen ist, was

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