Café Eden - Roman mit Rezepten
sie anhatten und wie reizend das Unterhaltungsprogramm war, und dass Mr. und Mrs. Methodist am Freitag zum Tee einladen?« Vorsichtig zog sie die verwelkte Rose aus der Vase und lieà sie in den Papierkorb fallen. »Glauben Sie wirklich, dass mich das interessiert? Haben Sie keine Fantasie? Auch Sie werden eines Tages alt sein, Miss Douglass. Wollen Sie so jämmerlich enden wie ich? Wollen Sie das?«
Eden schwieg, aber sie machte instinktiv eine Bewegung auf Winifred Merton zu, die jedoch zurückwich, als sei sie bereits ein Gespenst und die Wand könne sie schlucken. In der Redaktion war es totenstill. Eden drehte sich um und betrachtete die Männer, die feixend an ihren Schreibtischen saÃen.
»Ich weià nicht, was aus mir wird, Miss Merton. Aber ich werde nicht hierbleiben.«
»Gut. Das ist gut für Sie, Eden.«
»Leben Sie wohl, Miss Merton.«
»Leben Sie wohl, Eden. Viel Glück. Ich freue mich darauf, groÃe Dinge von Ihnen zu hören, was immer Sie auch tun werden.«
Eden lieà das Blatt Papier, das sie in die Schreibmaschine eingespannt hatte, stecken, ging quer durch die Redaktion zum Aufzug und blieb dort stehen, den Rücken dem einen Traum zugewandt, unsicher, was sie als Nächstes erwartete. Noch bevor die Türen des Aufzugs zischend auseinanderglitten, wurden Stühle gerückt und das Klappern der Schreibmaschinen setzte erneut ein: Alle machten sich wieder an die Arbeit.
ZWEITES BUCH
Babylon
TEIL I
Sauerteig
1952
1
N ach dem Krieg . 1952 war selbst diese Redewendung Vergangenheit, und ganz gewiss im sonnigen Südkalifornien, das ungeduldig in die Zukunft blickte. Das galt auch für Eden Douglass. Die Hoffnung auf ein Leben mit Logan Smith war erloschen, als ob Jahrzehnte sie trennten, nicht nur Jahre. Wenn sie überhaupt noch an Logan dachte, schien er ihr so fern wie eine Gestalt in einem Buch, das sie einmal gelesen hatte. 1952 hatte für Eden ein neues Kapitel ihres Lebens begonnen.
Die Columbia First National Bank beanspruchte ihr Taktgefühl, ihre Zeit und ihre Intelligenz, aber ihre Wochenenden und Abende, ihr Geld und ihr Leben gehörten ihr. Sie mietete sich ein Apartment direkt hinter dem Venice Boulevard in Los Angeles, konnte tun und lassen, was sie wollte, und brauchte niemanden um Erlaubnis zu fragen. Sie brauchte keine Männerstirn zu glätten, nicht über Kinderknie zu pusten oder schlecht gekleidet herumzulaufen, weil alles Geld in Waschmaschine, Kühlschrank oder sonstige Haushaltsgeräte gesteckt wurde. Eden brauchte keine Hypothek abzubezahlen, keinen Rasen zu mähen, keinen Zaun zu streichen und noch nicht einmal ein Auto zu finanzieren. Sie fuhr immer noch Annies alten Cord Cabrio mit seinem verblassten Vorkriegscharme, während ihre verheirateten Freundinnen in dicken Limousinen mit groÃen runden Scheinwerfern herumfuhren, die Eden immer an überfütterte Fische erinnerten.
Sie hätte zahlreiche Kriegsveteranen heiraten können, die ebenfalls 1950 auf der UCLA Examen machten. Sie machte ihren Abschluss in Betriebswirtschaft und schob jeden Gedanken an Martha Gelhorn energisch beiseite. Die ernsthafteste Liebesaffäre hatte sie mit Ray, einem Ingenieur, der sie heiraten wollte. Er bekam einen guten Job bei Lockheed und wollte ein Haus in Lakewood bauen; er versprach ihr ein gutes Leben. Sie lehnte jedoch ab, weil sie ihn nicht liebte - auch wenn sie es oft zu ihm gesagt hatte, an den Samstagabenden, wenn sie miteinander ins Bett gingen. Sie lehnte ab, weil Ray ihre Seele nicht berührte. Als Afton ihr Vorwürfe machte, dass sie ihre Chance zum Heiraten vertan hätte, weil sie auf den unmöglichen Mann wartete, lächelte Eden nur, legte ihr den Arm um die Schultern und sagte: »Wer weià schon, was alles möglich ist?«
Als Eden Douglass sich dann verliebte, war sie selber überrascht von der Schnelligkeit, der Gewissheit und der Intensität. Und als es eintrat, lag sie in einer Pfütze aus Kaffee und Schlamm und hatte sich schlimm die Hand verbrannt. Wenn es nicht so wehgetan hätte, wäre es schrecklich komisch gewesen.
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Eden Douglass wuchtete einen riesigen Kaffeetopf mit zwei Henkeln von der Kochstelle. Auf Annies panischen Hilfeanruf hin war sie an diesem Samstagmorgen in aller Herrgottsfrühe losgeeilt, um bei Oasis auszuhelfen, weil Annies Personal mal wieder nicht erschienen war. Annie trug die Kaffeekanne über den Rasen einer
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