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Call the Midwife - Ruf des Lebens: Eine wahre Geschichte aus dem Londoner East End

Call the Midwife - Ruf des Lebens: Eine wahre Geschichte aus dem Londoner East End

Titel: Call the Midwife - Ruf des Lebens: Eine wahre Geschichte aus dem Londoner East End Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer Worth
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Viertelstunde und Novizin Ruth bat mich, ihn zu begleiten. Ich muss blass ausgesehen haben, denn sie fragte mich: »Gehts dir gut? Bekommst du das hin?«
    Ich nickte stumm. Ich konnte nicht Nein sagen. Immerhin war ich ausgebildete Krankenschwester, die an kritische Situationen gewöhnt war. Doch selbst nach fünf Jahren im Krankenhaus – Notaufnahme, OP , Krebspatienten, Amputationen, Sterben und Tod – hatte nichts und niemand so tiefe Abscheu in mir erregt wie diese Frau namens Lil.
    Der Arzt untersuchte sie und entnahm eine Gewebeprobe des Geschwürs für das Pathologielabor. Außerdem nahm er eine Blutprobe für einen Wassermann-Test. Dann sagte er zu Lil: »Ich glaube, Sie haben eine Geschlechtskrankheit in einem sehr frühen Stadium. Wir …«
    Er hatte noch nicht zu Ende gesprochen, da lachte sie schallend laut auf. »Oh Goott! Nich schon wieder! Is doch ’n Witz, oder!?«
    Der Arzt blickte wie versteinert. Er sagte: »Wir haben es früh erkannt. Ich werde Ihnen jetzt Penizillin geben und Sie müssen von nun an zehn Tage lang jeden Tag eine Spritze bekommen. Wir müssen Ihr Baby schützen.«
    »Wie Sie wollen«, kicherte sie, »mir egal«, und zwinkerte ihm zu.
    Er zeigte keine Regung, als er eine riesige Dosis Penizillin aufzog und in ihren Oberschenkel injizierte. Wir ließen sie sich anziehen und gingen zurück zum Schreibtisch.
    »Wir werden zwar noch die Laborergebnisse für Blut und Serum abwarten«, sagte er zu Novizin Ruth, »aber ich denke, es gibt keinen Zweifel an der Diagnose. Würden Sie bitte tägliche Hausbesuche für die Injektionen veranlassen, Schwestern? Wenn wir sie bitten, in die Praxis zu kommen, wird sie sicher zu faul sein oder es vergessen. Wenn der Fötus noch lebt, müssen wir alles tun, was in unserer Macht steht.«
    Es war nun weit nach sieben Uhr. Lil hatte sich wieder angezogen und schrie ihre Kinder an mitzukommen. Sie zündete sich noch eine Kippe an und rief fröhlich: »Ja dann tschüss zusammen!«
    Sie blickte Novizin Ruth bedeutungsvoll an und sagte mit anzüglichem Grinsen: »Bleiben Sie sauber.« Dann schrie sie vor Lachen.
    Ich teilte ihr mit, wir kämen sie nun jeden Tag besuchen, um ihr die nächste Injektion zu geben. »Wie Sie wollen«, sagte sie mit einem Schulterzucken und ging.
    Jetzt musste ich noch alles aufräumen. Ich fühlte mich so müde, dass ich kaum ein Bein vor das andere brachte. Der moralische und emotionale Schock mussten ihren Teil zu der Müdigkeit beigetragen haben.
    Novizin Ruth grinste mich freundlich an: »Man muss sie in diesem Leben alle mal kennengelernt haben. Also, hast du denn noch Abendbesuche zu machen?«
    Ich nickte. »Drei postnatale. Einer davon oben in Bow.«
    »Dann geh jetzt los. Ich mache hier sauber.«
    Als ich die Praxis verließ, dankte ich ihr von ganzem Herzen. Die frische Luft gab mir neuen Schwung und das Fahrradfahren vertrieb meine Müdigkeit.
    Am folgenden Morgen sah ich mir den Tagesplan an und las, dass ich Lil Hoskin in den Peabody-Wohnblocks ihre Penizillininjektion verabreichen musste. Ich stöhnte innerlich auf. Ich hatte gewusst, dass es an mir hängen blieb. Laut Anweisung sollte es mein letzter Besuch vor dem Mittagessen werden, Spritze und Nadel sollte ich getrennt von der Hebammentasche transportieren und ich musste Handschuhe tragen. Das hätte man mir nicht extra sagen müssen.
    Die Peabody-Wohnblocks in Stepney waren berüchtigt. Sie waren bereits seit fünfzehn Jahren zum Abriss freigegeben, doch noch standen sie und boten Familien eine Behausung. Sie gehörten zur schlimmsten Sorte Wohnblocks, denn es gab nur einen einzigen Wasserhahn am Ende jeder Galerie und dort war auch die einzige Toilette. In den Wohnungen gab es kein fließendes Wasser. Ich begann meine Ansichten über Lil zu überdenken. Vielleicht wäre ich ja wie sie, müsste ich unter solchen Bedingungen leben.
    Die Tür stand offen, ich klopfte trotzdem.
    »Komm rein, Liebes, ich erwarte dich schon. Ich hab Wasser für dich vorbereitet.«
    Wie nett. Sie musste eine Menge Aufwand betrieben haben, um Wasser zu besorgen und es warm zu machen. Die Wohnung war dreckig und es stank. Kaum ein Quadratzentimeter des Bodens war zu sehen und überall stolperten kleine Kinder umher, die von der Hüfte abwärts nackt waren.
    In ihren eigenen vier Wänden wirkte Lil ganz anders. Vielleicht hatte die Sprechstunde sie irgendwie eingeschüchtert, und so hatte sie sich durch Angeberei behaupten wollen. In ihrer eigenen Wohnung benahm sie sich nicht so laut

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