Cambion Chronicles - Golden wie das Morgenlicht (German Edition)
»Wie bitte?«
Die Musik wechselte zu einem langsamen, lasziven Song der Marke »Ich schwängere dich direkt auf der Tanzfläche«, und Geheule erfüllte den Raum.
»Oh, das ist mein Lied!«, jubelte Mia und tanzte einen dicken, verschreckt aussehenden Kerl in der Ecke an. Vielleicht machte es ihm Angst, dass eine vollkommen Fremde sich unzüchtig an seinem Rücken rieb, vielleicht lag es aber auch daran, dass Mia die Tanzbewegungen einer Geisteskranken hatte.
Bevor sie es übertreiben konnte, zog ich sie von dem traumatisierten Jungen weg. »Du hattest gerade was über mein Armband gesagt.«
Die Unterhaltung schien sie bereits zu langweilen, und sie begann, nach mehr Alkohol Ausschau zu halten. »Du hast es auf dem Parkplatz liegen lassen, als du von der Schule weggefahren bist.«
Ich folgte ihr ins Esszimmer, vorbei am Bierfass und einem halb nackten, mit Senf beschmierten Typen. » Du hast mein Armband gefunden?«
»Ja, deswegen habe ich es doch an deine Haustür gehängt, Mann«, antwortete sie, als wüsste das jeder. »Ich habe angeklopft, aber du warst wohl nicht zu Hause.«
Oh, ich war zu Hause, dachte ich und erinnerte mich daran, wie ich an der Decke aufgewacht war.
»Ich habe es niemandem gesagt. Ich war zwar sauer auf dich, aber ich wollte nicht, dass du Ärger bekommst. Und als die Polizei Maliks Wagen gefunden hat, wusste ich nicht, was ich denken sollte. Vielleicht hatte er dich ja vor seinem Unfall zu Hause abgesetzt oder so.«
Ich starrte sie an und traute meinen Ohren kaum. »Kannst du mir alles erzählen, was du an diesem Tag gesehen hast? Wann sind wir weggefahren?«
Mia fand, was sie suchte, und schnappte sich einen neuen Becher mit dem grünen Gift von der Arbeitsplatte. »Ich will jetzt nicht darüber reden. Ich will tanzen.«
Ich trat ihr in den Weg. »Gleich. Was hast du gesehen?«
Sie verdrehte die Augen und drückte sich an mir vorbei. »Du erinnerst dich an gar nichts mehr? Hat er dich unter Drogen gesetzt?« Als ich den Kopf schüttelte, sagte sie: »Also, ich weiß nicht, so um die Mittagszeit rum bekam ich richtig üble Bauchkrämpfe und ging ins Krankenzimmer. Ich durfte früher nach Hause, und als ich rausging, hab ich gesehen, wie du zu seinem Wagen gegangen bist. Du hast etwas auf den Boden fallen lassen, und als ihr weg wart, ging ich hin und hob es auf.«
Ich folgte ihr durch das Partygewühl, das unbeeindruckt um uns herum weiterwogte. »Was? Ich habe mein Armband durchgeschnitten?«
»Entweder du oder Malik. Wer ist diese Lilith überhaupt? Ich habe den Namen auf dem Armband gesehen. Du hast nie von ihr gesprochen. Ich dachte, sie ist vielleicht eine Verwandte von dir oder so, und deshalb trägst du das Armband die ganze Zeit. Ist sie gestorben oder wie?«
»So was in der Art«, murmelte ich. Wut kochte so heiß in mir hoch, dass ich hätte heulen mögen. Der Raum wurde kleiner, und die Wände bogen sich aufeinander zu. Doch obwohl meine Augen nicht mehr so recht funktionierten, lief mein Gehirn noch auf Hochtouren.
»Sam, was ist los mit dir? Hat Malik dir was angetan? Ich habe nichts gesagt, aber du musst der Polizei erzählen, was du weißt. Alle machen sich Sorgen um ihn. Sam? Sam!«
»Was? Ja, mir geht’s gut«, sagte ich. »Warst du deshalb so komisch zu mir? Glaubst du, ich habe was mit seinem Verschwinden zu tun?«
»Nein. Ich glaube nicht, dass du ihn entführt hast, aber ich weiß in letzter Zeit wirklich nicht mehr, was ich denken soll. Du führst dich das ganze Jahr schon so komisch auf, und dann sehe ich euch beide im Flur, und das macht mich einfach total fertig. Ja, Malik ist süß und alles, aber ich habe nie wirklich auf ihn gestanden, verstehst du? Ich bin einfach durchgedreht.«
»Du und die halbe Schule«, brummte ich.
»Tut mir leid, dass ich so ein Miststück war, aber ich konnte nicht anders. Ich … ich dachte, du betrügst Caleb, und du weißt ja, wie ich darüber denke. Ich meine, wenn du jemanden nicht willst, dann geh einfach. Bleib nicht und komm dann um drei Uhr morgens mit einer faulen Ausrede nach Hause – verlasse sie einfach.«
Das falsche Pronomen entging mir nicht. Das war wohl ein freudscher Versprecher gewesen. Ich wusste, dass es in Mias Familie Probleme gab, die ihr in ihren eigenen Beziehungen zu schaffen machten. In der Familie Moralez gab es mehr Drama als in allen Nachmittagssoaps zusammen. Sie waren ihre eigene Realityshow und bewiesen fortwährend, dass Geld allein nicht glücklich macht. Deswegen graute es
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