Camel Club 03 - Die Spieler
weißt doch, dass ich seit dem Ausscheiden vom Militär als Vertragspartner der Homeland Security tätig bin.«
»Aber David darf es nicht wissen? Und ich nicht mehr als nur das erfahren?«
»So ist es besser. Es tut mir leid, aber in dieser Angelegenheit musst du mir vertrauen.«
»Solange du bei der Marine warst, wusste ich wenigstens, woran ich bin. Aber was wird heutzutage von dir verlangt?«
Er legte einen Arm um ihre Taille. »Es ist so, wie ich es dir gesagt habe. Ich helfe, das Land sicherer zu machen. Es gibt viele Schwachstellen. Meine Aufgabe besteht darin, diese Lücken zu beheben und die Nation zu stärken. Es besteht absolut keine Gefahr.«
Mandys Miene spiegelte unmissverständlich Anspannung. »Warum darf ich nichts erfahren, wenn absolut keine Gefahr besteht?«
»Weil es nicht geht.«
»Du warst nie besonders gesprächig, was?«
»Ich dachte immer, das wäre eine der Eigenschaften, die du an mir am liebsten hast.«
Dabei hatten sie es bewenden lassen. Niemals sollte Mandy erfahren, dass er illegal in den Frachträumen kommerzieller Flugzeuge mitflog und ohne jede Genehmigung die Rümpfe diverser Kriegsschiffe als Transportmittel benutzte. Wozu mussten Ehepartnerinnen über so etwas Bescheid wissen? Und sie brauchte nie etwas von den Dan Rosses dieser Welt zu erfahren, nichts von dem Schicksal, das sie ereilte. Und ebenso wenig von den Carter Grays, die einst alle Trümpfe in der Hand gehabt hatten, was jetzt aber nicht mehr der Fall war.
Dennoch fühlte Harry Finn sich nicht wohl dabei; er war ein von Grund auf ehrlicher Mann. Deshalb behagte es ihm nicht, der Frau, die er liebte, seit er sie vor fast fünfzehn Jahren zum ersten Mal über das College-Gelände hatte schlendern sehen, etwas zu verheimlichen. Damals hatte er nach der turnusmäßigen Rückkehr von einem Einsatz in Übersee Heimaturlaub gehabt und einen Freund besucht. Harry war stets ein zurückhaltender Mensch und leicht introvertiert gewesen, und gerade diese Tugenden hatten sich in seiner militärischen Laufbahn als außerordentlich nützlich erwiesen. Seine Tätigkeit erforderte Wochen, sogar Monate gründlich durchdachter und sorgfältigster Vorbereitungen, denen Sekunden eines nur dank Adrenalin überschaubaren Chaos folgten – und mittendrin Harry, der mit gleichsam tödlicher Ruhe seine Aufgabe erfüllen musste. An beiden Enden dieses anspruchsvollen Spektrums hatte er sich hervorragend bewährt.
Doch an dem Tag, als er die damalige Amanda Graham in ihren kurzen Jeans-Shorts und den vorn offenen Sandalen, mit ihrem hüftlangen Blondhaar und dem hübschesten Gesicht, das ihm je vor Augen gekommen war, über den Rasen schweben sah, hatte er sich sofort an die junge Frau gewandt und sie gefragt, ob sie noch am selben Abend mit ihm ausgehen wollte. Zuerst hatte sie abgelehnt – wahrscheinlich, weil sie sauer war, dass er offenbar glaubte, sie wäre so kurzfristig zu haben. Doch Finn war hartnäckig. Er bekam das Rendezvous und eine Ehefrau. Dann rang er der Marine einen Job an Land ab, und er und Mandy heirateten gleich nach ihrem College-Abschluss. Kein Jahr später wurde David geboren, danach Patrick und Susie.
Harry und Mandy waren ein glückliches Paar. Sie hatten anständige Sprösslinge – tüchtige Kinder, die positiven Einfluss auf die Welt nehmen würden, vielleicht nur ein kleines bisschen, aber auf jeden Fall positiv.
Finn wusste selbst nicht, warum ihn die tiefsinnigsten Überlegungen immer dann beschäftigten, wenn er die unmöglichsten Verrücktheiten trieb, zum Beispiel, an der Rumpfseite eines dahinjagenden Motorboots zu kleben. Doch so war er nun mal.
Er sah auf die Uhr, zog den Riemen der wasserdichten Tasche straffer, die er um die Schulter geschlungen hatte, und machte sich auf den nächsten Schritt gefasst. Nun kam der heikle Teil. Er musste sich vom Boot trennen, ohne in die Antriebsschrauben am Heck zu geraten. Stieß er sich nicht stark genug ab und tauchte nicht weit und tief genug vom Boot entfernt ins Wasser, bestand die Möglichkeit, dass sein letzter Anblick auf dieser Welt die Schiffsschrauben waren, die seinen Körper in Tatar verwandelten.
Finn spannte die Beine an und stemmte sie gegen den Bootsrumpf. Er zählte bis drei, stieß sich mit aller Kraft ab, klatschte in die Fluten und tauchte, fühlte sofort, dass der Sog der Schrauben ihn zum Heck zog. Doch als er auftauchte, sah er, dass die Positionslichter des Motorboots sich entfernten. Er blickte sich um, orientierte sich rasch und
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