Camel Club 03 - Die Spieler
taten nur Bekloppte. Man konnte ihm vieles nachsagen, aber keinesfalls, ein Blödmann solchen Schlages zu sein. Diese Idioten hüpften herum und johlten, wenn sie hundert Mäuse einsacken konnten, nachdem sie für dieses Vergnügen zweihundert verschleudert hatten. Und doch war es diese absonderliche Verirrung des menschlichen Geistes, der Bagger seinen Reichtum verdankte, also beklagte er sich nicht.
An einer Theke blieb er stehen und wölbte eine Braue in die Richtung einer Kellnerin, worauf sie ihm eilends sein gewohntes Getränk servierte, Soda mit Limette. Im Kasino trank er nie Alkohol, und sein Personal durfte es nicht. Bagger kauerte sich auf einen Barhocker und beobachtete, wie im Pompeji der Betrieb mit höchster Effizienz ablief. Sämtliche Altersstufen und sämtliche Typen waren vertreten – darunter, wie Bagger aus jahrzehntelanger Erfahrung wusste, zahlreiche Verrückte. Von harmlosen Irren bis zu gefährlichen Psychos war alles schon irgendwann einmal ins Kasino spaziert. In der Tat fühlte Bagger sich ihnen näher als den »normalen« Menschen.
Er schaute hinüber zu einem frisch verheirateten Paar, das noch die Hochzeitsklamotten trug. Das Pompeji bot Gästen, die sich »ewig« binden wollten, eine preisgünstige Pauschale, die (exklusive Trinkgelder) ein Standardzimmer mit neuer, belastbarer Matratze und einen billigen Blumenstrauß mit einschloss, ferner die Dienste eines geweihten Priesters, Essen, Getränke sowie eine Doppelmassage, um nach dem vielen Vögeln den Muskelkater loszuwerden. Außerdem zählten Kasino-Chips im Wert von 50 Dollar zu dem Paket – und das war vielleicht das Wichtigste. Nicht dass Bagger den Fünfziger zahlte, weil er zu dem jungen Glück etwas beisteuern wollte, vielmehr wusste er aus Erfahrung, dass der Fünfziger an verschenkten Chips dem Haus am Ende eines langen Wochenendes Einnahmen von 2000 Dollar einbrachten, selbst wenn man alle Pauschalleistungen berücksichtigte.
Das Paar, das er nun ins Auge gefasst hatte, schien keine Mühen zu scheuen bei dem Versuch, die Zunge des jeweils anderen zu verschlucken. Bagger rümpfte ob dieser schamlosen öffentlichen Darbietung die Nase. »Nehmt euch ein Zimmer«, nuschelte er. »Ein Zimmer ist das Preiswerteste, was ihr im Ort kriegen könnt, ausgenommen den Fusel und das Ficken.«
Bagger hatte nie geheiratet, vor allem deshalb nicht, weil ihm nie eine Frau begegnet war, auf die er längere Zeit scharf gewesen wäre. Annabelle Conroy jedoch hatte ihn in den Bann gezogen und bei ihm dauerhaftes Interesse geweckt. Sie war mehr als bloß anziehend. Er hätte das ganze Leben mit ihr verbringen können. Tatsächlich hatte er sich ernsthaft gefragt, ob er nach so vielen Jahren möglicherweise doch eine Lady gefunden hatte, mit der er vor den Traualtar treten konnte – bis er entdecken musste, dass dieses Miststück ihm das Fell über die Ohren gezogen hatte. Trotz allem musste Bagger grinsen. Was für einen Anblick sie geboten hätten. Er und Annabelle als Mann und Frau? Ein echter Brüller.
Und plötzlich hatte Jerry Bagger einen Geistesblitz, wie es öfters vorkam, wenn er es am wenigsten erwartete.
Er leerte sein Glas und ging zurück in sein Büro, um ein paar Telefonate zu führen. Während ihres Gaunerstücks hatte Annabelle ihm erzählt, sie wäre unverheiratet und hätte keine Kinder. Aber wenn sie in Wahrheit doch geheiratet hatte?
Falls sie jemals einem Kerl ihr Jawort gegeben hatte, war das ein unfehlbarer Weg, um sie aufzuspüren.
KAPITEL 13
Stone verzichtete auf den Drink, den Gray ihm anbot. Die beiden Männer setzten sich in Grays behagliches Herrenzimmer, in dem so viele Bücher in so vielen Sprachen standen wie in Stones Friedhofsgärtnerhäuschen, allerdings in erheblich gediegeneren Schränken.
Stone blickte zum großen Fenster hinaus, durch das man am Fuße der Klippe das tosende Meer sah. »Sind Sie des Landlebens in Virginia überdrüssig geworden?«, erkundigte er sich.
»Als junger Mann wollte ich Seemann werden und die Welt vom Deck eines Schiffes aus kennenlernen«, antwortete Gray. Er hatte ein Glas Scotch in der Hand. Die eng zusammenstehenden Augen bildeten in seinem platten Gesicht einen merkwürdigen Kontrast. Doch Stone wusste sehr gut, dass Gray eine Menge in der Birne hatte. Carter Gray war kein Mann, den man unterschätzen durfte.
»Es gibt keine flüchtigeren Bestrebungen als die Wunschvorstellungen eines jungen Mannes«, sinnierte Stone. Außerhalb des Fensters herrschte völlige
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