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Canard Saigon (German Edition)

Canard Saigon (German Edition)

Titel: Canard Saigon (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Harald Friesenhahn
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mich nicht aufregen?“
    Marc sprang aus seinem Sessel und lief vor dem Schreibtisch seines Chefs auf und ab. „Ich soll mich nicht aufregen?“, wiederholte er schreiend.
    Er kochte vor Wut und spürte, wie ihm die Zornesröte ins Gesicht schoss.
    „Was bildet sich dieses Arschloch von einem Bürokraten eigentlich ein? Was für ein politischer Vollidiot ist das schon wieder? Wieder ein Günstling und Arschkriecher auf diesem Posten. Von Tuten und Blasen keine Ahnung, aber blöd wichtigmachen. Der hat von Polizeiarbeit so viel Ahnung wie eine Darmbakterie vom Funktionieren der Bausparkasse.“
    Marc schäumte und schlug mit der Faust auf die Schreibtischplatte. Josef hatte die Reaktion kommen sehen. Er wusste, dass Marc wegen einer derart unqualifizierten Kritik explodieren würde. Das kannte er aus diversen Vorfällen in ihrer gemeinsamen Vergangenheit. Er ließ ihn einfach austoben.
    „Weißt du, Josef, dieses Schoßhündchen hat schon eine steife Oberlippe von den vielen Bussis auf den Arsch der Ministerin. So ein Wappler wagt es, uns beide zu kritisieren?“ Mit hochrotem Kopf brüllte Marc seine Wut und Ohnmacht hinaus. „Blöd daherreden, das kann er, der feine Herr. Von wegen alle Vollmachten, von wegen Team frei zusammenstellen. Aber ich bin ja selbst schuld. Immer wieder vertraue ich solchen Arschgeigen. Als ob ich unseren Verein nicht gut genug kennen würde. Kaum versuchst du, sinnvoll zu arbeiten, schon hauen dir die Bürokraten das Messer ins Kreuz.“
    Er gestikulierte wild, während er sich auskotzte. Allmählich wurde sein Tonfall wieder leiser. Plötzlich stoppte er und riss seinen Körper herum. Er blickte seinem Chef in die Augen. „Josef, ich hör auf. Such dir einen anderen Trottel. Oder einen fähigeren Chefermittler. Ich habe diese Scheiße nicht notwendig. Ich bin unkündbar, verdiene genug und will zurück in meine Projektausschüsse. Dort bin ich an den Wahnsinn gewöhnt, und es ist scheißegal, was dabei herauskommt. Ich will mich meiner Familie widmen und sonst gar nichts. Vielleicht bin ich schon zu alt, um gegen den täglichen Schwachsinn anzukämpfen. Ich will nichts werden, ich will nur mehr meine Ruhe haben. Josef, entbinde mich von dieser Aufgabe. Und ich hocke in zehn Minuten wieder in irgendeinem Seminarraum, um irgendetwas zu entwickeln.“ Marc sprach nun in normalem Tonfall. Sein Ärger war Resignation gewichen.
    „Bist du fertig?“, fragte Josef. „Setz dich wieder, und dann reden wir wie zwei normale Menschen.“
    Marc sah ihn an und folgte der Aufforderung zögernd.
    „Den Teufel werde ich tun, Marc“, fuhr Josef in sachlichem Ton fort. „Du bist mein bester Ermittler. Du bleibst gefälligst. Ich brauche dich.“
    Marc sah ihn wortlos an. Die ruhige Stimme besänftigte ihn. Langsam schaltete sich sein Verstand wieder ein.
    „Marc, ich habe nur eine Frage. Aber explodiere nicht gleich wieder. Ich will es einfach wissen. Im Innenministerium arbeiten ja tatsächlich Top-EDV-Spezialisten, mit Studium und ausgezeichnetem Know-how. Warum hast du dir Stainer und Schmied ins Team geholt?“
    „Das ist genau der Punkt, Josef. Die Leute im Innenministerium haben alle much know, but no how. Meine Jungs sind viel flexibler. Die zaubern mir Lösungen herbei, die sich vielleicht an der Grenze der Legalität befinden. Aber sie bringen uns weiter. Die beiden sind in der EDV dieselben Schlachtrösser wie wir zwei in der Ermittlungsarbeit. Und sie bleiben. Und wenn der Herr Sicherheitsdirektor daran etwas auszusetzen hat, soll er mir das ins Gesicht sagen.“
    Marc spürte seinen Kampfgeist erwachen. Aber anders als zuvor, als er seiner Wut freien Lauf gelassen hatte, arbeitete sein Verstand jetzt logisch und präzise. Er hielt inne. Schlagartig fiel es ihm wie Schuppen von den Augen. Marc schlug sich mit der flachen Hand auf die Stirn.
    „Ich bin doch ein Trottel!“, rief er. „Es geht gar nicht um mich oder meine Teammitglieder. Die wollen dir ans Leder! Josef, die sind hinter deiner Haut her, richtig?“
    Der BKA-Direktor sah ihm tief in die Augen. Fast unmerklich nickte er mehrere Male.
    „Gut erkannt, mein Freund“, sagte er mit Bitterkeit in seiner Stimme.
    „Was ist hier los, Josef?“
    Marc hatte plötzlich ein schlechtes Gewissen wegen seines Wutausbruchs. Warum habe ich nicht gleich gefragt, dachte er.
    „Ich bin den Herrschaften ein Dorn im Auge“, schilderte Josef Huttinger. „Sie werfen mir vor, ich sei viel zu personalorientiert und sachbezogen. Ich habe

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