Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Candy

Candy

Titel: Candy Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kevin Brooks
Vom Netzwerk:
wird gut. Vertrau mir – Gina wird nichts passieren.« Er schaute hinüber zu Candy, dann wandte er sich wieder zu mir und senkte die Stimme. »Wie geht’s ihr? Nimmt sie noch Heroin?«
    »Nein«, sagte ich ihm. »Seit Samstag nicht mehr.«
    Er drückte kurz meine Schulter, dann richtete er sich wieder auf und ging hinüber zu Candy am Fenster.
    »Kannst du fahren?«, fragte er.
    »Kann ich
was

    |376| »Fahren«, wiederholte er. »Ob du Auto fahren kannst?«
    »Äh   … ja«, sagte sie zögernd.
    »Hier«, sagte Mike und reichte ihr einen Schlüsselbund. »Fahr den Wagen hinters Haus, damit man ihn vom Weg aus nicht sehen kann. Wenn du jemanden kommen siehst, drück die Hupe und komm wieder rein – okay?«
    Candy nickte, rührte sich aber nicht.
    »Wir haben nicht viel Zeit«, sagte Mike zu ihr.
    Sie sah ihn an. »Was willst du tun, wenn Iggy kommt?«
    »Ich werde die Sache regeln.«
    »Und wie?«
    »Das hängt von ihm ab.«
    »Du machst einen schweren Fehler.«
    »Ja?«
    »Iggy will keinen Ärger – er will nur mich. Wenn er mich erst mal hat, kriegst du Gina zurück und damit ist alles vorbei. Aber wenn du versuchst ›die Sache zu regeln‹, wird er das überhaupt nicht mögen.«
    »Hübscher Versuch«, sagte Mike und schüttelte den Kopf, »aber du vergeudest deine Zeit. Iggy bekommt dich nicht. Er bekommt auch Gina nicht. Er bekommt überhaupt niemanden. Entweder verschwindet er von hier ohne irgendwen – oder er verschwindet gar nicht. Mehr Alternativen gibt es nicht. Also, fährst du den Wagen jetzt weg oder nicht?«
    Sie starrte ihn an, er starrte zurück und ich spürte eine angespannte Stille in der Luft. Das passte mir nicht. Ich verstand nicht, was plötzlich los war. Und ich hatte genug davon, Dinge nicht zu verstehen.
    Wieso die Spannung?
    |377|
Wieso der Streit?
    Wieso die Kompliziertheit?
    Ich ängstige mich zu Tode – ich kann keine Kompliziertheit brauchen.
    Sie starrten sich noch eine Weile an, dann nickte Candy, holte ihren Mantel und ging hinaus, ohne mich auch nur anzusehen. Ich trat in den Eingang und sah ihr nach. Während sie zum Wagen ging und sich der Nebel hinter ihr verdichtete, spürte ich eine Veränderung an ihr. Etwas Merkwürdiges   … etwas Distanziertes   … geradezu Verschwiegenes   …
    Ich wusste nicht, was es war.
    Während sie in den Wagen stieg und den Motor anließ, trat Mike neben mich.
    »Gibt es einen Hinterausgang?«, fragte er.
    »Was?«
    »Eine zweite Tür   … einen Hinterausgang.«
    Ich sah ihn an.
    »Komm schon, Joe«, sagte er scharf. »Reiß dich zusammen.« Sein Blick schoss hoch, als Candy den Wagen in Bewegung setzte. Sie fuhr langsam, mit ausgeschalteten Scheinwerfern, ließ den Wagen über die Lichtung und dann hinters Haus rollen. »Mach dir um sie keine Sorgen«, sagte Mike zu mir. »Sie schafft das – sie ist zäh genug. Es ist Gina, um die wir uns jetzt Gedanken machen müssen.«
    »Ich weiß«, sagte ich.
    »Um sie geht es.«
    »Ich weiß.«
    Er sah mich einen Moment an, dann wandte er sich ab und starrte schweigend in die Dunkelheit. Hinterm Haus hörte ich |378| Candy die Zündung ausschalten   … dann ein paar Minuten Ruhe   … dann die Tür aufgehen   … zuschlagen   … danach wieder eine kurze Pause   … und schließlich eilige Schritte, mit denen sie zum Haus zurückkehrte. Als sie um die Ecke bog, bewegte sie sich schnell und hielt ihren Mantel fest umschlungen. Sie wirkte eigenartig überrascht, mich zu sehen. Ihr Schritt stockte einen Augenblick, ihr Mund öffnete sich   … dann senkte sie den Blick, ohne ein Wort zu sagen, zog den Mantel noch enger und eilte an mir vorbei ins Haus.
    Gedankenverloren vielleicht   …
    Oder auch einfach nur frierend.
    Ich wandte mich Mike zu, um zu hören, was er darüber dachte, aber als ich den Ausdruck in seinem Gesicht sah, entschloss ich mich, lieber nicht zu fragen. Er stand immer noch einfach da, zu einem Denkmal erstorben, und starrte hinaus in die Dunkelheit   … und die Kälte seiner Augen wirkte erschreckend.
     
    »Die Hintertür ist abgeschlossen und zweifach verriegelt«, erklärte ich ihm. »Ich hab auch die Sicherheitskette vorgelegt.«
    »Gut«, sagte er. »Was ist mit den Fenstern?«
    Wir waren reingegangen und hatten die Haustür abgeschlossen, jetzt überprüfte Mike den Rest des Zimmers, während ich am Fenster Wache hielt. Candy war drüben am Spülbecken und füllte den Wasserkessel   … uns vollkommen ignorierend. Nachdem Mike im Wohnzimmer fertig war,

Weitere Kostenlose Bücher