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Cantucci-Herzen brechen nicht: Roman (German Edition)

Cantucci-Herzen brechen nicht: Roman (German Edition)

Titel: Cantucci-Herzen brechen nicht: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sarah-Kate Lynch
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schätzen als ihr Amerikaner – und folglich auch unsere Fehden und Tragödien. Uns fällt es aus irgendeinem Grund nicht so leicht wie Ihnen, sie aus der Gegenwart auszuklammern. Es ist schwierig.«
    Lily wollte ihm widersprechen, aber dann dachte sie an Rose, ihre einzige Schwester, die sie vergötterte, aber mit der sie eine Fehde hatte seit gefühlten hundert Jahren.
    Sie sah Alessandro an, der den Blick über sein Grundstück schweifen ließ, und wieder fiel ihr diese tiefe, stumme Traurigkeit auf. Sie fragte sich, welche Tragödien aus seiner Vergangenheit er noch schätzte, und fand es merkwürdig, dass diese Rivalitäten in Ehren gehalten wurden. Aber sie brachte es nicht übers Herz, weiter darüber zu diskutieren. Sie war schließlich in der Defensive, in seinem Haus, und diejenige, die mitgenommen aussah und dringend einen Kaffee brauchte.
    »Espresso?«, schlug er vor, wie aufs Stichwort. »Macchiato?«
    »Ist Macchiato Espresso mit einem Spritzer Milch?«
    »Ja.«
    »Dann hätte ich gerne einen, danke«, sagte sie und folgte ihm zurück in die Küche. »Ich nehme an, Sie haben keine Sojamilch?«
    »Ich nehme an, niemand hier hat Sojamilch«, antwortete Alessandro. »Wir sind umgeben von Kühen.«
    »Ja, aber ist das auch Biomilch? Ich habe allmählich den Eindruck, bio ist hier noch nicht weit vorgedrungen.«
    »Wir machen nicht so einen Wirbel darum, das ist wahr«, sagte Alessandro. »Aber in Italien essen wir halt nicht viele Nicht-Bioprodukte, falls das der richtige Ausdruck ist. In meinem Kühlschrank steht zum Beispiel Milch von Kühen, die zwei Täler von hier weiden. Man kann sie von der Loggia an der Ecke des Pools sehen. Mein Gemüse züchte ich selbst, dazu ein bisschen Obst, die Nüsse schickt mir ein Freund aus Puglia, und das Öl stammt von meinen eigenen Oliven. Signora Benedicti, meine Haushälterin, backt mein Brot mit Mehl, das in der Nähe von Lucca gemahlen wird, und das Fleisch oder die Hühner beziehe ich von einem Metzger in San Quirico, bei dem meine Familie seit hundert Jahren Stammkunde ist, in guten wie in schlechten Zeiten. Ich weiß, wo alles herkommt, was ich esse, und für mich ist das besser als bio. So haben wir das schon immer gehandhabt in Italien. Es ist wahr, das ändert sich, aber das ist die Art, auf die wir es bis heute machen.«
    »Nun, ich komme aus einer Stadt mit mehr als anderthalb Millionen Einwohnern, die eine Fläche einnimmt, so groß wie Ihr gesamtes Grundstück«, sagte Lily. »Sie müssen mir also verzeihen, wenn ich nicht meine eigenen Oliven züchte. Ich kann von Glück sagen, wenn es genügend Platz gibt, um zu stehen.«
    »Sie leben in Manhattan?«
    Sie nickte.
    »Ich war dort. Ja, New York, eine großartige Stadt. Teuer, für mich jedenfalls, aber trotzdem großartig. Möchten Sie also Ihren Macchiato mit gewöhnlicher frischer Kuhmilch?«
    Sie nickte wieder.
    »Und Sie müssen unbedingt von diesem Kuchen probieren«, sagte er und schnitt auf der Anrichte ein großes Stück davon ab. Der Kuchen hatte einen Teigboden und eine Marmeladenfüllung, genau das, was Lily gewöhnlich verschmähte.
    »Für mich nicht, danke«, sagte sie und hielt abwehrend die Hand hoch, aber Alessandro ließ ein Nein nicht gelten.
    »Signora Benedicti ist berühmt für ihre Crostata di more«, beharrte er. »Ich flehe sie ständig an, mir eine zu backen, und normalerweise ignoriert sie meine Bitte. Aber heute hat sie mein Flehen erhört!«
    Er schob ein Stück von dem dunklen, nach Karamell duftenden Kuchen über die Frühstückstheke zu Lily, und zu ihrer Verwunderung lief ihr das Wasser im Mund zusammen beim bloßen Anblick.
    »Tut mir leid, aber ich esse eigentlich keine Süßspeisen«, sagte sie.
    »Aber das ist das Frühstück!«
    »Nun, vor allem esse ich keine Süßspeisen zum Frühstück.«
    »Lily, wenn Sie in Italien sind, müssen Sie würdigen, dass wir den ganzen Tag Süßspeisen essen.«
    »Nun, ich kann es würdigen, ohne davon zu essen«, entgegnete sie lachend.
    »Aber warum sollten Sie verzichten?« Alessandro war aufrichtig verdattert. »Signora Benedicti hat endlich eine Crostata gebacken, und sie steht direkt vor Ihnen. Jeder Zweite in Montevedova würde sein rechtes Auge opfern, um mit Ihnen tauschen zu können.«
    »Also gut, also gut.« Lily erkannte, dass er keine Ruhe geben würde, und so pickte sie mit einer Gabel das vordere Ende des Kuchenstücks auf und steckte es sich in den Mund. Die süße Brombeermarmelade in Kombination mit den frischen

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