Caravan
fragt Emanuel.
»Schätzchen«, sagt Maria McKenzie mit ihrer samtigen, verführerischen Stimme, »Tobys Vater ist recht altmodisch in mancherlei
Hinsicht, auch wenn er ein guter und liebevoller Vater ist. Nicht wahr, Toby? Aber ich glaube, man kann sagen, er hat seine
Schwierigkeiten mit bestimmten Aspekten von Tobys Persönlichkeit.«
|233| »Ja, Ma, der Mann ist so steif, dass man ihn in den Boden rammen und das Gras dran hochwachsen lassen könnte.«
»Toby, dein Vater ist ein sehr guter Mensch, und er arbeitet sehr hart für uns. Und wenn ich gewusst hätte, dass du dich in
solche Schwierigkeiten bringst, hätte ich dich niemals für ein Jahr nach Malawi gehen lassen, sondern dich stattdessen zu
meiner Familie hoch nach Renfrewshire geschickt.«
»Ja, ja, Ma. Bist du fertig?«
»Und wenn dein Vater das herausfindet, Toby«, fährt Maria mit ihrer sexy
Let’s talk English-
Stimme fort, »gibt er mir die Schuld, weil ich dich auch noch ermutigt habe. Weil ich es war, die gesagt hat, es würde deinen
Horizont erweitern und dir helfen, die Welt zu verstehen, wenn du mehr über die Entwicklungsländer erfahren würdest. Dein
Vater war dagegen. Er war der Meinung, dass in unseren Breiten genug Entwicklungshilfe gebraucht wird, ohne dass du extra
nach Zomba musst, in Croydon zum Beispiel.«
Andrij fängt langsam an, Zweifel bezüglich dieser Familie zu hegen. Die Frau meint es ja gut, und sie hat tatsächlich eine
gewisse Ähnlichkeit mit Mrs. Brown, mit ihrer schmalen Taille und dem unstillbaren Teedurst, aber sie hat bizarre Vorstellungen vom Essen. Und was genau
haben die lila Zehennägel zu bedeuten? Natürlich ist es wohlbekannt, dass verheiratete Frauen äußerst sexgierig sind, aber
einer Frau unter dem Dach ihres Ehemanns Avancen zu machen, das würde garantiert Ärger bringen, selbst wenn der Mann zu viel
Whisky trinkt, seltsame Reden führt und seiner Frau ein schlechtes Beispiel gibt. Und dieser Toby – er spricht respektlos
mit seinen Eltern, und Andrij fragt sich, ob er für Emanuel, der jung und beeinflussbar ist und sich für die falsche Art von
Sex interessiert, ein gutes Vorbild ist.
»Croydon?«, ruft Emanuel. »Ich glaube, durch diesen Ort fuhren wir heute!«
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Liebe Schwester,
heute wurde ich mit Toby Makenzi wieder vereinigt, und so möchte ich dir die vorzügliche Geschichte unserer Freundschaft erzählen,
denn das erste Mal kannte ich ihn in Zomba.
Doch die Mzungus haben Verwirrung in mir gesät, denn ich sehe keine Ähnlichkeit zwischen Croydon und Zomba, abgesehen auf
das Missionshaus, das 1A ist und aus Backstein gebaut. Nun hatte dieser Toby Makenzi einen vorzüglichen Fußball aus Leder
von England mitgebracht, wie ich ihn noch nie gesehen hatte. Denn wenn wir armen Knaben in Zomba Fußball spielten, mussten
wir einen Ballon mit Luft erfüllen und ihn mit Plastiktüten verbrämen, doch im Dornengebüsch wird er viel zu leicht angestochen,
und viele Fußbälle gehen so zu Bruch. Beim Anblick meiner Fröhlichkeit, als ich den Fußball aus Leder in Händen hielt, sagte
der Mzungu zu mir, Bruder, mir ist viel an Malawi-Gold gelegen, und im Austausch will ich ihn dir schenken.
Malawi-Gold ist unter Mzungus so begehrt, dass ich glaube, es ist der Hauptgrund, warum dieselben in unser Land kommen. Und
da frage ich mich, wenn Toby Makenzis Eltern gar nichts davon wussten, weshalb haben sie ihren Sohn dann nach Malawi geschickt?
Es ist beklagenswert, dass manche unserer Polizisten korrupulent sind und Mzungus einkerkern, um sich zu bereichern, indem
sie die Mzungus unter viel Weinen und Haareraufen und einer Zahlung von ein- bis zweitausend Kwachas wieder frei lassen.
Doch die Menge Malawi-Gold, die ich für Toby erlangte, war größer als alles bisher Gesehene in Zomba, und der korrupulente
Polizist, der es sah, verlangte viertausend Kwachas, und diese Summe lag nicht in Toby Makenzis Macht. Da überkam mich Mitleid,
und so ging ich zur Polizei und gestand, dass das Malawi-Gold mir gehörte, und sie ließen
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Toby Makenzi frei und kerkerten mich an seiner statt ein. Für einen armen Waisenknaben aber konnten die Polizisten keine Belohnung
erhoffen, denn keinem war seine Freiheit auch nur hundert Kwacha wert, und so ließen sie mich nach vier Tagen und vielen Schlägen
frei. Und dann bestrafte auch Pater Kevin mich großzügig.
Toby Makenzis Ausdruck war höchst mystisch, denn er sagte, Bruder, du hast meine Schläge
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