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Carl Mørck, Sonderdezernat Q Bd.4 - Verachtung

Titel: Carl Mørck, Sonderdezernat Q Bd.4 - Verachtung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jussi Adler-Olsen
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sie doch. Es gab zig Möglichkeiten, der Frau, die man gern hatte, zu erzählen, dass man keine Lust hatte, sie mit jemand anderem zu teilen. Das Ergebnis war fast immer der Bruch.
    Er zählte die Sekunden und hätte schon fast aus reiner Frustration aufgelegt. Da presste ihm ein Lachanfall, so laut, als hielten sich die Götter auf dem Olymp die Bäuche, fast das Trommelfell in den Schädel.
    »Was bist du doch für eine süße kleine Mimose, Carl! Mein Schatz, du bist eifersüchtig auf einen Hund! Mathilde nimmt an einer Fortbildung teil und hat mir für die Zeit ihren Welpen dagelassen. Rolf ist ein Cairn Terrier.«
    »Ein Hund?« Zischend entwich ihm ein Stoßseufzer der Erleichterung. »Warum in aller Welt sagst du dann am Telefon so was wie ›Das braucht dich nicht zu kümmern, darüber reden wir ein andermal‹? Ich war fix und fertig mit den Nerven.«
    »Tja, mein Lieber. Das lehrt dich vielleicht, dass man gewisse Frauen nicht anruft, ehe sie nicht eine halbe Stunde vorm Spiegel gestanden haben, weil sie dann nämlich noch nicht smalltalkfähig sind.«
    »Es kommt mir vor, als wolltest du damit sagen, das sei eine Lektion gewesen.«
    Sie lachte. »Kluger Polizist, Carl! Welch eine gute Spürnase!«
    »Hab ich die Lektion bestanden?«
    »Darüber können wir vielleicht heute Abend reden. Mit Rolf zwischen uns.«

    Sie bogen vom Roskildevej in den Brøndbyøstervej ab. Links und rechts ragten Hochhäuser in den Himmel.
    »Ich kenne Brøndby Nord ziemlich gut«, sagte Assad. »Und du, Carl?«
    Carl nickte. Wie oft war er hier draußen Streife gegangen? Angeblich war Brøndbyøster einmal eine lebendige Stadt mit drei Plätzen gewesen, wo man alles bekommen konnte, was das Herz begehrte. Es hatte gute Viertel mit kaufkräftigen Bürgern gegeben, aber dann waren eins nach dem anderen die großen Einkaufszentren aufmarschiert: Rødovre Centrum, Glostrup Centrum, Hvidovre Centrum, dazu noch welche in Ishøj und in Hundinge, und urplötzlich war eine ganze Stadt quasi gekippt. Jede Menge gute, mit Sachverstand betriebene Einzelhandelsgeschäfte verschwanden, und nun war so gut wie nichts mehr vom alten Flair übrig. Vielleicht war Brøndby die Kommune des Landes, deren Geschäftsleben am stärksten vernachlässigt war. Wo waren die Fußgängerzone, das Kino und das Bürgerhaus geblieben? Jetzt lebten hier nur noch Bürger mit Auto oder mit geringen Ansprüchen an ihr Umfeld.
    Das spürte man am Marktplatz Brøndbyøster und das spürte man am Nygårds Plads. Abgesehen von der Fußballmannschaft Brøndby gab es eigentlich nichts mehr, worauf man stolz sein konnte. Kurz gesagt, es war eine Gemeinde mit äußerst bescheidenem Angebot, und das galt insbesondere für Brøndby Nord.
    »Ja, Assad, ich kenne Brøndby relativ gut. Warum?«
    »Ich bin sicher, dass in Brøndby Nord nicht viele schwangere Frauen vor Curt Wads diskriminierendem Blick bestehen würden. Das würde gehen wie bei den KZ-Ärzten, wenn die nach Ankunft der Züge ihre Auswahl trafen«, sagte er.
    Vielleicht war das ein bisschen drastisch formuliert, aber Carl nickte trotzdem, während er die Brücke betrachtete, die über die S-Bahn-Strecke führte. Ein Stück weiter die Straße hinunter tauchte das alte Dorf auf. Die Oase im Asphaltdschungel. Alte, reetgedeckte Häuser und richtige, echte Obstbäume. Hier hatte man Ellbogenfreiheit, hier war noch Platz für den Gartengrill.
    »Wir müssen die Vestre Gade runter«, sagte Assad mit Blick auf das Navi. »Der Brøndbyøstervej ist eine Einbahnstraße, deshalb musst du bis zur Parkallee, dort dann links und noch mal links.«
    Carl sah auf die Schilder. Ja, sie waren richtig. Als er in die Dorfstraße einbog, nahm er aus dem Augenwinkel den Schatten des Lkws wahr, der mit überhöhter Geschwindigkeit aus einer Nebenstraße heranbrauste. Ehe Carl reagieren konnte, raste der Laster hinten rechts in ihren Peugeot, sodass der förmlich über den Bürgersteig flog und erst von einer Ligusterhecke aufgehalten wurde. Unendliche Sekunden lang war alles ein einziges Durcheinander aus zerberstender Windschutzscheibe, knirschendem, gestauchtem Metall und dem Knallen der Airbags, die sich vor ihren Augen aufbliesen. Dann war es vorbei. Sie hörten es unter der Kühlerhaube zischen und hinter der Hecke schreien, mehr nicht.
    Erschüttert sahen sie sich an, aber auch erleichtert. Die Airbags fielen wieder in sich zusammen.
    Kaum dass sie ausgestiegen waren, kam ein älterer Mann auf sie zu. »Was ist mit meiner Hecke?«

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