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Carl Mørck, Sonderdezernat Q Bd.4 - Verachtung

Titel: Carl Mørck, Sonderdezernat Q Bd.4 - Verachtung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jussi Adler-Olsen
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sehen.«
    Wie ein Schulkind bei der Nachtwanderung ließ sie den Lichtschein unablässig in alle Richtungen schweifen. Jetzt konnte auch der letzte Trottel im weiten Umkreis erkennen, dass hier gerade ein Einbruch stattfand. Wenn nur der Mann mit der umgekippten Mülltonne nicht noch auf der Lauer lag.
    »Richte den Lichtkegel auf den Boden«, mahnte Carl.
    Das tat sie.
    Und sofort blieb sie abrupt stehen.
    Der Blutfleck am Rand des Rasens, auf den der Lichtschein fiel, war nicht groß, aber unzweideutig. Sie leuchtete die Umgebung ab und fand schließlich einen weiteren Blutfleck direkt um die Ecke des Hauses in der eigentlichen Einfahrt. Es war ein kleiner Blutfleck, von dem aus eine kaum sichtbare Spur aus noch kleineren roten Flecken bis zu einem sehr alt wirkenden Nebengebäude verlief.
    Da war Carls Bauchgefühl schlagartig wieder da.
    Hätten sie die Spur doch nur gesehen, ehe sie ins Haus eingebrochen waren! Dann hätten sie Hilfe anfordern können. Aber so einfach war das jetzt leider nicht mehr.
    Kurz überlegte er.
    Vielleicht war es ja in Wahrheit von Vorteil, wenn so vieles darauf hindeutete, dass hier etwas nicht stimmte. Und wer sagte überhaupt, dass sie die Einbrecher gewesen waren? Sie selbst jedenfalls nicht.
    »Ich rufe die Polizei in Glostrup an und mache Meldung«, sagte er. »Wir könnten gut ein bisschen offizielle Rückendeckung gebrauchen.«
    »Hast du nicht gesagt, Marcus Jacobsen habe dich strikt angewiesen, von Curt Wad fernzubleiben?«, fragte Rose und schwenkte dabei den Lichtkegel über die drei Türen des Nebengebäudes.
    »Ja.«
    »Ach, und was hast du dann hier zu suchen?«
    »Du hast ja recht, aber ich rufe trotzdem an«, sagte er und zog das Handy aus der Tasche. Die Kollegen in Glostrup würden wissen, welchen Wagen Curt Wad fuhr, und konnten ihn sofort zur Fahndung ausschreiben. Denn womöglich war Curt Wad irgendwo auf den Straßen mit einem Verletzten im Kofferraum unterwegs. Und dieser Verletzte war vielleicht Assad. Carls Phantasie überschlug sich.
    »Warte mal«, sagte Rose. »Da!«
    Sie richtete den Lichtkegel auf das Vorhängeschloss der mittleren Tür des alten Gebäudes. Es war ein ganz gewöhnliches Vorhängeschloss, wie man es überall für einen Zehner kaufen konnte, und auf seiner Messingfläche prangten zwei Fingerabdrücke.
    Sie ging ganz nahe mit dem Kopf heran und nickte dann. Eindeutig, das war Blut.
    Carl zog seine Pistole aus dem Halfter. Natürlich wäre es leichter gewesen, einen Schuss auf das Schloss abzugeben, aber er entschied sich für die andere Variante und hämmerte mit dem Schaft so lange dagegen, bis Finger und Schrauben mürbe waren.
    Als der Mechanismus endlich nachgab und sich der Bügel herumschwenken ließ, erhielt Carl einen der seltenen anerkennenden Klapse von Rose.
    »Jetzt ist es auch egal«, sagte sie und tastete nach dem Schalter neben der Tür.
    Es flackerte ein paarmal, dann offenbarte das kalte Licht der Leuchtstoffröhre einen Raum, wie Carl ihn nur zu gut von den alten Höfen seines Heimatdorfes kannte. An einer Wand standen Regale mit ausrangierten Töpfen, alten Blumenkübeln und unzähligen verschrumpelten Blumenzwiebeln, die weder in diesem noch im letzten Jahr in die Erde gekommen waren. Am anderen Ende brummte eine Tiefkühltruhe und davor stand eine Metallleiter, die durch eine Luke zum Dachboden führte.
    Carl kletterte nach oben und sah sich in dem vollgestopften Raum um, den eine nackte Glühbirne von höchstens fünfundzwanzig Watt spärlich erhellte. Jede Menge alter Poster an den Wänden, Matratzen auf dem Boden und haufenweise schwarze Plastiksäcke mit Klamotten.
    Er leuchtete die mit Jutesäcken verkleideten Dachschrägen ab. Cooler Ort, dachte Carl. Hierhin hatten sich Curt Wads Kinder offenbar als Jugendliche zurückgezogen. »Oh Gott, Carl!«, hörte er Rose unten rufen.
    Sie hielt den Deckel der Tiefkühltruhe in der Hand, während ihr restlicher Körper sich so weit wie möglich von der Truhe abzuwenden versuchte. Carls Herz begann zu hämmern.
    »Pfui Teufel«, stieß sie mit verzerrtem Gesicht hervor.
    Okay, dachte er. Das würde sie wohl nicht sagen, wenn Assad dort drinnen läge.
    Carl trat näher und blickte in die Truhe. Sie war voller durchsichtiger Plastiktüten mit menschlichen Embryonen. Acht, zählte er. Winzige Wesen, die nie ins Leben gekommen waren. »Pfui Teufel« wäre ihm zwar nicht so schnell dazu eingefallen, denn Ekel war nun überhaupt nicht das Gefühl, das sie auslösten, aber da

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