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Carl Mørck, Sonderdezernat Q Bd.4 - Verachtung

Titel: Carl Mørck, Sonderdezernat Q Bd.4 - Verachtung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jussi Adler-Olsen
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klar?«
    Bak war für einen Moment sehr blass. Doch dann kehrte die Farbe langsam in sein Gesicht zurück. Assads Ausstrahlung war die einer Wasserstoffbombe, deren Zünder gerade scharf gemacht worden war. Der Fall war Bak aus den Händen genommen worden, und er fand sich damit ab.
    Das Letzte, was sie von dem Litauer sahen, als er die Tür öffnete und durch den Kellerraum verschwand, war der tätowierte Drache. Beinahe hätte er beim Rausstolpern einen Schuh verloren. Die Verwandlung hätte radikaler nicht sein können. Die Tünche war weg und übrig geblieben war nichts als ein Fünfundzwanzigjähriger, der um sein Leben rannte.
    »Du kannst deiner Schwester sagen, ihr hättet eure Rache bekommen«, schniefte Assad. »Den seht ihr nicht wieder. Garantiert nicht.«
    Carls Augenbrauen zogen sich zusammen, aber bis die drei Männer auf dem Bürgersteig vor dem Dienstwagen standen, blieb er still.
    »Was war das denn eben, Assad?«, fragte er. »Was hast du denn mit dem angestellt? Und was hat das mit den dreißig Stunden zu bedeuten?«
    »Ich hab ihn nur ein bisschen hart am Kragen gepackt und ihm ein paar Namen genannt. Namen von Leuten, die möglicherweise auf ihn und seine Familie gehetzt würden, wenn er nicht auf der Stelle das Land verlässt. Außerdem hab ich ihm gesagt, dass es mir völlig egal wäre, was er jetzt tun würde, aber dass er sich ein richtig gutes Versteck besorgen sollte.« Assad nickte. »Und wenn die wollen, dann finden sie ihn wohl trotzdem.«
    Über Jahre hin angesammeltes Misstrauen lag in dem Blick, mit dem Bak Assad betrachtete.
    »Diese Kerle haben nur vor einem Respekt, und das ist die russische Mafia«, schimpfte Bak. »Bitte erzähl mir jetzt nicht, dass du ihm mit diesem Verein gedroht hast.« Er wartete auf eine Antwort von Assad, aber von dem kam nichts. »Was im Klartext bedeutet, dass du den Mann hast laufen lassen, du Idiot.«
    Assad neigte den Kopf leicht zur Seite und sah Bak aus rot geränderten Augen an. »Also, wie gesagt: Du kannst deiner Schwester ausrichten, dass jetzt alles gut ist. Und wir, Carl, sollten zusehen, dass wir zurückkommen. Ich brauche einen schönen heißen Tee.«
    [⊗] - Butze ⇒ berlinerisch für kleines Zimmer, kleine Wohnung, oft auch abwertend gemeint. [⊗]

5
    November 2010
    C arls Blick wanderte zwischen seinem Schreibtisch und dem Flachbildschirm an der Wand hin und her. Beides lockte ihn wenig. In den Fernsehnachrichten stakte die Außenministerin auf Stilettos durch die Welt und gab sich alle Mühe, kompetent auszusehen, während ihre Augen Blitze aussandten und zehn zahme Journalisten vor ihr buckelten und nickten. Direkt vor ihm auf dem Schreibtisch lag die Akte zu dem Unglücksfall 1978, als sein Onkel ertrunken war.
    Eine Entscheidung zwischen Pest und Cholera.
    Er kratzte sich hinterm Ohr und schloss die Augen. Was für ein Scheißtag. Nicht im Geringsten so erquickend müßig und unstrukturiert wie erhofft.
    Ein Regalmeter neuer Fälle, zwei davon hatte Rose bereits in Beschlag genommen. Besonders der von Rita Nielsen, der Bordellbesitzerin, die in Kopenhagen verschwunden war, beschäftigte sie. Gar nicht davon zu reden, dass Assad sich auf der anderen Seite des Korridors alle sieben Sekunden die Nase schnäuzte und die Bakterien nur so durch die Luft sprühte. Die Erkältung hatte ihn voll erwischt, und trotzdem hatte er vor nicht mal anderthalb Stunden einen hartgesottenen Kriminellen so kleingekriegt, dass der wie ein scheues Reh geflohen war. Nicht mal Carls alter Kumpel Anker hätte das fertigbekommen, und der hatte es wahrhaftig verstanden, die Leute in Angst und Schrecken zu versetzen.
    Und dann auch noch diese Geschichte von anno dazumal. Was mochte seinen Cousin Ronny geritten haben, in einer thailändischen Bar damit zu prahlen, der Tod seines Vaters sei kein Unglücksfall gewesen, obwohl Carl doch definitiv wusste, dass Birger Mørck ertrunken war? Warum behauptete Ronny, er habe den eigenen Vater umgebracht, wenn das schlichtweg unmöglich war? Als es passierte, hatten er und Carl schließlich nebeneinander an der Straße nach Hjørring gestanden und wie gebannt auf vier Kopenhagener Brüste gestarrt. Und jetzt erzählte dieser Depp von Bak auch noch, Ronny habe behauptet, er, Carl, habe mitgemacht.
    Carl schüttelte den Kopf, schaltete den Fernseher aus und griff nach dem Telefon.
    Er tätigte vier vergebliche Anrufe: eine erfolglose Überprüfung im Einwohnermeldeamt und drei Anrufe bei Adressen, die ebenfalls zu nichts

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