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Carl Mørck, Sonderdezernat Q Bd.4 - Verachtung

Titel: Carl Mørck, Sonderdezernat Q Bd.4 - Verachtung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jussi Adler-Olsen
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führten. Dieser Ronny besaß unbestritten die Fähigkeit, in den ewigen Misthaufen der Gesellschaft zu verschwinden.
    Also musste Lis den Kerl für ihn aufstöbern, wo auch immer auf der Welt der sich gerade herumtrieb.
    Eine halbe Minute lang hörte sich Carl das Freizeichen an, dann erhob er sich, zunehmend ungehalten. Verdammt, warum nahm keine der Sekretärinnen da oben ab?
    Auf dem Weg in den zweiten Stock kam er an erschreckend vielen schlappen Kollegen mit knallroter Schnupfennase, Triefaugen und gequälter Miene vorbei, und jedes Mal hielt er schützend die rechte Hand vors Gesicht. »Weiche von mir, Influenza!«, signalisierte das.
    Dagegen herrschte oben in der Abteilung der Mordkommission Grabesstille. Waren die Kollegen alle abgekratzt, oder was? Hatten sich die Mörder, denen sie im Lauf der Jahre Handschellen angelegt hatten, zu einem Rachefeldzug mit bakteriologischen Waffen vereint?
    Hinter dem Tresen saß keine flirtende, rundum appetitliche Lis, und, was noch erstaunlicher war, auch von Frau Sørensen war weit und breit nichts zu sehen. Obwohl sich die blöde Ziege doch nur von ihrem Platz erhob, wenn sie aufs Klo musste.
    »Wo zum Teufel steckt ihr?«, brüllte er in einer Lautstärke, dass die Scheiben klirrten.
    »Ach Carl, halt einfach die Klappe«, quäkte eine Stimme aus einer offenen Tür in der Mitte des Gangs.
    Carl steckte den Kopf in das Büro. Beim Anblick der aufgetürmten Papiere und abgewetzten Möbel kam ihm sein eigenes Büro auf einmal wie die Luxussuite eines Kreuzfahrtschiffes vor.
    Er nickte dem Kopf inmitten des Chaos' zu und konnte seine Frage gerade noch loswerden, ehe ihm Terje Ploug sein von der Erkältung gezeichnetes Gesicht zeigte.
    »Wo sind die denn alle hin, kannst du mir das verraten? Von der Grippe dahingerafft?«
    Die Antwort sagte alles: fünf gezielte Nieser, unterbrochen von etwas Husten nebst laufender Nase.
    »Okay!«, sagte Carl mit Betonung auf der letzten Silbe und zog sich etwas zurück.
    »Lars Bjørn ist mit einem von der Mannschaft im Besprechungszimmer und Marcus ist im Feld«, kam schniefend die Antwort. »Aber wo ich dich schon hier hab, Carl. Wir haben eine neue Spur im Druckluftnagler-Fall. Ich wollte dich gerade anrufen.«
    »Aha.« Carls Blick löste sich von der roten Nase und irrte ins Unbestimmte. Es war lange her, seit auf Amager Schüsse auf ihn, Anker und Hardy abgefeuert worden waren. Musste er immer wieder daran erinnert werden?
    »Die Holzbaracke, in der man auf euch geschossen hat, nachdem ihr Georg Madsen mit dem Nagel im Hirn gefunden habt, die wurde heute Morgen abgerissen«, fuhr Ploug nüchtern fort.
    »Na, wurde auch mal Zeit.« Carl steckte die Hände in die Hosentaschen. Sie waren eiskalt.
    »Die Bulldozer sind hart rangegangen und haben die ganze obere Erdschicht abgetragen.«
    »Ja und? Was haben sie gefunden?«, fragte Carl. Schon jetzt reichte es ihm, hätte er am liebsten auf dem Absatz kehrtgemacht. Diese verfluchte alte Geschichte.
    »Eine Holzkiste, mit Paslode-Nägeln zusammengeschustert, und darin ein Sack mit Leichenteilen in sehr unterschiedlichem Zustand. Sie haben die Kiste vor einer Stunde entdeckt und gleich die Polizei alarmiert. Die Techniker und Marcus sind vor Ort.«
    Ach du Scheiße. Dann war es mit dem Frieden für Hardy und ihn erst mal vorbei.
    »Es besteht kein Zweifel, dass die Leiche in dieser Holzkiste in Verbindung steht mit den Morden an Georg Madsen und an den zwei Männern in Sorø, die ebenfalls mit einem Druckluftnagler umgebracht wurden«, fuhr Terje Ploug fort. Er wischte sich die tränenden Augen mit einem Taschentuch ab, das eigentlich unter fachkundiger Aufsicht verbrannt gehörte.
    »Und worauf baut ihr das alles?«
    »Dass im Schädel der Leiche ein ziemlich langer Nagel steckte.«
    Carl nickte. Wie in denen der anderen Leichen. Eine zulässige Folgerung.
    »Ich möchte dich bitten, in einer halben Stunde mit mir zum Fundort zu fahren.«
    »Muss ich? Wozu braucht ihr mich da? Das ist nicht mehr mein Fall.«
    Plougs Miene nach zu urteilen, hätte Carl genauso gut sagen können, dass er ab jetzt rosa Kamelhaarpullis tragen und sich ausschließlich mit Fällen beschäftigen wolle, in die dreibeinige Dalmatiner involviert seien.
    Aber Terje Ploug begnügte sich mit einem knappen: »Marcus sieht das anders.«
    Selbstverständlich war das auch weiterhin Carls Fall. Eine hellrote Narbe an seiner Schläfe erinnerte ihn täglich daran. Das Kainsmal, Zeugnis von Feigheit und Untätigkeit in einem

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