Carolin - GesamtWerk
sondern hielt etwas unterhalb vor einer der alten prachtvollen Villen an. Hier also sollte sie die nächsten Tage verbringen, von Simon an einen ihr unbekannten Kunden vermittelt. Sie erhielt zum Abschied einen zärtlichen Kuss, stieg bangen Herzens aus und ging zögernd zum Eingang. Sie musste nicht läuten, denn noch ehe sie das Portal erreicht hatte, wurde die schwere Tür von einer Dame geöffnet, die um die fünfzig war, ein langes graues Kleid trug und sie mit einem gefrorenen Lächeln begrüßte. »Du bist Carolin?«
Carolin nickte und wurde ins Haus gebeten. Sie hörte, wie Simon wegfuhr, dann schloss sich die schwere Tür hinter ihr. Staunend schaute sie sich in einer großen Halle um. Eine Galerie, getragen von schlanken Säulen, umrundete den majestätischen Raum, durch ein gläsernes Kuppeldach sah man den blauen Himmel, große Fenster boten Blick hinunter auf die Stadt und das gewundene Band des trägen Flusses. Über das Gesicht der gouvernantenhaften Frau huschte der Anflug eines Lächelns. »Die Herren erwarten dich im Roten Salon.« Carolin folgte ihr quer durch die Halle, begleitet vom Klappern ihrer hohen Absätze auf dem weißen Marmorboden. Sie gelangten in einen Flur mit rotem Läufer und die Gouvernante öffnete gleich die erste Tür links. Zaudernd und mit pochendem Herzen ging Carolin an ihr vorüber; da war er wieder, der Moment der ersten Begegnung, der so viel Bangen, Erwartung, Spannung barg, nie, so glaubte sie, würde sie ihn ohne Scham und ohne Verwunderung über sich selbst erleben.
Vier Männer standen im großen roten Raum, alle in dunklen Anzügen, drei von ihnen waren um die fünfzig oder darüber, einer jünger, Mitte dreißig vielleicht. Acht Augen beschauten sie prüfend. Und noch zwei weitere Augen waren auf sie gerichtet, die einer Frau mit blondem langem Haar, die vielleicht um die dreißig war und sehr hübsch. Sie saß mit geöffneten Knien auf einem roten Ledersofa und trug ein schwarzes langes Kleid mit halblangen Ärmeln, das vorn bis zum Bauch hoch geschlitzt war und den haarlosen nackten Schoß offenbarte. Das miederartige Oberteil ließ die drallen Brüste unbedeckt, es war ein Kleid aus der »Geschichte der O«. Den Hals der Blonden sowie ihre Hand- und Fußgelenke umschlossen metallene Bänder, jedes mit zwei soliden Ringen versehen.
Einer der Männer trat einen Schritt auf Carolin zu. Er war von massiger Statur, hatte einen breiten Schädel mit hoher Stirn, sein feistes Gesicht und die fleischigen Lippen verzogen sich zu einem Lächeln. »Herzlich willkommen bei uns.« Tief und durchdringend klang seine Stimme. Carolin versuchte sich an einem Lächeln und zuckte zusammen, da entschlossene Finger an ihrem Rücken nach dem Reißverschluss ihres Kleides griffen und ihn herabzogen. Im nächsten Moment streiften die knochigen Hände der Gouvernante die Träger von ihren Achseln und das bisschen Kleid sank zu Boden. Nackt stand sie da, gemustert von all den fremden Blicken. Bis hierher in dieses Haus reichte die Romantik des nahen Schlosses offenbar nicht, so rasch und umstandslos, wie man hier zur Sache kam.
Der Massige nickte der Gouvernante anerkennend zu, als habe sie ein großes Werk vollbracht, und nahm wieder Carolin ins Visier. »Du bist hübsch. Es wird uns ein Vergnügen sein, dich zu unserer ergebenen Sklavin zu machen.« — Ergebene Sklavin ? Oh nein. Das blieb Simon vorbehalten, nicht irgendjemandem … Was sie haben konnten, waren ihre Hülle und den Anschein ihres Gehorsams, mehr nicht. Die Hand des Mannes wies zu einem silbernen Tablett auf dem Tisch. Fünf metallene Ringe lagen darauf, genau solche, wie die Frau auf dem Sofa sie trug. »Geh, bring sie mir!« Sie ging die wenigen Schritte hinüber, nahm das Tablett in beide Hände, näherte sich dem Mann und hielt es ihm entgegen.
Sein Blick schweifte zur Blonden. »Katharina, du kennst dich mit den hiesigen Gebräuchen aus. Sage ihr, wie eine Sklavin einen rituellen Gegenstand darzubieten hat, und sage ihr auch, wie sie uns anreden muss.«
Einen kleinen Moment brauchte sie, um die Worte zu ordnen. »Rituelle Gegenstände sind von einer Sklavin mit einem ehrerbietigen Knicks darzubieten. Und die Männer des Hauses hat sie mit mein Herr anzureden.« Leise, wie eingeschüchtert klang ihre klare Stimme und die blauen Augen wurden von den herabsinkenden Lidern bedeckt.
Der Blick des Mannes traf Carolin wie eine stumme Aufforderung. Sie sehnte sich nach Simons Nähe. Wenn er die Einhaltung eines
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