Carre, John le
kaue
ich es eben nochmals durch«, gab Guillam zurück. »Wie lautet Mackelvores
Arbeitsname?«
»Himmel,
Zwirn und zugenäht«, schnaufte Tarr und nannte den Namen.
Es war
noch dunkel, als die Fähre nach Irland ablegte. Überall wimmelte es von
Soldaten und Polizei: dieser Krieg, der letzte, der vorletzte. Ein heftiger
Wind blies vom Meer her, und die Überfahrt würde vermutlich bewegt werden. Für
kurze Zeit wurde das Grüppchen an Land vom Gefühl der Zusammengehörigkeit erfaßt,
als die Lichter des Schiffs rasch ins Dunkel davontanzten. Irgendwo weinte eine
Frau, irgendwo feierte ein Betrunkener seine Freilassung.
Er fuhr
langsam zurück und versuchte, über sich selber Klarheit zu gewinnen: über den
neuen Guillam, der bei unvermittelten Geräuschen hochfährt, Alpträume hat und
nicht nur sein Mädchen nicht halten kann, sondern sich auch noch idiotische
Gründe ausdenkt, um ihr zu mißtrauen. Er hatte Camilla wegen Sand zur Rede
gestellt, wegen ihrer Stunden und ihrer Geheimnistuerei im allgemeinen.
Nachdem sie ihm mit ihren ernsten braunen Augen zugehört hatte, sagte sie, er
sei ein Narr, und ging. »Ich bin das, wofür du mich hältst«, sagte sie und
holte ihre Sachen aus dem Schlafzimmer. Von seiner leeren Wohnung aus rief er Toby
Esterhase an und lud ihn für den nächsten Tag zu einem freundschaftlichen
Schwatz ein.
Ein
Französisch-Lehrer bleibt unerlaubt dem Unterricht fern
Smiley saß
im Rolls-Royce des Ministers, Lacon neben ihm. In Anns Familie wurde der Wagen
als die schwarze Bettpfanne bezeichnet und wegen seiner Auffälligkeit
verabscheut. Der Chauffeur war zum Frühstücken weggeschickt worden. Der
Minister saß vorn, und alle drei blickten geradeaus die gestreckte Kühlerhaube
entlang und sahen über den Fluß auf die vernebelten Türme des
Battersea-Kraftwerks. Das Haar des Ministers war im Nacken voll und um die
Ohren in kleine schwarze Hörner gelegt.
»Wenn Sie
recht haben«, erklärte der Minister nach langem düsteren Schweigen, »ich sage
nicht, daß Sie unrecht haben, aber wenn Sie recht haben, wieviel Porzellan wird
er dann bis zum Ende des heutigen Tages zerschlagen haben?« Smiley begriff
nicht ganz.
»Ich
spreche von dem Skandal. Gerald geht nach Moskau. Schön, und was passiert dann?
Steigt er auf eine Seifenkiste und macht sich öffentlich lustig über alle die
Leute, die er hier zum Narren gehalten hat? Ich meine, Herrgott, wir sitzen
alle in diesem Boot, nicht wahr? Ich sehe nicht ein, warum wir ihn laufen
lassen sollen, damit er uns das Dach über dem Kopfe einreißen kann und die
Konkurrenz sich totlacht.«
Er
probierte eine andere Tour. »Ich meine, nur weil die Russen unsere Geheimnisse
kennen, muß nicht unbedingt die ganze Welt sie erfahren. Wir haben außer ihnen
noch einiges mehr zu berücksichtigen, nicht wahr? Zum Beispiel die Schwarze
Welt: sollen sie alle es innerhalb einer Woche in den Wallah-Wallah-Nachrichten
lesen?«
Oder zum
Beispiel seine Wählerschaft, dachte Smiley. »Ich glaube, das ist etwas, wofür
die Russen Verständnis haben«, sagte Lacon. »Schließlich, wenn man seinen
Gegner als einen Narren hinstellt, verliert der Kampf seine Berechtigung.« Er
fügte hinzu: »Bisher haben sie von ihren Möglichkeiten noch nie Gebrauch
gemacht, nicht wahr?«
»Dann
sorgen Sie dafür, daß es auch in Zukunft so bleibt. Lassen Sie es sich
schriftlich geben. Nein, lieber nicht. Aber sagen Sie ihnen, was dem einen
recht ist, muß dem ändern billig sein. Wir bringen die Moskauer Zentrale auch
nicht öffentlich in Verschiß, also können sie sich verdammt noch mal
ausnahmsweise an die Spielregeln halten.«
Das
Angebot, ihn nach Hause zu fahren, lehnte Smiley mit der Erklärung ab, der
Spaziergang werde ihm guttun. Es war Thursgoods Aufsichtstag, und er empfand es
als eine Zumutung. Schuldirektoren sollten seiner Meinung nach über den
niedrigen Pflichten stehen und ihren Geist für die Anforderungen der
Organisation und Leitung freihalten. Daß er seine Cambridge-Robe zur Schau
stellen konnte, tröstete ihn nicht, und als er im Turnsaal stand und zusah, wie
die Jungen in Reihen hereinkamen und zum Morgenappell Aufstellung nahmen,
ruhte sein Auge finster, wenn nicht sogar feindselig auf ihnen. Aber erst
Marjoribanks versetzte ihm den Todesstoß: »Er sagt, es sei wegen seiner
Mutter«, flüsterte er dumpf in Thursgoods linkes Ohr. »Er habe ein Telegramm
bekommen, daß er sofort abreisen müsse. Wollte nicht mal mehr eine Tasse Tee
trinken. Ich
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