Carre, John le
mangels Kommunikationsmittel
brachlag. Sonst nichts. Gerstmann hatte über die kanadische Grenze einen Sender
eingeschmuggelt und drei Wochen in San Francisco verbracht, um den neuen
Sendetechniker einzuarbeiten. So lautete die Vermutung, und sie wurde durch
eine Reihe von Testsendungen bestätigt.«
Für diese
Testsendungen zwischen Moskau und Kalifornien, erklärte Smiley, sei ein
vereinbarter Code benutzt worden. »Dann, eines schönen Tages, gab Moskau einen
direkten Befehl durch...«
»Auch nach
dem vereinbarten Code?«
»Genau.
Das ist der springende Punkt. Dank einer kleinen Fahrlässigkeit von Rudnews
Codierern waren wir um eine Nasenlänge voraus. Unsere Funker haben ihren Code
geknackt, und so kamen wir an unsere Information. Gerstmann sollte San
Francisco verlassen und sich in Delhi mit dem Tass-Korrespondenten treffen,
einem Talentsucher, der auf eine heiße chinesische Spur gestoßen sei und
sofortige Anleitung nötig habe. Warum er dazu von San Francisco nach Delhi
mußte, und warum es ausgerechnet Karla sein mußte - davon später. Wichtig ist
nur: Als Gerstmann sich am Treffpunkt in Delhi einstellte, händigte der
Tass-Mann ihm ein Flugticket aus und bestellte ihm, er müsse unverzüglich
zurück nach Moskau. Keine Fragen. Der Befehl kam von Rudnew persönlich. Er war
mit Rudnews Arbeitsnamen unterzeichnet und selbst für russische Maßstäbe
äußerst barsch.« Woraufhin der Tass-Mann das Weite suchte, und Gerstmann stand
da mit einer Menge Fragen und achtundzwanzig Stunden Zeit bis zum Abflug.
»Er blieb
aber nicht lange so stehen, denn die indischen Behörden nahmen ihn auf unser
Ersuchen hin fest und transportierten ihn ins Gefängnis von Delhi. Soviel ich
mich erinnere, hatten wir den Indern einen Anteil am Produkt versprochen. Ich glaube jedenfalls,
so war's«, bemerkte er, verstummte und blickte abwesend durch den rauchigen
Raum, wie jemand, der durch das Versagen seines Gedächtnisses zutiefst
betroffen ist. »Oder vielleicht haben wir auch gesagt, sie könnten ihn haben,
wenn wir mit ihm fertig seien. Ach, du liebe Zeit.«
»Ist ja
egal«, sagte Guillam.
»Es war
das einzige Mal in Karlas Leben, wie gesagt, daß der Circus ihm voraus war«,
fuhr Smiley fort, nachdem er einen Schluck Wein getrunken und ein saures
Gesicht geschnitten hatte. »Er konnte es nicht wissen, aber das Netz in San
Francisco, das er gerade eingerichtet hatte, war am Tag seines Abflugs nach
Delhi mit Haut und Haaren aufgerollt worden. Die Stöpsler hatten alles
mitgehört, Control verkaufte die Geschichte, sobald er sie von den Funkern
bekam, an die Amerikaner, die vereinbarungsgemäß Karla unbehelligt ließen,
aber das übrige kalifornische Netz Rudnews zerschlugen. Gerstmann flog
ahnungslos nach Delhi, und er hatte noch immer keine blasse Ahnung, als ich ins
Gefängnis von Delhi kam, um ihm eine Versicherungspolice zu verkaufen, wie
Control es nannte. Karlas Wahl war sehr einfach. Nach dem Stand der Dinge war
nicht daran zu zweifeln, daß Gerstmanns Kopf in Moskau auf dem Block lag, da
Saschtazy dort alles tat, um ihm das Auffliegen des kalifornischen Netzes anzulasten.
Die Affäre hatte in den Staaten großen Wirbel gemacht, und Moskau war über
diese Publicity sehr erbost. Ich hatte die amerikanischen Pressefotos von der
Festnahme bei mir; sogar ein Foto des Sendegeräts, das Karla eingeschmuggelt
hatte, und der Signalpläne, die er vor seinem Abflug in einem Versteck deponierte.
Sie wissen, wie kribbelig wir alle werden, wenn etwas in die Presse gelangt.«
Guillam
wußte es; und in jähem Schreck dachte er an die Akte Testify, die er zu
Beginn dieses Abends an Mendel weitergegeben hatte.
»Kurzum,
Karla war das sprichwörtliche Waisenkind des Kalten Krieges. Er hatte seine
Heimat verlassen, um eine Sache im Ausland zu erledigen. Die Sache war
geplatzt, aber er konnte nicht zurück: die Heimat war feindseliger als die
Fremde. Wir konnten nicht dafür sorgen, daß er ständig eingesperrt blieb, also
war es Karla anheimgestellt, unseren Schutz zu erbitten. Ich glaube, ich habe
nie einen idealeren Fall für einen Frontwechsel gesehen. Ich mußte ihn nur
davon überzeugen, daß das Netz in San Francisco im Gefängnis saß, mußte ihm die
Pressefotos und Zeitungsausschnitte aus meiner Brieftasche vor die Nase
halten, ihm ein wenig von den unfreundlichen Machenschaften Brüderchen Rudnews
in Moskau erzählen, daraufhin an die ziemlich überarbeiteten Inquisitoren in
Sarratt telegrafieren, und mit ein bißchen
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