Carre, John le
Abfalleimer an die hintere Stoßstange gebunden hatten. Er zerrte an
der Schnur, um sie abzureißen, doch sie gab nicht nach. Er versuchte es mit den
Zähnen, ohne Erfolg. Der Alte lieh ihm ein Taschenmesser, und Smiley schnitt
die Schnur durch, wobei er sich immer in geziemender Entfernung von den beiden
Jungen mit ihren Hämmern hielt. Die Lagerbewohner hatten einen Halbkreis
gebildet und hielten ihre Kinder zum Abschiedwinken hoch. Smiley stieg in das
Auto, und der Alte knallte mit einem gewaltigen Schwung die Tür hinter ihm zu.
Smiley steckte den Schlüssel in die Zündung, doch während er ihn drehte, hatte
einer der Jungen sich lässig quer über die Kühlerhaube gelegt wie ein Modell
bei einem Auto-Korso, und der andere klopfte höflich an die Scheibe.
Smiley kurbelte das Fenster
herunter.
»Was wollen Sie?« fragte Smiley.
Der Junge hielt die Hand hin.
»Reparatur«, erklärte er. »Ihr Kofferraum hat nicht ordentlich geschlossen.
Arbeitszeit und Material. Unkosten. Parkgebühren.« Er deutete auf seinen
Daumennagel. »Mein Kollege hat sich die Hand verletzt. Hätte schlimm ausgehen
können.«
Smiley schaute in das Gesicht des
Jungen und sah darin keine menschliche Regung, die er verstand.
»Sie haben gar nichts repariert.
Nur Schaden angerichtet. Sagen Sie Ihrem Freund, er soll von meinem Wagen
heruntergehen.«
Die beiden Jungen berieten sich,
schienen uneins. Sie taten dies alles unter den aufmerksamen Blicken der
Menge, in äußerst gesetzter Form, stießen sich gegenseitig langsam mit den
Schultern an und machten Rednergesten, die nicht mit ihren Worten übereinstimmten.
Sie sprachen über Natur und Politik, und ihr platonischer Dialog hätte endlos
weitergehen können, wenn der Junge auf dem Wagen sich nicht aufgerichtet hätte,
um einem Argument besonderen Nachdruck zu verleihen. Dabei brach er einen Scheibenwischer
ab und reichte ihn dem Alten wie eine Blume. Beim Wegfahren schaute Smiley in
den Rückspiegel und sah einen Kreis von Gesichtern, die ihm nachstarrten, mit
dem Alten in der Mitte. Niemand winkte. -
Er fuhr ohne Hast, wog seine
Chancen ab, während das Auto schepperte wie ein alter Feuerwehrwagen. Er
vermutete, daß sie mit dem Wagen noch irgendetwas angestellt hatten, was ihm
entgangen war. Er hatte Deutschland schon öfter verlassen. Er war heimlich aus-
und eingereist. Er hatte gejagt, während er selbst gejagt wurde, und obgleich
er jetzt alt und in einem anderen Deutschland war, hatte er den Eindruck,
wieder auf freier Wildbahn zu sein. Er wußte nicht, ob irgend jemand vom Campingplatz
an die Polizei telefoniert hatte, doch er nahm es als gegeben an. Das Boot war
offen, und sein Geheimnis lag klar zutage. Alle, die weggeschaut hatten,
würden sich nun als erste auf ihre Bürgerpflicht besinnen. Er hatte das alles
schon erlebt.
Er fuhr in eine Küstenstadt, der
Kofferraum - wenn es wirklich der Kofferraum war - schepperte immer noch
hinter ihm. Vielleicht ist es auch der Auspuff, dachte er: das Schlagloch,
über das ich auf dem Weg zum Lager gefahren bin. Eine für die Jahreszeit
ungewöhnlich heiße Sonne hatte die Morgennebel verdrängt. Nirgends waren Bäume,
nur blendende Helle um ihn. Es war noch früh am Tag, und leere Pferdedroschken
warteten auf die ersten Touristen. Der Sand wies ein Muster aus Kratern auf,
die Sonnenanbeter im Sommer zum Schutz gegen den Wind gegraben hatten. Er
konnte das blecherne Echo hören, das bei seiner Durchfahrt von den buntbemalten
Ladenfassaden widerhallte und von der Sonne noch verstärkt zu werden schien.
Wenn er an Leuten vorbeifuhr, sah er, wie ihre Köpfe sich hoben und ihm, wegen
des Krachs, den er machte, nachstarrten.
>Sie werden den Wagen
erkennen<, dachte er. Selbst wenn sich niemand von den Campern an die Nummer
erinnerte, würde ihn der zertrümmerte Kofferraum verraten. Er bog von der Hauptstraße
ab. Die Sonne war wirklich sehr stark.
>Ein Mann ist gekommen, Herr
Wachtmeisters würden sie zur Funkstreife sagen. >Heute morgen, Herr
Wachtmeister. Er hat gesagt, er sei ein Freund. Er hat im Boot nachgesehen und
ist dann weggefahren. Er hat uns keine Fragen gestellt, Herr Inspektor. Er war
völlig ungerührt. Er hat einen Schuh herausgefischt, Herr Wachtmeister. Stellen
Sie sich vor: einen Schuh!<
Er folgte den Hinweisschildern zum
Bahnhof und hielt dabei nach einem Platz Ausschau, wo er den Wagen den ganzen
Tag abstellen könnte. Der Bahnhof war ein massiver Backsteinbau, wahrscheinlich
von vor dem Krieg. Er fuhr daran vorbei
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