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Carre, John le

Carre, John le

Titel: Carre, John le Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eine Art Held (Smiley Bd 6)
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Blumenkohlohr des Rockers.
    »Mein Onkel
George wird jede nur mögliche Auskunft über besagte Cale sehr zu schätzen
wissen. Klar? Er wird sie reich belohnen. Er interessiert sich besonders für
die Cale jenes entscheidenden Augenblicks, als sie meine kleine Lady ihrem
chinesischen Beschützer zuführte, und danach alles bis zum heutigen Tag. Namen,
Daten, Lebenslauf, was immer Sie auf Eis liegen haben. Hören Sie?«
    »Sagen Sie
Ihrem Onkel George, er wird mir fünf verdammte Jahre im Knast von Stanley
verschaffen.«
    »Wo Sie
sich in bester Gesellschaft befinden würden, was, Junker?« sagte Craw
anzüglich.
    Es war
eine unzarte Anspielung auf jüngste traurige Ereignisse in der Welt des
Rockers. Zwei seiner vorgesetzten Kollegen waren für jeweils mehrere Jahre
dorthin geschickt worden, und weitere warteten trübselig darauf, ihnen
nachzufolgen. »Korruption«, brummte der Rocker angeekelt. »Als nächstes
entdecken sie noch, daß die Erde rund ist. Kotzen mich an, diese Pfadfinder.«
    Craw hatte
das alles schon gehört, aber jetzt hörte er es sich nochmals an, denn er hatte
die goldene Gabe des Zuhörens, die in Sarratt weit höher veranschlagt wird als
Mitteilsamkeit. »Dreißigtausend verdammte Europäer und vier Millionen verdammte
Gelbe, zweierlei verdammte Moral, ein paar der bestorganisierten verdammten
Verbrechersyndikate der Welt. Was erwartet man von mir? Abstellen können wir
das Verbrechen nicht, also, wie halten wir's im Zaum? Wir knöpfen uns die
großen Fische vor und schließen einen Handel mit ihnen, klar tun wir das: Herhören,
Jungens. Kein unkontrolliertes Verbrechen, keine Gebietsverletzungen, alles
sauber und dezent, meine Tochter muß zu jeder Tages- und Nachtzeit auf der
Straße sicher sein. Ich möchte haufenweise Verhaftungen, damit die Richter
zufrieden sind und ich mir meine armselige Pension verdiene, und Gott sei jedem
gnädig, der die Regeln bricht oder die Obrigkeit mißachtete Ja, ja, sie
schwitzen ein paar Kröten aus. Nennen Sie mir einen Menschen auf dieser ganzen
finsteren Insel, der nicht so oder so ein paar Kröten ausschwitzt. Wenn es
Leute gibt, die zahlen, dann gibt
es auch Leute, die kassieren. Klarer
Fall. Und wenn es Leute gibt, die kassieren . . . Außerdem«, sagte der Rocker,
der plötzlich von seinen eigenen Reden genug hatte, »Ihr Onkel George weiß das
längst.«
    Craws
Löwenkopf hob sich langsam, bis sein furchtbares Auge fest auf das abgewandte
Gesicht des Rockers geheftet war.
    »George
weiß was, wenn ich
fragen darf?«
    »Diese
Sally Scheiß-Cale. Wir haben sie für euch doch schon vor Jahren um- und -umgedreht.
Hat geplant, das verdammte Pfund Sterling zu ruinieren oder irgend sowas
Blödes. Dumping der Goldpreise in Zürich, hat man noch Worte. Ein Haufen alter Flickschuster,
wie üblich, wenn Sie mich fragen.«
    Es verging
nochmals eine halbe Stunde, ehe sich der alte Australier müde aufrappelte und
dem Rocker ein langes Leben und zehntausendfaches Glück wünschte.
    »Und
halten Sie Ihren Arsch fleißig gen Sonnenuntergang«, knurrte der Rocker.
    Craw ging
in dieser Nacht nicht nach Hause. Er hatte Freunde, einen Anwalt aus Yale und
dessen Frau, denen eines der zweihundert alten Privathäuser Hongkongs gehörte,
ein älteres unregelmäßig angelegtes Bauwerk am Pollock's Path hoch droben auf
dem Peak, und sie hatten ihm einen Schlüssel gegeben. Ein Konsulatswagen stand
in der Auffahrt, aber Craws Freunde waren bekannt dafür, daß sie sich gern in
Diplomatenkreisen bewegten. Als Craw sein Zimmer betrat, schien er keineswegs
überrascht, dort einen höflichen jungen Amerikaner vorzufinden, der im
Korbsessel saß und einen dickleibigen Roman las: ein blonder adretter Junge mit
einem korrekten Anzug im Diplomatenstil. Craw begrüßte ihn nicht, nahm auch
sonst keinerlei Notiz von der Anwesenheit seines Besuchers, sondern setzte sich
an den Schreibtisch mit Glasplatte und fing an, nach bester Tradition seines
päpstlichen Mentors Smiley, eine Botschaft in Blockschrift zu verfassen, an
Seine Heiligkeit persönlich, Ketzer Hände weg. Danach schrieb er auf ein
zweites Blatt den dazugehörigen Schlüssel. Als er fertig war, übergab er beides
dem Jungen, der die Blätter ehrfürchtig in die Tasche steckte und rasch und
wortlos verschwand. Als er wieder allein war, wartete Craw, bis er die
Limousine wegschnurren hörte, dann erst öffnete und las er die Mitteilung, die
der Junge ihm hinterlassen hatte. Anschließend verbrannte er den Zettel und
spülte die

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