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Carre, John le

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Titel: Carre, John le Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eine Art Held (Smiley Bd 6)
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Asche ins Waschbecken, ehe er sich dankbar auf dem Bett ausstreckte.
Der Tag war hart, aber ich kann sie doch noch überraschen, dachte er. Er war
müde. Mein Gott, war er müde. Er sah die dicht gedrängten Gesichter der Sarratt-Kinder
vor sich. Aber wir kommen weiter, Ehrwürdens. Wir kommen unaufhaltsam weiter.
Wenn auch im Blindenschritt, tapp-tapp im Dunkeln. Zeit, daß ich ein bißchen
Opium rauche, dachte er. Zeit, daß ich ein nettes kleines Mädel zum Aufheitern
hätte. Mein Gott, war er müde.
    Smiley war
vielleicht genauso müde, aber Craws Botschaft, die er eine Stunde später in
Händen hielt, machte ihn bemerkenswert munter: um so mehr, als die Akte über
Miss Cale, Sally, letzte bekannte Adresse Hongkong, Kunstfälscherin, Goldschieberin
und gelegentlich Heroinhändlerin, sich ausnahmsweise lebendig und gesund und
wohlbehalten in den Archiven des Circus fand. Nicht nur das. Der Deckname, den
Sam Collins in seiner Eigenschaft als unterirdischer Resident des Circus in
Vientiane getragen hatte, flammte ihm daraus entgegen, wie das Fanal eines lang
ersehnten Sieges.
     
    Tee und
Sympathie
     
    Seitdem
der Vorhang über dem Unternehmen Delphin gefallen war, hatte Smiley mehr als
einmal den Vorwurf hören müssen, dies wäre für George der Augenblick gewesen,
auf Sam Collins zurückzugreifen und ihm einen harten und direkten Schlag zu
verpassen, genau dorthin, wo es am wehesten tat. George hätte damit das
Verfahren beträchtlich abkürzen können, sagen die Wissenden; er hätte
lebenswichtige Zeit einsparen können. Sie schwatzten einfach Unsinn.
    Erstens
spielte Zeit keine Rolle. Die russische Goldader und die Operation, die damit
finanziert wurde, was immer es sein mochte, waren seit Jahren im Fluß und wären
es vermutlich, hätte es keine Störung gegeben, noch lange geblieben. Die
einzigen, die nach Taten lechzten, waren die Whitehall-Barone, der Circus
selber und, indirekt, Jerry Westerby, der sich noch ein paar Wochen länger fast
zu Tode langweilen mußte, während Smiley pedantisch seinen nächsten Schachzug
vorbereitete. Zudem rückte Weihnachten näher, was alle Welt ungeduldig macht.
Ko und die große Sache, deren Fäden er möglicherweise in der Hand hielt,
zeigten keinerlei Anzeichen irgendeiner Entwicklung. »Ko und sein russisches
Geld standen wie ein Gebirge vor uns«, schrieb Smiley später über das
Unternehmen Delphin in seinem Abschlußbericht. »Wir konnten in den Fall
hineinleuchten, wann immer wir das wünschten, aber wir konnten ihn nicht von
der Stelle bewegen. Es ging nicht darum, daß wir selbst tätig wurden, sondern
wie wir Ko dazu bewegen konnten, dort tätig zu werden, wo wir an ihn
herankonnten.«
    Woraus
klar hervorgeht: lang vor allen anderen, ausgenommen vielleicht Connie Sachs,
hatte Smiley das Mädchen als potentiellen Hebel und somit als die wichtigste
Einzelfigur im ganzen Ensemble erkannt - weit wichtiger zum Beispiel als Jerry
Westerby, der jederzeit zu ersetzen war. Dies war nur einer von vielen
triftigen Gründen, die Smiley bewogen, so nah an sie heranzukommen, wie es die
Wahrung der Sicherheit irgend zuließ.
    Ein
weiterer Grund war, daß die ganze Art der Beziehung zwischen Sam Collins und
dem Mädchen noch immer im ungewissen schwebte. Es ist so einfach, sich heute
hinzustellen und zu sagen »sonnenklar«, aber damals war die Frage alles andere
als erledigt und abgetan. Die Akte Cale lieferte einen Hinweis. Smileys
intuitives Erfühlen von Sams Schrittmuster half, ein paar Lücken auszufüllen;
hastige Rückpeilungen seitens der Registratur lieferten Anhaltspunkte und den
üblichen Stoß analoger Fälle; die Sammlung von Sams Einsatzberichten war
erhellend. Bleibt noch zu erwähnen, daß Smiley, je länger er Sam fernhielt,
desto näher einem objektiven Verständnis der Beziehungen zwischen dem Mädchen
und Ko, zwischen dem Mädchen und Sam kam: daß er eine entsprechend stärkere
Verhandlungsposition hatte, als er und Sam einander wieder gegenübersaßen. Und
wer konnte wirklich wissen, wie Sam unter Druck reagiert hätte? Die
Inquisitoren konnten viele Erfolge verbuchen, gewiß, aber auch Fehlschläge. Sam
war eine sehr harte Nuß. Für Smiley zählte noch eine weitere Überlegung, auch
wenn er zu zurückhaltend ist, um sie in seinem Schreiben zu erwähnen. In jenen
Tagen nach dem Sündenfall gingen eine Menge Gespenster um, und eines davon war
die Angst, es könne irgendwo im Circus Bill Haydons erwählter Nachfolger
vergraben liegen: Bill hätte ihn

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