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Carre, John le

Carre, John le

Titel: Carre, John le Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eine Art Held (Smiley Bd 6)
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die steinerne Wendeltreppe zuschritt,
hob sie beide Hände und legte ihr Haar, das im Nacken zu einem Pferdeschwanz
gerafft war, sorgfältig über den Kragen des Capes. Jerry stieg ebenfalls aus
und folgte ihr bis in die Hotelhalle, wo er gerade noch rechtzeitig zur Seite
treten konnte, um aus dem Schußfeld einer schnatternden Meute von Modefotografen
und Journalisten beiderlei Geschlechts in Abendgarderobe zu gelangen.
    Jerry
verzog sich in die relative Sicherheit des Korridors und setzte sich die einzelnen
Teile der Szene zusammen. Es war eine große Privatparty, die Lizzie hier durch
die Hintertür betreten hatte. Die übrigen Gäste kamen durch den Haupteingang;
wo die Rolls-Royces so dicht gesät waren, daß keiner mehr besonders auffiel.
Eine Frau mit blaugrauem Haar führte die Aufsicht, sie flatterte herum und
redete in gingetränktem Französisch. Das Public-Relations-Mädchen, eine adrette
Chinesin, bildete zusammen mit einigen Assistentinnen das Empfangsspalier. Eine
ganze Riege rückte mit erschreckender Liebenswürdigkeit an und fragte nach den
Namen, und manchmal ließen sie sich auch die Einladungskarten zeigen, ehe sie
in einer Liste nachsahen und »Oh, ja, natürlich« flöteten.
Die blaugraue Dame lächelte und knurrte abwechselnd. Die Riege verteilte Anstecknadeln
an die Herren und Orchideen an die Damen, dann stürzte sie sich auf die
nächsten Ankömmlinge. Lizzie Worthington durchlief mit stoischer Ruhe die
Prüfung. Jerry ließ ihr eine Minute Vorsprung, sah ihr nach, wie sie durch die
Flügeltür schritt, an der ein Schild mit der Aufschrift »Soiree« und einem
Pfeil hing, dann reihte er sich in die Schlange der Wartenden. Seine
Wildlederstiefel machten der Public-Relations-Dame schwer zu schaffen. Sein
Anzug war schon fragwürdig genug, aber was ihr wirklich zu schaffen machte,
waren die Stiefel. Während sie hinunterstarrte, dachte er, in ihrem Ausbildungskursus
hatte sie gelernt, größten Wert auf Schuhwerk zu legen. Millionäre können vom
Kopf bis zu den Socken wie Tramps aussehen, aber ein Paar Zweihundert-Dollar-Schuhe
von Gucci sind eine Legitimation. Stirnrunzelnd studierte sie seinen Presseausweis,
dann ihre Gästeliste, dann nochmals den Presseausweis und wiederum die Stiefel,
warf danach einen langen Blick hinüber zu der blaugrauen Schnapsdrossel, die
immer noch lächelte und knurrte. Schließlich setzte das. Mädchen in eigener
Regie ihr Speziallächeln für ausgefallene Kunden auf und überreichte ihm eine
untertassengroße Scheibe in rosa Leuchtfarbe mit der drei Zentimeter hohen
weißen Aufschrift PRESSE. »Heute machen wir alle unsere Gäste besonders schön, Mr. Westerby«, sagte sie.
    »Hartes
Stück Arbeit bei mir, junge Frau.«
    »Gefällt
Ihnen mein Parfüm, Mr.
Westerby?«
    »Umwerfend«,
sagte Jerry.
    »Es heißt Juice of the Vine, Mr. Westerby, hundert
Hongkong-Dollar die kleine Flasche, aber heute abend verteilt Maison Flaubert
Gratismuster an alle unsere Gäste. Madame Montifiori . . . ja, ja natürlich,
Maison Flaubert heißt Sie willkommen. Gefällt Ihnen mein Parfüm, Madame Montifiori?«
    Eine junge
Eurasierin im Cheongsam trat mit
einem Tablett auf ihn zu und flüsterte: »Flaubert wünscht Ihnen eine exotische
Nacht.«
    »Um
Himmels willen«, sagte Jerry.
    Innerhalb
der Flügeltür wartete ein zweites Empfangsspalier, gebildet aus drei hübschen
Knaben, die man ihrer Reize wegen aus Paris eingeflogen hatte, sowie einem
Aufgebot Gorillas, das einem Präsidenten Ehre gemacht hätte. Sekundenlang
fürchtete er, sie könnten ihn durchsuchen, und er wußte, daß er in diesem Fall
den ganzen Tempel in seinen Untergang mitgerissen hätte. Sie beäugten Jerry
ohne Freundlichkeit, hielten ihn für ein Mitglied des Aushilfspersonals, aber
immerhin war er hellhaarig, und sie ließen ihn passieren.
    »Presse
dritte Reihe hinter dem Laufsteg«, näselte ein blonder Hermaphrodit im ledernen
Cowboyanzug und überreichte ihm die Presseinformation. »Haben Sie keine Kamera,
Monsieur?«
    »Ich mach
nur die Texte«, sagte Jerry und wies mit dem Daumen über die Schulter. »Spike
dort hinten macht die Bilder«, und er marschierte in den Empfangssaal, sah sich
unbefangen um, grinste übertrieben und winkte jedem zu, der in sein Blickfeld
geriet. Die Pyramide aus Champagnergläsern war sechs Fuß hoch und stand auf
einem Sockel aus schwarzen, seidenbezogenen Stufen, damit die Kellner
hinaufreichen konnten. In tiefen Eissärgen ruhten Magnumflaschen und warteten
auf das

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