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Carre, John le

Carre, John le

Titel: Carre, John le Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eine Art Held (Smiley Bd 6)
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Jerry.
    Plötzlich
steigerten sich seine Alpträume ins Ungemessene. Das Butan, dachte er. Herrgott, das
Butanl Als die Jungen das Boot herrichteten, hatte er gesehen,
wie sie zwei Gasflaschen im Bugraum neben den Wassertanks verstauten,
wahrscheinlich, um Luigis Hummer zu kochen. Wahnsinn, daß ihm das nicht sofort
aufgefallen war. Er überlegte. Butan ist schwerer als Luft. Alle Flaschen
lecken. Fragt sich nur, wie stark. Wenn die Wellen so hart gegen den Bug
donnern wie jetzt, dann lecken sie schneller, und das entwichene Gas dürfte
sich nun in der Bilge ausbreiten ungefähr zwei Fuß vom Zündfunken des Motors
entfernt, und die Oxygenbeimischung erhöht die Entzündbarkeit. Lizzie war aus
seinem Arm geschlüpft und stand im Heck. Das Meer wimmelte plötzlich von
Booten. Aus dem Nichts hatte sich eine Flotte von Fischerdschunken formiert,
und Lizzie beobachtete sie aufmerksam. Jerry packte sie am Arm und zog sie
wieder unter das schützende Kabinendeck.
    »Was
glaubst du, wo du bist?« schrie er. »Bei der Regatta in Cowes, wie?«
    Eine Weile
musterte sie ihn schweigend, dann küßte sie ihn sanft, küßte ihn ein
zweitesmal.
    »Ruhig«,
sagte sie, »nur ruhig.« Sie küßte ihn ein drittesmal, murmelte: »Ja«, als sei
die erwartete Wirkung eingetreten, dann saß sie eine Zeitlang still da und
blickte aufs Deck, hielt aber seine Hand fest.
    Jerry
schätzte, daß sie fünf Knoten vor dem Wind machten. Über ihnen surrte ein
kleines Flugzeug. Er schob Lizzie hinter sich und blickte hastig zum Himmel,
aber es war schon zu spät, er konnte die Beschriftung nicht mehr lesen. »Zuviel
der Ehre«, dachte er.
    Sie
umrundeten die letzte Landspitze, das Boot schleuderte und ächzte im
Gischtregen. Einmal hob sich die Schraube aufbrüllend aus dem Wasser. Als sie
wieder aufprallten, stockte der Motor, würgte, entschloß sich aber dann doch,
am Leben zu bleiben. Jerry berührte Lizzies Schulter und wies nach vorn, wo die
kahle steile Insel Po Toi sich wie ein Scherenschnitt vor dem wolkengepeitschten
Himmel abhob: zwei Gipfel, senkrecht aus dem Meer aufragend, der größere im
Süden, und dazwischen ein Sattel. Die See war jetzt stahlblau, der Wind raste
darüber hin, riß ihnen den Atem vom Mund und schleuderte ihnen Gischt wie Hagel
ins Gesicht. Backbord lag Beaufort Island: ein Leuchtturm, eine Mole, keine
Bewohner. Der Wind legte sich so jäh, als hätte es ihn nie gegeben. Nicht eine
Brise grüßte sie, als sie in das spiegelglatte Wasser an der Leeseite der Insel
gelangten. Die Sonne knallte unerbittlich herab.
    Etwa eine
Meile vor ihnen lag die Einfahrt zur Hauptbucht von Po Toi, und dahinter
lagerten die flachen braunen Schemen der chinesischen Inseln. Bald konnten sie
eine ganze, bunt zusammengewürfelte Flotte von Dschunken und Vergnügungsbooten
erkennen, mit denen die Bucht vollgestopft war, und zugleich wehten die ersten
Klänge von Trommeln und Zimbeln und wirrem Gesang über das Wasser zu ihnen. Auf
dem Hügel hinter der Bucht lag das elende Dorf mit seinen flimmernden Blechdächern,
und auf einem gesonderten kleinen Felsvorsprung thronte ein einzelnes massives
Bauwerk, der Tin-Hau-Tempel. Ringsum ein Bambusgerüst, das als improvisierte
Tribüne diente, eine gewaltige Menschenmenge, über der eine Rauchwolke hing,
dazwischen sah man goldenes Funkeln. »Auf welcher Seite war es?« fragte er sie.
»Ich weiß nicht. Wir sind zu einem Haus hinaufgeklettert und von dort aus
weitergegangen.«
    Sooft er
mit ihr sprach, sah er sie an, aber jetzt wich sie seinem Blick aus. Er tippte
dem Rudergänger auf die Schulter und wies in die Richtung, die er einschlagen
sollte. Der Junge begann sofort zu protestieren. Jerry balancierte breitbeinig
zu ihm hin und zeigte ihm ein Bündel Geldscheine, so ziemlich alles, was er
hatte. Unwirsch riß der Junge das Steuer herum und manövrierte das Boot
zwischen den übrigen Fahrzeugen hindurch an der Hafeneinfahrt vorbei zu einem
kleinen Granitvorsprung, wo ein halbverfallener Anlegesteg zum Risiko einer
Landung einlud. Hier war der. Festlärm viel lauter. Es roch nach Holzkohle und
Spanferkel, und sie hörten gewaltige Lachsalven, aber im Augenblick sahen sie
weder die Menge, noch konnte die Menge sie sehen. »Hier!« schrie Jerry. »Hier
anlegen. Jetzt! Jetzt!« Der Anlegesteg kippte wie betrunken zur Seite, als
Jerry und Lizzie ihn betraten. Sie waren noch nicht an Land, als das Boot auch
schon gewendet und Kurs auf seinen Heimathafen genommen hatte. Niemand grüßte
zum

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