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Carre, John le -Ein Mord erster Klasse (Smiley Bd 2)

Carre, John le -Ein Mord erster Klasse (Smiley Bd 2)

Titel: Carre, John le -Ein Mord erster Klasse (Smiley Bd 2) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
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wieder regungslos,
versteckten sich im üppigen Efeu oder verschmolzen mit den schwarzen Fenstern.
    Erschrocken
empfand er die erste unfreiwillige Regung von Panik. Er hatte Angst; und dann
schlossen sich alle seine Sinne zu einem vereinten Schreckensschrei zusammen:
Anblick und Geräusch und Berührung ließen sich in der wilden Erregung seines
Hirns nicht mehr unterscheiden. Er drehte sich um und rannte zum Tor zurück.
Dabei sah er über seine Schulter zum Haus.
    Eine Frau
stand auf dem Pfad, sah ihn an, und hinter ihr bewegte sich die Wintergartentür
langsam in den Angeln.
     
    Eine
Sekunde stand sie ganz still, drehte sich dann um und lief zum Wintergarten
zurück. Smiley vergaß seine Furcht und folgte ihr. Als er die Hausecke
erreichte, sah er zu seinem Erstaunen, daß sie an der Tür stand und sie sachte
hin und her bewegte, auf eine nachdenkliche, spielerische Art, wie ein Kind.
Sie hatte Smiley den Rücken zugewandt, drehte sich aber plötzlich zu ihm und sprach
mit dem sanften Tonfall von Dorset und dem kindlichen Lispeln einer Einfältigen:
    »Ich
dacht', Sie wär'n der Teufel, Mister, aber Sie ha'm ja keine Flügel.«
    Smiley
zögerte. Wenn er sich weiterbewegte, konnte sie wieder Angst bekommen und
weglaufen. Er blickte sie über den Schnee hinweg an und versuchte, sie klar zu
sehen. Sie schien eine Kapuze oder einen Schal über dem Kopf zu tragen und
einen dunklen Umhang um die Schultern. In der Hand hielt sie ein
Blätterbüschel, und dieses schwenkte sie sachte hin und her, als sie mit ihm
sprach: »Aber Sie können nix tun, Mister, weil ich die Stechpalmen hab', um Sie
festzuhalten. Blei'm Sie also schön da, denn die kleine Jane kann Sie halten.«
Sie schüttelte die Blätter heftig gegen ihn und begann leise zu lachen. Sie
hatte noch immer eine Hand an der Tür, und beim Sprechen baumelte ihr Kopf nach
einer Seite.
    »Sie
blei'm von der kleinen Jane weg, Mister, so hübsch sie auch is.«
    »Ja,
Jane«, sagte Smiley sanft. »Sie sind ein sehr hübsches Mädchen, das kann ich
sehen, und das ist ein hübscher Umhang, den Sie da tragen, Jane.«
    Von diesen
Worten offenbar entzückt, faßte sie die Aufschläge ihres Capes und drehte sich
langsam, in der kindlichen Parodie einer feinen Dame.
    Als sie
sich drehte, sah Smiley zwei leere Mantelärmel an ihrer Seite schwingen.
    »Manche
gibt's, die lachen über Janie«, sagte sie mit einem Ton von Gereiztheit in der
Stimme, »aber 's gibt nicht viele, die den Teufel fliegen gesehn ha'm. Aber
Janie hat'n gesehn, Janie hat'n gesehn. Silberflügel wie Fische hat er gehabt,
Janie sah's.«
    »Wo hast
du den Mantel gefunden, Janie?«
    Sie legte
die Hände zusammen und bewegte langsam den Kopf hin und her.
    »Der is'n
Böser. Uh, der is'n Böser, Mister«, und sie lachte leise. »Ich hab' ihn fliegen
gesehn, aufm Wind reiten«, sie lachte wieder, »und der Mond hinter ihm
beleuchtete den Weg! Sind so verwandt wie Schwestern, der Mond und der
Teufel.«
    In einer
plötzlichen Eingebung riß Smiley eine Handvoll Efeu von der Hausseite, hielt
ihn ihr hin und bewegte sich dabei langsam vorwärts.
    »Mögen Sie
Blumen, Janie? Hier sind Blumen für Janie; hübsche Blumen für die hübsche
Janie.« Er hatte sie fast erreicht, als sie mit bemerkenswerter Schnelligkeit
über den Rasen rannte, unter den Bäumen verschwand und die Allee hinunterlief.
Smiley ließ sie entwischen. Er war in Schweiß gebadet.
    Sowie er
das Hotel erreichte, telefonierte er mit Kriminalinspektor Rigby.
     
    KÖNIG ARTHURS KIRCHE
     
    Der
Kaffee-Salon des Sawley Arms hat die größte Ähnlichkeit mit dem Pavillon für
Tropenpflanzen im Botanischen Garten von Kew. In einem Zeitalter erbaut, da
Kaktus die Modepflanze und Bambus sein unentbehrlicher Gefährte war, hatte man
den Salon als das architektonische Abbild einer Dschungellichtung entworfen.
    Stahlsäulen,
in Segmente aufgeteilt wie der Stamm einer Palme, trugen ein hohes Glasdach,
dessen königliche Kuppel den afrikanischen Himmel ersetzte. Riesige Bronzeurnen
und grünglasiertes Steingut enthielten alles, was in der Kaktuswelt elegant
und üppig war, und dazwischen konnten sich uralte Hotelgäste auf Sofas aus
dünnem Bambusrohr entspannen, warmen Kaffee schlürfen und die Beschwerden einer
Safari wiedererleben.
    Smileys
Bemühungen, um halb elf Uhr nachts eine Flasche Whisky und einen Soda-Siphon zu
bekommen, wurden nicht sogleich belohnt. Es schien, daß die Journalisten wie
Aasgeier von einem Kadaver verschwunden waren. Das einzige

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