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Cash

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Titel: Cash Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Price
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Mittagessens saß Harry Steeles Kulturalienhändler allein vor seinen gebackenen Eiern, Kopf zur Seite geneigt, wann immer er die Gabel vom Teller zum Munde führte, bevor er auf halbem Wege zuschnappte.
    »Kann ich Sie kurz sprechen?«
    Der Händler sah sich eine ganze Weile im Raum um und schnappte dann wieder nach seinen Eiern. »Was.«
    Eric stand an dem kleinen Tisch, auf die Lehne des freien Stuhls gestützt. »Ich würde gern ein bisschen was besorgen, ein bisschen was aufziehen.«
    »Ein bisschen was aufziehen. Was denn ein bisschen aufziehen?« Ein weiteres Seitenschnappen nach der Gabel.
    Seufzend trommelte Eric mit den Fingern auf die Holzlehne.
    »Reden Sie jetzt mit mir oder nicht?« Der Typ hatte ihn noch nicht einmal angesehen.
    Ein weiterer beklommener Seufzer. »Was meinen Sie?«
    »Was ich meine? Ich meine, ich kann keine Gedanken lesen, also warum reden Sie nicht einfach?«
    Eric sah weg und schnippte sich an den Nasenflügel.
    »Was?«
    »Ach, Himmel noch mal, was meinen Sie?«
    Der Kulturalienhändler hielt einen kurzen Moment inne und aß dann weiter. »Wie heiße ich.«
    Eric wusste es, aber es fiel ihm nicht ein.
    »Genau. In den sechs Monaten, die ich hier regelmäßig herkomme, hatten Sie noch kein einziges freundliches Wort für mich übrig, und trotzdem finden Sie nichts dabei, hier so schnurstracks auf mich zuzusteuern. Wie kommt's.«
    Eric suchte im Saal nach einer vernünftig klingenden Antwort.
    »Weil ich einfach so eine, eine ... frettchenmäßige Ausstrahlung habe?« Zum ersten Mal sah er ihn an.
    »Es tut mir leid.« Eric sank, er sank, täglich, beständig.
    »Ich komme hierher, weil der Besitzer, Ihr Chef, zufällig ein guter Freund von mir ist. Ich komme allein hierher, um in Ruhe zu essen, und ausgerechnet sein verdammter Geschäftsführer ...«
    »Es tut mir leid, ich stehe momentan ein bisschen unter Druck.«
    »Ich hab Zeitung gelesen.«
    »Ich weiß, ich weiß, ich habe keine ...« Eric wollte dringend zum Pult zurück, stellte sich vor, dass sein Klammergriff die Stuhllehne zum Zersplittern brachte. »Wäre mir lieb, wenn Sie Harry nichts von unserem Gespräch sagen.«
    »Das kann ich mir vorstellen.« Er warf angewidert seine Gabel auf den Teller. »Diese Eier sind das reinste Eis.«
     
    Als alle gegangen waren, riss Tristan das Plakat von der Wand neben den Briefkästen und ging, mit dem Hamster im Schlepptau und der 22er fest im Kreuz, zu Irma Nieves' Haus, um ...
    Ihr das Plakat zu zeigen und sie zu fragen, ob sie den Typen kannte? Sie zu fragen, ob er ihm ähnlich sah? Ihr zu sagen, dass er wusste, wer ... dass er ... Nein. Erst mal sagen, ach, hab gehört, hier seid ihr alle. Hm. Dann, ach ... schon gesehen? Oder ...
    Als der Fahrstuhl kam, stand der fette Donald drin, den alle Gameboy nannten, mit Augen wie zwei Erbsen in der Höhle. Und wie immer, wenn Tristan ihn sah, trug er seine Spielebox bei sich, heute Tectonic II und NFL Smashmouth. Sie kannten sich vom Sehen, liefen sich fast täglich entweder in der Schule oder irgendwo in den Lemlichs über den Weg, sprachen aber eigentlich nie miteinander.
    »Spielst du die?«, fragte Tristan, als die Kabine ruckelnd aufwärts fuhr.
    »Ja«. Gameboy beäugte das Plakat. »Ist das der Typ?« Als Experiment entrollte Tristan es und sah ihm prüfend in die winzigen Augen.
    »Die Polizei hat mich krass gemangelt deswegen.« Gameboys Stimme war hoch und keuchend. »Hab aber keinen Mucks gesagt.«
    «Weißt du denn, wer das ist?«
    Gameboy sah bedeutungsvoll auf den Hamster, dann an die Decke der Fahrstuhlkabine. »Kleine Bilder haben große Ohren, verstehst du?«
    Tristan verstand nicht.
    Als der Dicke auf seinem Stockwerk ausstieg, sagte er: »Penner ist nicht mal aus dieser Gegend.«
    Keiner machte auf, als er bei Irma Nieves klingelte, wobei er hätte schwören können, dass er, als er wieder auf den Fahrstuhl wartete, hinter der Haustür Gelächter hörte.
     
    Als Eric um acht Uhr abends seine Drogenbeschaffungsoptionen abwog und keinen Schritt weiterkam, hörte er den Schlüssel in der Tür, ein Geräusch, das er neun Monate oder wie lange auch immer nicht mehr gehört hatte.
    »Oh, tut mir leid.« Alessandra fuhr zusammen. »Ich dachte, du bist bei der Arbeit.«
    »Na ja, du bist hier zu Hause.« Eric zuckte die Schultern.
    Sie ließ sich neben ihn auf die Futoncouch fallen.
    »Alles in Ordnung?«
    »Carlos' Tante hat mich auf dem Kieker.«
    »Ach ja?«
    »Katholisch.«
    »Verstehe.« Eric starrte auf den Fernseher,

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