Cash
Schulterzucken. »Haben Sie irgendwelche Anhaltspunkte?«
»Eine Festnahme«, sagte Matty zögernd. »Erzählen Sie mir etwas über Eric Cash.«
»Eric?« Steele lächelte mit einer Mischung aus Zuneigung und etwas Geringerem. »Eric?«
Matty nahm einen Schluck Kaffee. »Das kann nicht Ihr Ernst sein«, sagte Steele. »Warum sollte er so was tun?«
»Ist er schon lange bei Ihnen?«
»Von klein auf.«
Matty wartete auf die Fortsetzung.
»Sie müssen den Verstand verloren haben.«
»Das ist doch mal eine Schlagzeile. Erzählen Sie mir von ihm.«
»Eric?«
Matty wartete.
»Was er kann, kann er gut.« Steele legte die Hände um die Stempelkanne, runzelte die Stirn und verlangte nach einem frischen Kaffee. »Kann hervorragend lesen.«
»Lesen ...«
»Sie wissen schon: Gesichter, unglückliche Tische, verkokste Kellner, wer draußen vorbeigeht« - Steele reckte das Kinn in Richtung Rivington - »welcher Nachbar bei der nächsten Anhörung vor dem Schankausschuss eine neue Offensive gegen uns startet. Große Begabung, großes Gespür, hellwach. Da muss ein Irrtum vorliegen.«
»Was noch?«
»Loyal? Ich weiß nicht recht, wonach Sie suchen.«
«Hatte er irgendwas mit Marcus? Irgendwelche Konflikte?«
«Keine Ahnung, möchte ich aber bezweifeln.«
«Er sagt, sie waren gestern Nacht gegen halb drei zusammen hier.«
«Ich bin nie nach neun hier. Sehen Sie die Bänder durch, wenn Sie wollen.«
»Was wissen Sie über den Vorfall mit der Jungfrau Maria gestern?«
«Was für ein Vorfall?« Steele blinzelte. Matty sah ihn an, hakte aber nicht nach. »Das ist also, was, Unsinn in Ihren Augen?«
»Eric Cash ...« Steele schüttelte den Kopf, als wollte er ihn von etwas befreien, dann beugte er sich vor. »Apropos Schankausschuss, was halten Sie denn davon, wenn Sie nächsten Monat mal dort hochgehen und ein paar nette Worte über uns verlieren?«
»Was denn so?«
»Ach, was für gute Nachbarn wir sind, wie wir euch beim Lam-Mord unterstützt haben.«
»Ich frage mal meinen Boss, aber er dürfte kein Problem damit haben.«
Vor zwei Monaten war mitten in der Nacht drei Blocks vom Berkmann entfernt ein älterer Chinese bei einem Raubüberfall in der Rivington Street erschossen worden, keine Zeugen. Die Polizei hatte stundenlang die Überwachungsbänder des Cafes gesichtet, vom Innenraum wie von der Straße, und darauf den Täter erkannt, der einige Minuten nach der Tat stramm am Cafe vorbeimarschiert war. Des Weiteren sahen sie, wie einer der Köche über der Spüle einen Abräumer bearbeitete, und zwei Kellner, die sich in der Umkleide eine Flasche Johnnie Walker Blue Label für 250 Dollar genehmigten. Dieses Band verließ das Restaurant nicht, wobei man sich erzählte, Steele habe es bei einer Mitarbeiterbesprechung allen Angestellten, von den Abräumern bis zu den Oberkellnern, vorgeführt, bevor er die Stars des Filmchens feuerte.
»Wird sich machen lassen, sagen Sie einfach ein, zwei Tage vorher Bescheid.« Matty wollte sich erheben.
»Haben Sie gehört, was bei der letzten Sitzung passiert ist?« Steele machte keine Anstalten, aufzustehen. »Die wollten den Ausschuss davon überzeugen, uns die Konzession wieder zu entziehen, weil wir fünfzehn Meter von einer Schule entfernt Alkohol ausschenken.« Er sah zum Schulgebäude aus dem neunzehnten Jahrhundert hinüber, das auf der gegenüberliegenden Straßenseite die Junior-Highschool beherbergte. »Sehen Sie die Kinder, die auf diese Schule gehen? Ich meine, Gütiger, wir brauchen Schutz vor denen. Ich meine, womit haben Sie es schließlich hier draußen zu tun, nicht wahr?«
»Ist angekommen«, sagte Matty sachlich.
»Und Sie wissen bestimmt, wer sich auf diesen Sitzungen immer beschwert, oder?«
»Wer?« Matty lehnte sich wieder zurück, dachte, Die alte Leier, und dachte, Fünf Minuten.
»Die Weißen. Die, die >Pioniere<... Die Latinos? Die Chinesen? Die seit der Einwanderungswelle hier leben? Könnten nicht freundlicher sein. Freuen sich über ihre Jobs. Die Sache ist, diese Nörgler - die haben doch überhaupt damit angefangen. Wir sind ihnen doch nur gefolgt. Immer dieselbe Geschichte. Kommen hier runter, kaufen der Stadt für lau eine Klitsche ab, machen ein bisschen dran rum, basteln sich ein schönes großes Einzimmerapartment, vermieten den Rest, möglichst an alle Farben, dass sie sich gut fühlen und politisch korrekt. Aber diese Lofts jetzt, diese Häuser - zweitausendfünfhundert Quadratmeter, vierter Stock ohne Aufzug, Orchard und Broome:
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