Cash
die Narbe gewesen wäre, hätten sie etwas anderes gefunden, es brauchte nicht viel und war allen zur Gewohnheit geworden - was tut Tristan heute oder eben nicht, was sagt er oder eben gerade nicht, man verließ sich auf seinen Unterhaltungswert, wie Sozialhilfeempfänger sich auf den Postboten verlassen. Nur war die Alternative zu Hause: Hamstersitten.
»Oh, Nigger.« Fredro hatte Tränen in den Augen, wich in gespieltem Entsetzen zurück. »Lass ihn wieder wachsen, bitte.«
»Oh!« Das Bett bebte vor Gekicher.
»Schnall dir ein Kopftuch um, weiß der Geier.« Jetzt Devon.
»Nigger kommt jetzt in keine Dose mehr rein.«
»Massig Dosen.« Tristan konnte es sich nicht verkeifen, obwohl er wusste, dass das Dümmste war, überhaupt darauf zu reagieren.
»Massig Dosen ...« Irma schnorchelte Rauch aus und löste damit eine weitere Runde Geheul aus.
Er mochte Irma, fand es schön, wie ihre Zähne vorstanden und wie sie die eingerollten Hände mit Handflächen nach oben in den Schoß legte, wenn sie gerade nichts tat.
»Wichser muss sich ein Schweinekotelett um den Hals hängen, damit der Hund mit ihm spielt.« Wieder Devon. Tristan sah, wie die Augen des weißen Jungen hoch gingen, hoch, während er fiel, runter, runter, und tat dann so, als wäre es Devon gewesen in jener Nacht, Fredro, alle anderen; außer Irma.
»Kriegen die Kleinen nicht Schiss vor dir?« Fredro stand vom Bett auf, um einen von Tristans Hamstern nachzumachen, hob die Arme und sah nach oben. »Onkel Tristan, hochheben, Arsch wischen - boah, Scheiße!« Als würde das Kind zum ersten Mal die Narbe sehen, da heulten wieder alle, der rappelvolle Raum rauchdicht.
Allein Little Dap hielt sich zurück, sah ihn jedoch finster an, hasste ihn für diese Last.
»Yo, tut mir leid, Mann«, sagte Fredro zwischen Heulern, Tränen rannen ihm übers Gesicht. »Ich kann einfach nicht ...« Wieder Geheul.
»Oh, Mann, ich bin dann mal weg.« Und binnen einer Minute waren fast alle runter vom ungemachten Bett und gingen nacheinander schnaufend und johlend durch die stickige, dreckige Wohnung.
Nur Irma und er blieben zurück, Tristan am Kopfende des großen Bettes, elektrisiert, Irma am Fußende, weiter am Blunt paffend, bis sie schließlich aufsah und merkte, dass sie beide allein waren. »Vergessen, wo die Tür ist?«
Jedenfalls bestand sein Ex-Stiefvater auf einer sauberen Wohnung.
Sie dachte, die Meerjungfrau wäre am einfachsten. Sie konnte ganz gut abmalen, selbst aus dem Gedächtnis, und zuerst, als sie lediglich zeichnen wollte, wurde es ganz gut, nur als die Kugelschreiberspitze etwas stärker drückte als beabsichtigt, als sie die Haut durchstach, als es anfing, höllisch weh zu tun, aber nicht so schlimm, dass sie aufhören wollte, wurde die Hand immer unsicherer. Und als ihre Mutter eine Stunde später ohne anzuklopfen reinkam, einen Blick auf all die blutigen Handtücher zu ihren Füßen warf und wie eine Irre zu schreien anfing, wusste Nina, dass Ikes Panther und Teufelskopf noch einen Tag warten mussten.
»Wo wohnt er?«, fragte Fenton Ma. »East Broadway vierundzwanzig.«
«Fuk?«
»Keine Ahnung«, sagte Matty.
»Ich spreche kein Fuk. Hoffen wir mal, dass er Mandarin spricht.«
«Bist du Mandarin?«
»Mandarin ist eine Sprache. Ich bin Kantonese. Aus Flushing. Aber East Broadway ist fukinesisch. Underdogs wohnen ganz unten.«
Es war ein heißer Abend, unter dem eisernen Schatten der Überführungsschlaufen der Manhattan Bridge roch der East Broadway nach dem eisgekühlten Fisch, der die Gehwege säumte, und Fenton Ma wurde mit jeder Horde schnatternden Frauen, an der sie vorbeigingen, angespannter.
»Die sprechen alle diese Hinterwäldlerbrühe, ich sag euch, Mann, da versteht man kein Wort.«
Erneut stiegen sie direkt von der Straße in die Wohnung im obersten Stock, ohne von einer einzigen verschlossenen Tür aufgehalten zu werden. Auf dem Weg in die Gemeinschaftsküche am Ende der Wohnung spähten sie in die provisorischen Schlafzimmer und -zellen, sahen die Männer, deren Zigaretten im Dunkeln wie Glühwürmchen zuckten, in den Kojen und auf den Planken liegen. In der leeren Küche war der Esstisch blitzeblank, die Karaokemaschine ausgeschaltet und das Karpfenaquarium leer.
»Hallo, Polizei«, sagte Matty zu niemandem.
Der junge Kompakte, der ihnen am Abend zuvor in den Hausflur gefolgt war, kam aus der Toilette.
»Ich glaube, an den hier muss man sich halten«, sagte Matty zu Fenton, bevor er zur Seite trat, um
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