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Casteel-Saga 01 - Dunkle Wasser

Casteel-Saga 01 - Dunkle Wasser

Titel: Casteel-Saga 01 - Dunkle Wasser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: V.C. Andrews
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Leider erzählst Du nicht allzuviel von Dir, sagt Logan. Bitte schreibe mir, und erzähle alles, was passiert ist, seitdem wir uns das letzte Mal gesehen haben. Du fehlst mir schrecklich. Ich träume auch oft von dir. Unsere Berge und die Wälder und alles, was wir zusammen erlebt haben, vermisse ich sehr. Aber ich sehne mich nicht nach dem Hunger, der Kälte und dem Elend. Ich habe viel warme Kleidung, zu viel zu essen und tonnenweise Milch (stell dir vor) – und ganz viel Käse.
    Ich würde Dir einen Brief von zweitausend Seiten schreiben, wenn ich nicht noch so viel zu tun hätte bis zum Abend. Aber mach Dir keine Sorgen, bitte nicht. Mir geht es gut, und wir werden uns bald wiedersehen.
    Ich liebe Dich.
    Dein Bruder Tom
     
    Noch lange nachdem ich den Brief zu Ende gelesen hatte, dachte ich über Tom nach. Dann legte ich seinen Brief zu denen von Logan. Hatte Kitty mir Toms Briefe vorenthalten? Das war eigentlich kaum möglich, da ich jeden Tag zu Hause war und selbst die Post holte, während sie ja arbeitete. Ich sah mich in meinem vollgestopften Zimmer um und entdeckte, daß Kitty hier gewesen sein mußte und herumgeschnüffelt hatte. Es war eigentlich nicht mein Zimmer, solange Kitty ihre Sachen hier in den Schränken aufbewahrte, und offensichtlich kontrollierte sie auch meine Sachen. Ihre große Töpferscheibe stand in der Ecke, und die Regale, in die meine Bücher gut gepaßt hätten, waren voller Krimskrams. Kitty konnte mit Büchern nichts anfangen. Ich setzte mich an meinen Schreibtisch und begann einen Brief an Tom zu schreiben. All die Lügen, die ich Logan schon geschrieben hatte, daß Kitty eine wunderbare, engelsgleiche Mutter sei, würden wohl auch ihn überzeugen… Aber über Cal mußte ich keine Lügen erzählen, er war wirklich der beste Vater, den man haben konnte.
     
    Er ist wirklich wunderbar, Tom. Jedesmal, wenn ich ihn anschaue, überlege ich mir, warum Vater nicht so gewesen ist. Es ist schön zu wissen, daß ich einen wirklichen Vater habe, den ich lieben kann und der mich liebt. Also hör auf, Dir Sorgen über mich zu machen. Und vergiß nicht, daß Du eines Tages Präsident werden willst – und nicht Vorsitzender einer Genossenschaft für Erzeuger von Milchprodukten.
     
    Nun hatte ich also auch von Tom gehört, und ich wußte, daß Unsere-Jane und Keith glücklich waren, und Logan schrieb mir, daß Fanny sich königlich amüsierte. Eigentlich gab es nichts, über das ich mir Sorgen machen mußte. Überhaupt nichts…

 
    15. KAPITEL
     
    D IE P UPPE
     
     
     
    Gegen sechs Uhr, noch im fahlen Morgenlicht der Stadt, fing mein Tag an; ich kroch aus dem Bett, duschte im unteren Badezimmer, zog mich an und machte das Frühstück. Ich freute mich wieder auf die Schule und meine Freundinnen, die ich in den Ferien vernachlässigt hatte. Ich hatte jetzt auch gutsitzende Kleider, von denen Kitty nichts ahnte. Cal hatte viel zuviel dafür gezahlt, aber ich war furchtbar stolz auf sie. Ich bemerkte, wie mir die Jungen mit mehr Interesse nachblickten, seit meine Figur nicht mehr unter zu weiten Kleidern verborgen blieb. Zum ersten Mal in meinem Leben spürte ich etwas von der weiblichen Macht über die Männer.
    Im Unterricht lauschte ich hingerissen, wie die Lehrer von berühmten Persönlichkeiten der Weltgeschichte erzählten. Ließen die Geschichtslehrer die menschlichen Fehler dieser Leute einfach unter den Tisch fallen, um Schüler wie mich dazu anzuspornen, diesen Vorbildern nachzueifern? Würde ich je etwas Großes leisten? Oder Tom? Warum wurde ich so von dem Wunsch nach Bestätigung getrieben? Miß Deale hatte historische Personen als fehlbare Menschen dargestellt und damit Tom und mir Hoffnung gegeben.
    Ich schloß neue Freundschaften, aber auch diese Freunde konnten ebensowenig wie die alten verstehen, warum ich sie nicht zu mir einladen durfte. »Wie ist denn deine Mutter? Junge, die sieht ja vielleicht toll aus. Und dein Vater erst… Mann! Das ist ein Typ!«
    »Ist er nicht wunderbar?« sagte ich stolz. Warum sahen sie mich so komisch an? Die Lehrer behandelten mich immer mit besonderer Rücksicht, geradeso, als hätte Kitty ihnen erzählt, daß ich ein geistig unterbelichtetes Hillbilly-Mädchen sei. Ich lernte wie besessen, um das Gegenteil zu beweisen, und bald gelang es mir, die Achtung meiner Lehrer zu erringen. Ich konnte besonders gut Schreibmaschine schreiben. Ich verbrachte Stunden damit, Briefe zu schreiben – wenn Kitty nicht zu Hause war. Wenn sie jedoch da war,

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