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Casteel-Saga 02 - Schwarzer Engel

Casteel-Saga 02 - Schwarzer Engel

Titel: Casteel-Saga 02 - Schwarzer Engel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: V.C. Andrews
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direkt ins Gesicht. Mit einem langen Pfiff atmete er aus. »Irre! Du schaust wie eins von den unwirklichen Mädchen auf Illustriertentiteln aus.«
    »Ich sagte dir doch, ich würde kommen. Wieso wirkst du so erstaunt, daß ich da bin?«
    »Wahrscheinlich hielt ich es für zu schön, um wahr zu sein«, war seine ziemlich seltsame Antwort, »und vermutlich wollte ich andererseits nicht, daß du kommst, um zu verderben, was Pa so mühsam aufzubauen versucht. Er ist eben nur ein Mann ohne Schule, Bildung, Heavenly, der sein Bestes versucht, um seine Familie zu erhalten. Ich weiß ja, daß das, was er tut, für jemanden wie du jetzt bist, nicht viel ist, aber es war schon immer Pas großes Ziel, beim Zirkusleben mitzumachen.«
    Ich wollte nicht über Pa sprechen. Ich konnte nicht glauben, daß Tom Pas Partei ergriffen hatte. Nun, es sah ganz so aus, als ob sich Tom mehr um Pa sorgte, als um mich. Aber ich wollte Tom nicht gehen lassen, wollte nicht, daß er mir entfremdet wurde.
    »Du siehst… siehst, nun ja, größer, kräftiger aus«, antwortete ich und vermied es, zu sagen, er sähe Pa noch mehr ähnlich. Denn er wußte ja, wie ich Pas hübsches Gesicht haßte. Alles Magere war aus Toms Körper verschwunden, wie auch die tiefen, dunklen Schatten unter seinen Augen. Er wirkte gut ernährt, glücklich und zufrieden. Das konnte ich ohne Frage feststellen.
    »Tom, ich komme gerade von einem Besuch bei Pas neuer Frau und seinem Kind. Sie nannte mir den Weg zu diesem Ort. Warum hast du mir denn nichts gesagt?« Wieder warf ich einen Blick auf das Gelände, wo sich Zelte mit feststehenden Gebäuden mischten. »Was treibt denn Pa hier eigentlich?«
    Er strahlte übers ganze Gesicht, seine Augen glänzten stolz: »Er ist der Animateur, Heavenly. Und ein ganz großartiger! Er macht seinen Job ganz toll, wenn er die Vorstellung so ankündigt, daß die Zuschauer angelockt werden. Du siehst, wie’s hier tagsüber öde aussieht. Aber bleib einmal bis heut’ abend. Dann tauchen aus fünfhundert Meilen im Umkreis Zuschauer auf und rücken ihr Geld raus, um die Tiere zu sehen, die Show-Girls und die Clowns mit ihren komischen Nummern. Und wir haben sogar Maschinen«, erklärte er stolz, wobei er auf ein Riesenrad deutete, das ich bis dahin nicht bemerkt hatte.
    »Wir hoffen, dieses Jahr sogar noch ein Karussell dazustellen zu können. Du weißt schon, eins von der Sorte, worauf wir als Kinder immer fahren wollten.«
    »Heavenly«, brach es plötzlich aus ihm heraus, während er mich am Arm nahm und in eine andere Richtung zog. »Der Zirkus ist jetzt Pas Welt. So wenig wie ich hattest du eine Ahnung, daß der Zirkus für ihn schon als Knabe immer sein Traum war. Tausende Male ist er von den Bergen fortgerannt, um sich in den Zirkus zu schleichen. Ich schätze, es war seine Art, der häßlichen Umgebung und der Armut in dieser Berghütte zu entfliehen, wo er aufwuchs. Erinnere dich, wie sehr er die Kohleminen haßte, und deshalb fing er mit der Schwarzbrennerei an. Außerdem ist er vor dem Spott geflüchtet, den jeder für die Casteels übrig hatte, die offensichtlich nichts Besseres konnten, als im Gefängnis zu enden, ertappt bei geringfügigen Vergehen. Wenn die Söhne der Casteels wenigstens dafür Bewunderung geerntet hätten, für ein größeres und schlimmeres Verbrechen eingesperrt zu werden, so was wie Mord.«
    »Aber Tom, das ist doch nicht dein Traum! Es ist seiner! Du kannst doch nicht deine College-Ausbildung sausen lassen, nur um ihm aus der Klemme zu helfen!«
    »Schließlich möchte er den Besitzer auszahlen, Heavenly, und dann wird dieser Zirkus ihm gehören. Als ich herausfand, was Pa plante, war ich mindestens so verdutzt, wie du jetzt. Ich wollte es dir erzählen, ehrlich, und trotzdem zögerte ich dabei, denn ich war mir ziemlich sicher, du würdest nur Spott für seine Unternehmungen übrig haben. Ich begreife ihn mehr als früher, und ich möchte, daß er einmal in seinem Leben Erfolg hat. Ich hasse ihn nicht, so wie du. Ich kann auch gar nicht so hassen, wie du’s tust. Er ist auf der Suche nach seiner Selbstachtung, Heavenly, und wenn auch das, was er jetzt tut, in deinen Augen nur Schrott ist und nichts bedeutet, dann ist’s doch die größte Sache, die er in seinem Leben versucht hat. Wenn du ihn siehst, gib ihm nicht das Gefühl, ein Niemand zu sein.«
    Wieder blickte ich mich um. Einige Frauen hatten sich vor kurzem in ihren winzigen Duschkabinen in den Wohnwagen geduscht und standen jetzt, in

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