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Casteel-Saga 02 - Schwarzer Engel

Casteel-Saga 02 - Schwarzer Engel

Titel: Casteel-Saga 02 - Schwarzer Engel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: V.C. Andrews
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Windenbarron wird, so lang’s geht, bleiben, um uns aus dem Gröbsten herauszuhelfen. Er war für Pa immer ein echter Freund, und für mich auch.«
    Toms Begeisterung machte mich fast krank. Erst jetzt begriff ich, daß sein Leben weitergegangen war, genau wie meines, und er neue Freunde und Ideale gefunden hatte.
    »Komm am Abend zurück«, lud mich Tom ein, als ob er mich schleunigst aus Pas Reichweite bringen wollte, »hör dir Pas Auftritt an und schau dir den Zirkus an. Wenn dann die Lichter an sind und die Musik spielt, packt vielleicht auch dich ein bißchen das Zirkusfieber, das eine Menge Leute kennen.«
    Mitleid für ihn war alles, was ich fühlte. Trauer um jemanden, der dazu bestimmt war, sich selbst zu zerstören.
    Die restlichen Nachmittagsstunden verbrachte ich in einem Motelzimmer, wo ich versuchte, mich auszuruhen und meine Befürchtungen leichter zu nehmen. Anscheinend gab es nichts, was ich tun konnte, um Toms Einstellung zu ändern, aber trotzdem mußte ich’s noch einmal versuchen.
    Am Abend, gegen sieben, zog ich ein bequemes Seidenkleid an und machte mich wieder in die Richtung des umzäunten Zirkusareals auf. In meinen ganzen achtzehn Lebensjahren war ich noch nie in einer Zirkusvorstellung gewesen. Meine Erfahrung mit dem Zirkus war die eines Fernsehzuschauers. Aber das hatte nicht unmittelbar meine Sinne betroffen mit dem Geräusch, dem Anblick und dem Geruch von Tieren, Menschen, Heu, Mist und Schweiß. Und über allem lag der überwältigende Duft von Hotdogs und Hamburgern, von Eis und Popcorn, der aus einem Dutzend Richtungen quoll.
    Ich wanderte übers Zirkusgelände und schaute in Zusatzzelte, in denen stark geschminkte Mädchen herausfordernd mit den Hüften wackelten und Mißgeburten erstaunlich unbeteiligt ihre Deformationen zur Schau stellten. Da begann ich zum ersten Mal zu verstehen, was einen zwölfjährigen Jungen aus den tiefsten Willies angezogen hatte, was ihn so fasziniert hatte, daß er sich selbst nach seiner Rückkehr in die Berge einredete, zu glauben, dies sei die beste aller möglichen Welten. Besser als die dunklen, düsteren Kohleminen und die flackernden Lichter. Besser als Schnaps schwarz zu brennen und zu verkaufen und dem Staatsanwalt die Stirn zu bieten. All das war tausendfach besser als diese scheußliche Berghütte und die ganzen anderen Umstände, wo ein schlechter Ruf nie starb und vergangene Fehler einem immer auf der Spur waren. Fast bedauerte ich den dummen Jungen. Gut für Pa, das Ganze, weil er jetzt zu alt für höhere Ziele war. Aber gar nicht in Ordnung für Tom, nichts von allem, denn irgendwann einmal würde es ihm langweilig werden, wenn er von den Eindrücken und Gerüchen die Nase voll hätte. Ich war nicht gekommen, um mich verführen zu lassen.
    Zuerst brauchte ich eine Eintrittskarte, und dazu mußte ich mich in einer Reihe anstellen, die sich langsam auf ein hohes Podest zu bewegte. Darauf stand ein Mann, der die Höhepunkte der Zirkusvorstellung, die drinnen stattfand, anpries. Ich wußte, wer er war, sogar noch ehe ich seine Stimme hörte. In der Schlange festgehalten, starrte ich zu ihm hinauf, zu seinen Füßen, die in fast kniehohen schwarzen Lacklederstiefeln steckten. Dann kamen seine kräftigen, langen Beine in so knapp als möglich sitzenden weißen Hosen. Seine Männlichkeit war deutlich zu sehen, sie erinnerte mich an die Schulzeit, in der die Kinder bei Bildern von Herzögen, Generälen und anderen Berühmtheiten immer gekichert hatten, die sich selbst ganz offen in engen Hosen, wie die von Pa, zur Schau stellten. Sein scharlachroter Frack war an den Ärmeln mit goldenen Streifen verziert, auf den Schultern saßen Epauletten, und er wurde mit einer Doppelreihe goldener Knöpfe geschlossen. Oberhalb seiner frisch gestärkten weißen Krawatte befand sich dasselbe hübsche Gesicht wie in meiner Erinnerung, bemerkenswert unverändert. Seine Sünden hatten sich nicht in seinem Gesicht abgezeichnet, und auch die Zeit hatte ihm nicht dasselbe wie bei Großpa geraubt. Nein, kräftig und eindrucksvoll stand Pa da, voll Energie und gesünder, als ich ihn je gesehen hatte. Er wirkte besser gepflegt, sein Gesicht war so glatt rasiert, daß nicht einmal ein Schatten von Barthaaren zu entdecken war. Seine schwarzen Augen funkelten und gaben ihm ein anziehendes Aussehen mit großer Ausstrahlung. Ich merkte, wie Frauen zu ihm hinaufstarrten wie zu einem Gott.
    Ab und zu nahm er seinen schwarzen Zylinder ab und benutzte ihn für großartige

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