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Catch 22

Catch 22

Titel: Catch 22 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joseph Heller
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Sexualwesen mit hemmungsloser Anbetung und Vergötzung. Sie waren liebliche, wonnespendende, tollmachende Verkörperungen des Wunderbaren, Instrumente des Vergnügens, zu gewaltig, um ganz erfaßt, zu hitzig, um ertragen, und zu köstlich, um von niedrigen, unwürdigen Männern in Gebrauch genommen zu werden. Ihre nackte Gegenwart in seinen Händen begriff er nur als ein kosmisches Versehen, das gewiß sogleich berichtigt werden würde, und er sah sich daher gezwungen, seinen fleischlichen Lüsten, soweit ihm das möglich war, in jenen flüchtigen Sekunden zu frönen, die er sich gegönnt glaubte, ehe jemand den Schaden entdeckte und ihm alles aus den Händen riß. Er wußte nie: sollte er sie vögeln oder photographieren; daß beides zugleich unmöglich war, hatte er bereits herausbekommen, und nun mußte er feststellen, daß es ihm sogar unmöglich war, auch nur eines von beiden zu tun, so sehr zersplitterte der Zwang zur Eile, von dem er unausweichlich geplagt wurde, seine Kräfte.
    Die Bilder kamen nie raus, und Hungry Joe kam nie rein. Das merkwürdigste blieb jedoch, daß Hungry Joe im Zivilleben wirklich Photograph für Life gewesen war.
    Er war jetzt ein Held, und Yossarián hielt ihn für den größten Helden, den die Luftwaffe besaß, denn er hatte öfter als irgendein anderer Held die erforderte Anzahl von Feindflügen hinter sich gebracht. Im ganzen sechs Mal. Das erste Mal hatte Hungry Joe es geschafft, als fünfundzwanzig Feindflüge ausreichten, damit er seine Sachen packen, Jubelbriefe nach Hause schreiben und Sergeant Towser gutmütig schimpfend in den Ohren liegen durfte, weil der Marschbefehl zurück in die Heimat nicht kommen wollte. Während dieser Wartezeit verbrachte er seine Tage damit, vorm Zelt der Flugleitung hin und her zu schlurfen, alle Vorüberkommenden mit prahlerischen, dummen Witzen zu belästigen und den Sergeanten Towser immer, wenn dieser den Kopf aus dem Schreibstubenzelt steckte, im Spaß einen Lumpenhund zu schimpfen.
    Hungry Joe hatte seinen fünfundzwanzigsten Einsatz während der Landung bei Salerno geflogen, als Yossarián im Lazarett lag, weil er sich beim Tiefflug über eine Luftwaffenhelferin auf der Reise nach Marrakesch den Tripper geholt hatte. Yossarián suchte Hungry Joe nach Kräften einzuholen, was ihm auch fast gelang, da er innerhalb von sechs Tagen sechs Einsätze flog. Der dreiundzwanzigste Flug jedoch ging nach Arezzo, wo Colonel Nevers abstürzte, und näher war Yossarián der Heimat nicht gekommen. Am nächsten Tag war bereits Colonel Cathcart da, blickte grimmig und stolz auf seine neue Einheit, und setzte zur Feier der Übernahme des Kommandos die erforderte Anzahl von Feindflügen von fünfundzwanzig auf dreißig herauf. Hungry Joe packte seine Sachen wieder aus und korrigierte seine Jubelbriefe. Er hörte auf, den Sergeanten Towser im Spaß zu beschimpfen. Statt dessen begann er den Sergeanten Towser zu hassen und ihn verstockt für alles verantwortlich zu machen, obwohl er wußte, daß Sergeant Towser weder für die Ankunft von Colonel Cathcart noch für die Verzögerung beim Eintreffen des Marschbefehls verantwortlich war, der Hungry Joe sieben Tage früher und fünfmal seither hätte retten können.
    Immer wenn Hungry Joe die erforderliche Anzahl von Feindflügen erreicht hatte, brach er unter der nervlichen Belastung zusammen, die es für ihn bedeutete, auf seinen Marschbefehl zu warten. Immer wenn er von der Liste der verfügbaren Piloten gestrichen wurde, gab er seinem kleinen Freundeskreis ein großes Fest. Er brachte dann die Whiskyflaschen zum Vorschein, die er bei seinen Kurierflügen ergattert hatte, er lachte und sang, schlurfte und schrie und wußte sich in seiner trunkenen Wonne nicht zu lassen, bis ihm endlich die Augen zufielen und er friedlich einschlief. Sobald Yossarián, Nately und Dunbar ihn zu Bett gebracht hatten, begann er im Schlaf zu schreien. Wenn er morgens sein Zelt verließ, sah er abgehärmt, verängstigt und schuldbeladen aus und glich dem Wrack eines Menschen, das im Begriff ist, auseinanderzubrechen.
    Die Alpträume suchten Hungry Joe mit der Pünktlichkeit von Sternkonstellationen in jeder Nacht heim, die er während der qualvollen Perioden im Staffelbereich verbrachte, wenn er nicht an Feindflügen teilnahm und wiederum auf den Marschbefehl in die Heimat wartete, der niemals eintraf. Labile Persönlichkeiten wie Dobbs und Captain Flume waren von Hungry Joes Wehgeheul so beeindruckt, daß sie ebenfalls kreischend unter

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