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Cevdet und seine Soehne

Cevdet und seine Soehne

Titel: Cevdet und seine Soehne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Orhan Pamuk
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jungen Leute, als hätten sie etwas Unanständiges getan.
Und als Nazli auch Ömer erröten sah, wurde sie selber gleich noch röter, oder
zumindest kam Ömer das so vor.
    Als sie mit dem Essen fast fertig
waren, schlich eine graue Katze in den Raum. Nazlı rief sie herbei, nahm sie auf den Schoß und
streichelte sie, was Tante Cemile verärgerte. Ob ihr denn nicht beizubringen
sei, wie gefährlich Katzenhaare seien, schalt sie ihre Nichte. Mitfühlend
führte sie das Beispiel eines reichen Mannes an, dem Katzenhaare in die Lunge
geraten seien, worauf ihm das Leben zur Hölle geworden sei. Ömer beobachtete
währenddessen Nazlı.
    Sie hatte kein direkt schönes, aber
doch ein ansehnliches Gesicht. Ihre Stirn war breit, die Augen groß, die Nase
so klein wie die ihres Vaters, und um ihren Mund spielte immer ein leises
Lächeln, als wäre ihr gerade etwas eingefallen. Als sie sich nach dem Essen mit
gefalteten Händen auf das Sofa setzte, merkte Ömer, dass irgend etwas an dem
Mädchen ihn beunruhigte. So wie sie dasaß, erinnerte sie ihn an eine
Grundschullehrerin, die er angebetet hatte, und auch an eine schöne Deutsche,
die in seiner Kindheit einmal bei seiner Mutter zu Besuch gewesen war. Sowohl
die Lehrerin als auch jene Deutsche mit der vornehmen Abstammung, die Frau
eines Generals, waren klug gewesen und hatten gerne die Hände vor der Brust
gefaltet wie nun Nazli.
    Bevor der Kaffee serviert wurde, kam
Cemile mit einem Umschlag und einem Vertragsexemplar daher und unterrichtete
Ömer über den Mieter ihres gemeinsamen Hauses. Es kümmerte sie nicht weiter,
dass Ömer ihr nur mit halbem Ohr zuhörte und mit ganz anderem beschäftigt
schien, und pflichtbewusst gab sie einfach sämtliche Erläuterungen ab, die ihr
nötig erschienen. Ömer wiederum wollte weder so wirken, als starre er die
katzenstreichelnde Nazli an, noch als sei er allzusehr an Cemiles Ausführungen
interessiert, und so lauschte er dem Gespräch der beiden Abgeordneten. Muhtar
erzählte gerade wie beiläufig von einer Begegnung mit İsmet Paşa.
    Danach erging er sich in
Lobpreisungen über die aktuelle Regierung unter İsmet Paşa. Immer
wenn er besonders euphorisch wurde, wandte er sich halb zu Ömer, als wollte er
diesem zu verstehen geben, er solle doch seinen Freunden in London gefälligst
einmal erklären, mit was für einer Regierung sie es in der Türkei zu tun
hätten. Die Kränkung über das von Ömer Berichtete schien noch nicht verwunden
zu sein. Voller Eifer fragte er schließlich Ömer: »Und was meinen Sie so?«
    »Wozu?«
    »Na, zu den Reformen, zur neuen
Türkei, zu uns?«
    »Die Reformen halte ich auch für gut!«
erwiderte Ömer. Er lächelte Nazli an, was ihm aber gleich darauf peinlich war.
Er merkte, wie Muhtar ärgerlich seine Rockschöße zurechtzupfte.
    »Und welche genau?« Muhtar verzog
die Mundwinkel. »Na ja, wie dem auch sei! Was haben Sie denn jetzt vor?«
    »Ich will Geld verdienen! Ich werde
an der Eisenbahnlinie Sivas-Erzurum arbeiten.«
    »Sie werden sich also in den Dienst
der Reformen stellen. Diese Eisenbahn ist von größter Bedeutung. Im Osten
brodelt es nämlich, aber die Eisenbahn wird uns der Einheit näherbringen, weil
die Reformen im Osten erst dadurch ankommen. Sie dienen also diesen Reformen,
drücken Sie es lieber so aus. Das mit dem Geld ist zweitrangig!« Mit um
Zustimmung heischenden Blicken sah er Nazli an. »Habe ich nicht recht?«
    Der andere Abgeordnete sagte: »Du
bist aber in Fahrt heute, mein lieber Muhtar!«
    Muhtar wandte sich ihm zu: »Aber
recht habe ich doch?« In seiner Erregung war er kurz aufgestanden, und nun
setzte er sich wieder und führte das zuvor unterbrochene Gespräch mit seinem
Freund erneut fort.
    Ömer war ziemlich verdattert. Er sah
zu Nazli und der Katze hinüber, ließ sich noch einmal durch den Kopf gehen, was
er gesagt hatte, und hoffte bei dem Mädchen auf Verständnis. Irgendwann merkte er,
dass er sie regelrecht anstarrte. Da schaltete sich Cemile ein und versuchte
die Situation mit einer harmlosen Reminiszenz zu entschärfen.
    »In dem Jahr, als in Europa der
Krieg ausbrach, war ich mal mit deiner Mutter, Gott hab sie selig, mit deinem Vater,
deinem Onkel Tevfık und dir in einem Restaurant, das neu eröffnet hatte,
in Beyoğlu, glaube ich, halt, nein, beim Tunnel. Ein nettes Lokal, und
damals gab es ja noch kaum Gaststätten, die eine Frau wie ich überhaupt
aufsuchen konnte. Jedenfalls warst du recht quengelig an dem Tag, so dass ich
dich auf den Schoß

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