Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Chamäleon-Zauber

Titel: Chamäleon-Zauber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Piers Anthony
Vom Netzwerk:
verloren, als ihn der Drache in der Schlucht angegriffen hatte, und er hatte sich noch keinen neuen geschnitzt. Alles, was er besaß, war sein Jagdmesser. Es war eine armselige Waffe gegen ein Seeungeheuer, aber er mußte es damit versuchen.
    Er zog das Messer aus seiner Scheide, hielt die Luft an und hieb damit in die Richtung seines Fußknöchels. Das, was ihn umschlang, fühlte sich wie Leder an, und er mußte richtig daran sägen, um es zu durchtrennen. Diese Ungeheuer waren aber auch überall zäh!
    Etwas Riesiges, Unklares kam unter Wasser auf ihn zugeschossen und zog die Zunge ein, die er gerade bearbeitete. Riesige Zähne blitzten auf, als sich das gewaltige Maul öffnete. Bink verlor die allerletzten Nerven: Er begann zu schreien.
    Sein Kopf war unter Wasser, und der Schrei führte zu einer Katastrophe. Das Wasser schoß in seinen Mund und seinen Rachen.
    Kräftige Hände drückten rhythmisch auf seinen Rücken und pumpten Wasser heraus und Luft hinein. Bink keuchte, würgte und hustete. Er war gerettet! »Ich… es geht mir gut!« japste er.
    Die Hände ließen ihn los. Bink setzte sich auf und blinzelte.
    Er befand sich an Bord einer kleinen Yacht. Die Segel waren aus grellbunter Seide, das Deck aus poliertem Mahagoni. Der Mast bestand aus Gold.
    Aus Gold? Aus Goldbeschichtung vielleicht. Reines Gold wäre viel zu schwer gewesen und hätte eine Schlagseite verursacht.
    Erst jetzt schaute er auf die Person, die ihn gerettet hatte, und wunderte sich noch mehr. Es war eine Königin.
    Jedenfalls sah sie aus wie eine Königin. Sie trug eine kleine Platinkrone und eine reichbestickte Robe, und sie war schön. Vielleicht nicht so schön wie Wynne; diese Frau war älter und hatte Haltung. Die makellose Kleidung und ihr Verhalten machten die reine wollüstige Unschuld Wynnes wett. Das Haar der Königin hatte den sattesten Rotton, den er je gesehen hatte – ganz wie die Pupillen ihrer Augen. Es war schwer, sich vorzustellen, was diese Frau wohl auf diesem von Seeungeheuern heimgesuchten Meer
    tun mochte.
    »Ich bin die Zauberin Iris«, sagte sie.
    »Äh, Bink«, sagte er unbeholfen. »Aus dem Norddorf.« Er war noch nie einer Zauberin begegnet und hatte nicht den Eindruck, daß er für diese Gelegenheit richtig angezogen war.
    »Ein Glück, daß ich zufällig vorbeikam«, bemerkte Iris. »Du hättest in Schwierigkeiten kommen können!«
    Das war ja wohl die Untertreibung des Jahres! Bink war völlig erledigt gewesen, und sie hatte ihm sein Leben wiedergeschenkt. »Ich war am Ertrinken. Ich habe Sie überhaupt nicht gesehen. Nur ein Seeungeheuer«, sagte er und wußte nicht, wie er sich verhalten sollte. Wie konnte er diesem königlichen Geschöpf dafür danken,
    daß es sich seine zierlichen Hände damit beschmutzt hatte, jemanden wie ihn zu retten?
    »Du warst wohl auch kaum dazu in der Lage, überhaupt irgend etwas zu erkennen«, meinte sie und streckte ihren Körper, so daß ihre ausgezeichnete Figur sich besonders vorteilhaft ausnahm. Er hatte sich geirrt, sie war Wynne in keiner Hinsicht unterlegen und auf jeden Fall wesentlich intelligenter. Eher wie Sabrina. Der Geist einer Frau, dachte er, machte einen großen Teil ihrer Anziehungskraft aus. Das war die Lektion des Tages.
    An Bord der Yacht befanden sich auch Seeleute und Diener, doch sie blieben unauffällig im Hintergrund, und Iris stellte die Segel selbst ein. Sie war ganz gewiß keine untätige Frau!
    Die Yacht segelte aufs Meer hinaus. Bald kamen sie an eine Insel
    – und was für eine Insel das doch war! Überall üppige Vegetation, Blumen in allen Farben und Größen: Gänseblümchen mit Polkatupfern, so groß wie Teller, Orchideen von unbeschreiblicher Schönheit, Tigerlilien, die gähnten und schnurrten, als das Boot sich näherte. Gut gepflegte Pfade führten von der goldenen Pier zu einem Palast aus reinem Kristall hoch, der wie ein Diamant in der Sonne funkelte.
    Wie ein Diamant? Bink vermutete jedenfalls, daß es ein Diamant sei, denn er brach das Licht auf tausend Facetten. Der größte, vollkommenste Diamant, den es je gegeben haben mochte.
    »Ich schätze, ich verdanke Ihnen mein Leben«, sagte Bink und wußte immer noch nicht, wie er mit der Situation klarkommen sollte. Es schien lächerlich, seine Dienste zum Holzhacken oder Misten anzubieten, um sich seine Unterkunft zu verdienen; auf diesem schönen Eiland gab es keine solch grobschlächtigen Dinge wie Feuerholz oder Tiermist! Wahrscheinlich konnte er ihr den größten Gefallen damit

Weitere Kostenlose Bücher