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Chaosprinz Band 2

Chaosprinz Band 2

Titel: Chaosprinz Band 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Katja 'libbyreads' Kober
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oder?
    Als ich ins Wohnzimmer komme, sitzt sie bereits vor dem Fernseher und drückt an den verschiedenen Gerätschaften herum.
    »Wieso funktioniert das nicht?«, mault sie genervt.
    »Erst mal solltest du den Fernseher anmachen«, murmle ich grinsend und nehme ihr die Fernbedienung aus der Hand. Ma und Technik, funktioniert einfach nicht. Ich spule das Band zurück und warte.
    »Pornos«, murmelt Ma. »Du wirst es ja sehen.«
    Ich schüttle grinsend den Kopf. Das Band surrt, rattert und hält dann schließlich mit einem lauten Klick an.
    »Bereit?«, frage ich.
    »Nein, ich kann gar nicht hinsehen.« Gespielt schockiert hält sich Ma die Augen zu.
    Ich drücke auf Play . Es rauscht. Der Bildschirm flimmert schwarz und weiß. Dann, ganz plötzlich erscheint etwas, das aussieht wie… Ja, wie eigentlich?
    »Wie mach ich das Ding an, Joachim?«, fragt eine Stimme, die sich sehr stark nach Ma anhört und laut und dumpf aus dem Fernseher dringt.
    »Sie ist schon an«, sagt jemand, scheinbar Pa.
    »Nein, ist sie nicht.«
    »Doch ist sie, wenn das Licht blinkt, ist sie an.«
    »Aber da blinkt nichts«, nörgelt Ma.
    »Natürlich.«
    »Wo?«
    »Ganz oben.« Schwankend wackelt die Kamera hin und her. Der Fußboden wird gefilmt. Helle Holzdielen. Jetzt ist ein Tischbein zu sehen und nun der Rand eines Sofas.
    »Oh, warte!«, ruft Ma. »Ich glaube, jetzt ist sie an.«
    »Dieses doofe Ding«, murmelt die heutige Ma neben mir. »Ich habe nie kapiert, wie man mit der Kamera umgeht.«
    Das sieht man. Sie braucht Ewigkeiten, ehe sie den Zoom richtig eingestellt hat. Auf dem Fernsehbildschirm ist auf einmal ein riesengroßes dunkelbraunes Auge zu sehen. Dann kommt eine kleine, kurze Nase ins Bild.
    »Hallo!«, krähe ich fröhlich und winke hektisch in die Kamera.
    »Hallo, Krümelchen!«, ruft Ma.
    Ich muss so um die zwei Jahre alt gewesen sein. Die langen, braunen Haare reichen mir weit über die Schultern und ich trage nur ein paar kurze Shorts. Ich sehe aus wie ein richtiges Hippiekind. Etwas unkoordiniert tapse ich nun auf die Kamera zu, beide Hände nach dem Gerät ausgestreckt.
    »Hallo«, plappere ich immer wieder. »Hallo… Hallo…«
    »Sag mal deinen Namen«, fordert mich Mas Stimme aus dem Off auf.
    »Tobiiiiii«, quäke ich und will meine Lippen auf die Linse drücken.
    »Tobi, komm und pack deine Geschenke aus.«
    Die Kamera schwingt auf Pa, der am Boden sitzt und ein kleines Paket in der Hand hält. So schnell ich mit diesen kurzen Beinchen laufen kann, renne ich auf ihn zu und werfe mich ihm an die Brust. Er keucht lachend auf, nimmt mich dann in den Arm und setzt mich auf seinen Schoß.
    Pa hilft mir, als ich das Geschenkpapier aufreiße. Ein kleiner Teddybär kommt zum Vorschein. Ich freu mich und drücke das Stofftier an mich.
    »Baby«, rufe ich.
    »Ein Babybär«, bestätigt mich Ma. »Magst du ihn?«
    »Jaaaaahhh.« Ich halte den Bären in die Höhe, um ihn der Kamera zu zeigen, dann reiche ich ihn Pa und mache auffordernde Schmatzgeräusche. Pa lacht und gibt dem Teddy einen Kuss… Dann küsst er mich.
    Ich spüre eine kribbelnde Hitze, die sich in meiner Brust ausbreitet und langsam nach oben wandert. Immer weiter. Sie macht, dass es in meinem Hals kratzt und meine Augen feucht werden.
    »Tja«, murmelt Ma neben mir. »Das waren noch Zeiten… Damals war er noch kein Arsch und du noch klein und knuffig.«
    »Er ist kein Arsch!«, sage ich mit brüchiger Stimme.
    Ich schalte das Video aus. Es wird mir ein bisschen zu viel.
    »Wenn er ein Arsch wäre, dann hätte er diese ganzen Sachen doch wohl nicht all die Jahre lang aufbewahrt, oder?« Ich hole das Band aus dem Recorder.
    »Ja?«, fragt Ma spöttisch. »Und warum hat er sich dann nie bei dir gemeldet? Wenn du ihm doch so wichtig warst?«
    Darauf weiß ich keine Antwort. Ich stehe auf, nehme das Video und verlasse das Wohnzimmer.
    Die Kamera hat ein paar glückliche Minuten im Leben einer kleinen, normalen, jungen Familie aufgezeichnet. Ein schwarzes Band und ein bisschen Plastik sind Dokumente einer väterlichen Liebe. Warum ist sie verschwunden? Als ich in München angekommen bin, habe ich sie nirgends spüren können. Ich habe sie nicht gesehen. Hat es vielleicht sogar an mir gelegen…? Ist seine Liebe nie verschwunden und ich bin nur zu blind und zu blöd gewesen, um sie zu erkennen…?
    Verwirrt und unsicher betrete ich Pas Zimmer. Die Kiste steht immer noch auf dem Fußboden vor seinem Schrank. Ich bücke mich, lege die Kassette in den alten Karton

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