Chaosprinz Band 2
Ruhe über alles sprechen, bevor wir irgendetwas unternehmen?«
Sie hat recht. Ich nicke beschämt und traue mich nicht, ihr in die Augen zu sehen.
»Als du heute nach der Schule nicht direkt nach Hause gefahren bist, da wusste ich, wo ich dich finden kann.« Sie schüttelt den Kopf und sieht mich tadelnd an.
»Ich… Es tut mir leid«, nuschle ich unsicher.
»Er hat sich Gedanken gemacht… Alex und Maria sind ihm wichtig…«, nimmt mich Markus freundlich in Schutz.
Martha blickt zwischen ihm und mir hin und her. Dann füllen sich ihre Augen mit Tränen und sie breitet die Arme aus. »Markus«, schluchzt sie ergriffen.
Er steht auf und ist mit ein paar großen Schritten bei ihr. Fest und liebevoll nimmt er sie in den Arm und drückt sie an sich.
»Ich freue mich sehr«, raunt er mit seiner tiefen Stimme.
»Ich mich auch, mein lieber Junge, ich mich auch.«
Ich sehe den beiden zu und weiß nicht, welches Gefühl in meiner Brust gerade überwiegt. Ist es die Rührung über dieses liebevolle Wiedersehen oder die Angst vor dem, was nun kommen wird? Ich bin sehr verwirrt. Und Markus und Martha sind es auch.
Als Martha und ich eine halbe Stunde später die Galerie verlassen und gemeinsam in Richtung U-Bahnstation laufen, frage ich sie, wie wir uns nun verhalten sollen.
»Ich weiß es nicht, Tobi«, gibt Martha seufzend zu und reibt sich die geröteten Augen. Sie hat eine Menge geweint und sieht sehr erschöpft aus.
Markus und sie haben über die alten Zeiten, über New York und die Familie gesprochen, doch zu einer Entscheidung sind sie nicht gekommen. Beide haben Angst. Markus fürchtet sich vor Ablehnung und Martha will die Familie nicht durcheinander bringen.
»Ich werde mich noch einmal mit Markus treffen und dann spreche ich am besten mit Bettina. Ich versuche, sie ganz sanft und vorsichtig auf die Tatsache vorzubereiten, dass ihr Ex-Mann wieder in der Stadt ist. Ich hoffe, es wird alles gut gehen.« Sie macht ein ernstes Gesicht. »Und du, Tobi, du hältst dich aus allem raus. Je weniger du mit der ganzen Sache zu tun hast, desto besser. Ich möchte nicht, dass du mit Alex oder Maria über ihren Vater redest.«
Ich nicke schwach. Ist mir ganz recht. Ich bin nicht scharf darauf, mich mit Alex wegen seines Vaters zu streiten. Und außerdem habe ich ja auch noch meinen eigenen Pa, Kim, Manu, Marc und eine ganze Menge anderer Probleme, um die ich mich kümmern muss.
Trotzdem kann ich es nicht vermeiden, dass meine Gedanken immer wieder zu Alex wandern. Ich glaube, ich kann ihn nun ein wenig mehr verstehen. Plötzlich machen Kleinigkeiten einen Sinn und auf so manche Frage gibt es nun eine logische Antwort. Ich würde gerne mit ihm reden. Doch Martha hat recht, es ist besser, wenn ich mich raushalte.
38. Kapitel
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Kim verzieht gequält das Gesicht und zieht zischend die Luft ein, als ich den großen blauen Fleck auf seinem Rücken berühre.
»Das ist bestimmt ein schlimmer Bluterguss«, meint er mit zusammengebissenen Zähnen.
»Du bist so ein Jammerlappen«, ärgere ich ihn.
»Ich bin kein Jammerlappen, ich bin verletzt«, protestiert er beleidigt.
Ich muss lachen. »Ich dachte, Indianer kennen keinen Schmerz.«
»Wer hat was von Indianern gesagt?« Kim dreht den Kopf und sieht mich an. »Sehe ich aus wie ein Indianer?«
»Nö, aber wie ein großer, starker Mann…« Ich grinse.
»Auch große, starke Männer können Schmerzen haben«, meint Kim mit würdevoller Miene.
Ich schüttle nur amüsiert den Kopf. Mein starker Muskelmann heult wegen eines blauen Flecks… süß.
»Ich denke, du willst nur von mir verarztet werden, gib's doch zu.«
»Hm… vielleicht.« Kim grinst. Hab ich es mir doch gedacht.
Lächelnd lege ich beide Arme von hinten um seinen Hals und drücke mich sanft an seinen Rücken. Ich küsse seine Wange.
»Gut so?«, frage ich und streife dabei sein Ohr mit meinen Lippen.
»Hm«, schnurrt er zufrieden und grinst.
Wir sitzen auf seinem Bett, im Schneidersitz, nur mit Boxershorts bekleidet und ich reibe ihm die geprellte Stelle mit Bepanthen ein. Die Salbe ist kühl und Kim zuckt kurz zusammen, als meine Finger seinen Rücken berühren.
»Im Grunde bist du ja selber Schuld«, stichle ich gut gelaunt. »Ich habe ja gleich gesagt, dass deine Dusche zu klein für uns beide ist…«
»Einen Versuch war es doch wert«, verteidigt sich Kim trotzig.
Ich grinse. Kims Idee, zusammen zu duschen, hat mich von Anfang an nicht sehr begeistert. Ich habe nichts gegen
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