Chaosprinz Band 2
Beziehung ist.« Oh nein, bitte nicht!
»Ja, Ma«, presse ich zwischen den Zähnen hervor.
»Also?«
»Also was?«
»Wie läuft es so bei euch?« Sie stellt mir so eine Frage am Telefon und klingt dabei, als würde sie sich nach dem Wetter erkundigen. Ich seufze, was soll ich antworten? Heiter bis wolkig?
»Alles super«, murmle ich genervt.
»Wirklich?«
»Ja, wirklich.«
»Ist er auch rücksichtsvoll?«
»Ja, Ma.«
»Und leidenschaftlich? Du weißt ja, ein rücksichtsvoller Mann ist toll, aber eine Schlaftablette darf er natürlich auch nicht sein.«
»Er ist keine Schlaftablette«, flüstere ich und lasse den Abstand zwischen Kim und mir etwas größer werden.
»Also ein richtiger Hengst?« Ma kichert. Ich bekomme rote Ohren. Ein gutes Mutter-Kind-Verhältnis ist wünschenswert, aber man sollte es auch nicht übertreiben.
»Wie sahen sie denn aus, deine Heuschrecken?«, wechsle ich ganz abrupt das Thema.
»Willst du nicht mit mir über Kim sprechen?«, fragt Ma enttäuscht.
»Doch… aber nicht so… und nicht, wenn ein Haufen Menschen um mich herum sind…«, zische ich etwas unwirsch.
»Na gut.« Sie schmollt.
Kim und ich verlassen den Laden. Wir müssen ein ganzes Stück über den Parkplatz gehen, bis wir zu seinem Golf gelangen.
»Ma, ich rufe dich morgen an, dann habe ich mehr Zeit und wir können in Ruhe quatschen.« Ich mache hastig einen Schritt nach vorne, um Kim davon abzuhalten mit dem Einkaufswagen ein parkendes Auto zu rammen. Kim wirft mir einen Blick zu, der wohl so viel sagen soll, wie: Mach keinen Stress, ich habe alles im Griff! Ich sehe das etwas anders und beobachte ihn besorgt, als er den Wagen durch die Autoreihen schiebt. Mit Timmy und Emma einkaufen zu gehen ist, glaube ich, entspannender.
»Okay, dann hören wir wieder voneinander…« Ma klingt seltsam enttäuscht. Sie wollte wohl noch ein Weilchen mit mir sprechen. Wahrscheinlich vermisst sie mich so sehr. Wieder spüre ich dieses schmerzvolle Heimweh.
»Bis dann«, hauche ich mit brüchiger Stimme in das Telefon.
»Ja, bis dann…« Sie legt auf.
Ich wollte ihr noch sagen, dass ich sie auch vermisse und dass ich sie sehr, sehr lieb habe, aber… aber sie ist nicht mehr da. Statt ihrer vertrauten Stimme kann ich nun ein nervendes Tuten hören. Ich seufze. Bin traurig.
Wir haben den Golf erreicht. Kim öffnet den Kofferraum. Er verstaut die Einkäufe achtlos im Auto. Ich trete hinter ihn, schlinge beide Arme um seinen Bauch und drücke mich an seinen Rücken.
»Was ist denn?«, fragt er überrascht.
»Ich vermisse meine Ma«, nuschle ich. Er löst sich aus meiner Umarmung, dreht sich zu mir um und nimmt mich in den Arm.
»Du siehst sie bestimmt bald wieder«, meint er schwach.
»Hm…« Ich schmiege mich an seine starke Brust. Mit der einen Hand streichelt er meinen Rücken, mit der anderen krault er meinen Nacken. Zärtlich verteilt er kleine Küsse auf meinem Ohr und der Schläfe. Dass er da ist, tut gut. Ich schließe die Augen und genieße es, einen anderen Körper so nah an meinem zu spüren. Fest, warm, stark, echt.
»So sehr ich es auch mag, dich im Arm zu halten, aber ich fürchte, wir müssen weiter«, flüstert mir Kim ins Ohr.
»Ja, ich weiß.« Ich lasse ihn los und trete einen Schritt zurück. Kim hält mich an den Schultern fest, er lächelt mich an. Dann küsst er mich. Auf den Mund. Seine weichen Lippen drücken sich auf meine. Ich seufze. Wir lächeln uns an.
Während ich mich in den Golf setze, bringt Kim den Einkaufswagen weg. Ich schaue auf die Uhr. Scheiße, wir haben beinahe zwei Stunden im Supermarkt vertrödelt und nun müssen wir auch noch die Getränke besorgen. Das wird knapp.
Kim kommt zurück, er lässt sich auf den Fahrersitz fallen und schnallt sich an.
»Wir müssen uns beeilen«, meine ich besorgt.
»Keine Hektik, Süßer, das klappt schon alles.« Kim ist Optimist.
Als wir von dem Parkplatz rollen, entdecke ich Anja. Sie steht mit ihrer Freundin neben einem knallroten Mini. Die beiden verstauen gerade ihre Einkäufe im Kofferraum. Ich kann sie nicht richtig erkennen, sie sind ziemlich weit weg, aber… es sieht fast so aus, als… Das kann doch nicht sein… Heult Anja?
Ich drehe mich in meinem Sitz, um sie besser sehen zu können, doch dann biegt Kim auf die Straße ab und Anja ist aus meinem Blickfeld verschwunden. Hat sie echt geheult? Mitten auf einem Supermarktparkplatz? Wohl kaum. Oder? Aber wenn doch, warum?
39. Kapitel
Ein Killer und ein Florist gehen auf eine
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