Charlie Chan macht weiter
Spekulant. Gute, sichere Investitionen – das ist mein Motto. Und ich hatte auch keine Angst, das Geld auszugeben, weil ich wußte, das Geschäft ist von Grund auf gesund und würde…«
Duff blickte auf seine Uhr. »Ich habe Sie hierher gebeten, Mr. Benbow, um Sie zu fragen, ob Sie irgendein Licht auf den unglückseligen Vorfall in Zimmer 28 werfen können?«
»Unglückselig – ja, das stimmt«, sagte Benbow. »Der netteste alte Gentleman, den man sich nur vorstellen konnte. Einer der großen Männer unseres Landes, unermeßlich reich – und jemand geht her und bringt ihn um. Ich sage Ihnen, das ist ein Schlag gegen die amerikanischen Institutionen…«
»Sie wissen also nichts darüber?«
»Ich bin es nicht gewesen, wenn es das ist, was Sie meinen. Wir stellen zu viele Reifen in Akron her, um herumzugehen und unsere besten Kunden umzubringen – die Männer aus der Autobranche. Nein, Sir, für Nettie und mich ist das Ganze ein großes Rätsel. Sie haben meine Frau schon kennengelernt?«
Duff verneigte sich in Richtung von Mrs. Benbow hin. Sie war eine gutaussehende, gut angezogene Frau, die offensichtlich mehr Zeit für die Raffinessen des Lebens hatte als ihr Mann.
»Es freut mich sehr«, sagte er. »Wie ich hörte, haben Sie heute morgen einen Spaziergang durch London gemacht?«
Mr. Benbow hielt die Kamera in die Höhe. »Ich wollte noch ein paar Aufnahmen machen – aber der Nebel war ja schrecklich. Ich hab’ keine Ahnung, was draufgekommen ist. Ist mein Hobby, könnte man sagen. Wenn ich von dieser Tour zurückkomme, hoffe ich, genug Bilder zu haben…«
»Dann haben Sie also den Morgen damit verbracht, Filme zu drehen?«
»O ja! Vor einiger Zeit ist auch die Sonne zum Vorschein gekommen, und dann habe ich mich voll draufgestürzt. Nettie hat gesagt: ›Elmer, wir werden zu spät zum Zug kommen.‹ Aber zu dem Zeitpunkt war die Filmrolle ohnehin zu Ende.«
Duff studierte seine Notizen und fragte schließlich:
»Dieses Akron – liegt es in der Nähe einer Stadt« – er blätterte in seinem Notizblock herum –, »in der Nähe von Canton, Ohio?«
»Ist nur ein paar Minuten bis dahin«, antwortete Benbow. »McKinley stammte aus Canton. Mutter der Präsidenten – so nennen wir Ohio.«
Duff wandte sich Mrs. Latimer Luce zu. Eine alte Frau von undefinierbarem Alter, mit scharfen Augen und einem kultivierten Auftreten.
»Mrs. Luce, können Sie mir etwas über diesen Mord erzählen?«
»Tut mir leid, Inspector, aber ich weiß nichts darüber.« Sie hatte eine leise und wohltuende Stimme.
»Ich bin den größten Teil meines Lebens herumgereist, aber dies ist eine neue Erfahrung für mich.«
»Wo wohnen Sie?«
»Pasadena, Kalifornien – falls ich überhaupt ein Heim habe. Das heißt, ich besitze dort ein Haus, aber ich halte mich nie dort auf. Bin ständig unterwegs. Auf diese Weise hat man in meinem Alter etwas, worüber man nachdenken kann. Neue Bilder, neue Eindrücke, neue Gesichter. Ich bin so entsetzt über diese Drake-Geschichte. Ein reizender Mann!«
»Sie haben auch heute morgen das Hotel verlassen?«
»Ja. Ich habe mit einer alten Freundin in der Curzon Street gefrühstückt. Einer Engländerin, die ich aus meiner Zeit in Shanghai kenne. Das liegt etwa zwanzig Jahre zurück.«
Duffs Blick ruhte auf Mr. Max Minchin. Mr. Minchin war ein dunkler, stämmiger Mann mit kurzgeschnittenem Haar und einer hervorstehenden Unterlippe. Seine Begeisterung, einen Scotland-Yard-Mann kennenzulernen, war nicht so ausgeprägt wie die Mr. Benbows; vielmehr hätte man seine Haltung als mürrisch, ja fast feindselig bezeichnen können.
»Wo sind Sie zu Hause, Mr. Minchin?« fragte ihn Duff.
»Was hat das mit dem Fall zu tun?« wollte Minchin wissen und fummelte mit seiner behaarten Hand an einem großen Diamanten herum, der in seiner Krawatte steckte.
»Oh – sag es ihm doch, Maxy!« flötete seine Frau, deren füllige Formen einen roten Plüschsessel überschwemmten. »Man muß sich doch nicht schämen, da zu leben.« Sie sah Duff an. »Wir kommen aus Chicago«, erklärte sie ihm.
»Na schön, aus Chicago«, krächzte ihr Mann rauh.
»Und was besagt das schon?«
»Wissen Sie etwas über diesen Mord?«
»Ich bin kein Schnüffler«, erwiderte Maxy. »Oder seh’ ich vielleicht so aus? Müssen sich schon selbst Ihre Auskünfte holen. Ich hab’ nichts zu sagen. Meine Anwälte sind nicht hier. Also werde ich nicht reden. Verstehen Sie mich?«
Duff sah Dr. Lofton an. Ganz offensichtlich waren
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