Charlie Chan macht weiter
Abgesehen von diesem dummen, kleinen Fenwick. Doch wäre es nicht absurd, zu glauben…«
»Nichts ist absurd in unserem Metier«, unterbrach sie Duff. »Im übrigen haben Sie ein Mitglied der Gesellschaft vergessen.«
»Tatsächlich?« Sie schien überrascht. »Wen denn?«
»Ich denke an Mark Kennaway.«
Sie lächelte. »Oh – seien Sie doch nicht albern!«
»Ich für meine Person übersehe nie etwas. Und da ich vorhabe, Sie als Partner einzusetzen…«
»Was wollen Sie damit sagen?«
»Wahrscheinlich werde ich die Gesellschaft für eine Zeitlang verlassen. Ich erwarte keine weiteren – eh – Unfälle, und es gibt wenig, was ich tun und erreichen könnte, wenn ich weiter mitreise. Früher oder später werde ich mich Ihnen zweifellos wieder anschließen, doch erst muß ich mir einen neuen Weg suchen. In der Zwischenzeit würde ich Sie gern als meine Stellvertreterin sehen. Bitte, studieren Sie die Männer in dieser Gruppe und schreiben Sie mir hin und wieder aus den verschiedenen Häfen, in die Sie einlaufen! Teilen Sie mir nur mit, wie alles läuft! Und wenn Sie auf irgend etwas stoßen, das eine Spur sein könnte, dann lassen Sie es mich wissen! Hübsche kleine Briefe im Plauderstil. Ich bin sicher, Sie können so etwas sehr gut. Und ein Telegramm, falls irgendwas Wichtiges passiert. New Scotland Yard – London – das sollte mich erreichen. Wollen Sie mir den Gefallen tun?«
»Aber natürlich.« Das Mädchen nickte eifrig. »Ich schreibe schon an etwa zwanzig Jungens. Je mehr, desto lustiger ist es.«
»Ich bin geschmeichelt, in die Liste mit aufgenommen zu werden«, erwiderte Duff. »Vielen Dank!«
Mrs. Luce erschien. »Ah – da sind Sie ja, Pamela! Ich bin froh, Sie in so gefahrloser Gesellschaft vorzufinden. Schauen Sie mich nicht so an, Inspector! Wenn es um Herzensangelegenheiten geht, sind Sie vermutlich genauso gefährlich wie jeder andere Mann.«
Duff lachte. »Ein prächtiger Morgen, wie?«
»Ist es so? Ich komme aus Südkalifornien und bin nicht sonderlich beeindruckt.«
»Ich hoffe, Sie haben gut geschlafen, meine Liebe«, bemerkte das Mädchen liebenswürdig.
»Ich schlafe immer gut – vorausgesetzt, ich wechsle oft genug die Schlafzimmer. Selbst ein Mord kann mich nicht stören. Was ist bei der Geschichte von gestern abend herausgekommen, Inspector?«
»Nichts – wie üblich«, erwiderte Duff grimmig.
»Nun, ich bin nicht überrascht. Sie sind kein Supermann, und unser Freund mit seinem Drang, töten zu müssen, beginnt langsam wie einer auszusehen. Clever, in der Tat. Etwas ist tröstlich – er fängt an, außerhalb der Gruppe zu operieren. Vielleicht bleiben doch noch ein paar von uns übrig. Frühstücken Sie, Pamela?«
»Ich bin am Verhungern«, sagte das Mädchen und folgte Mrs. Luce ins Speisezimmer.
Gegen Mittag war offensichtlich, daß die italienischen Behörden keinen der Reisenden im Hotel zurückzuhalten versuchen würden. Der Tourismus war entlang der Riviera di Ponente kein unbedeutender Industriezweig und durfte nicht behindert werden, nur um die Launen eines Polizisten zu befriedigen. Vor der Tür des Hotels stapelten sich Gepäckstücke; eine Reihe von Gästen reiste ab.
Die Lofton-Gruppe wollte den Zwei-Uhr-Expreß nach Genua nehmen. Alle wollten möglichst schnell weg. Lofton hatte sich wieder etwas erholt. Er verbreitete Informationen und Ratschläge und war an allen Orten gleichzeitig.
Auch die Stimmung des Majors der Stadtpolizei hatte einen beträchtlichen Aufschwung erfahren. Nach einem Gespräch mit seinen Kollegen und einem Telegramm nach Rom war beschlossen worden, den ganzen Fall Scotland Yard zu übertragen, so daß der Major nichts mehr weiter zu tun hatte, als seine Uniform zu tragen und die Ladys zu beeindrucken. Und bei beidem zeichnete er sich aus – das wußte er.
Wie schon einmal in London hatte Inspector Duff das zweifelhafte Vergnügen, sich von einer Gruppe von Menschen zu verabschieden, unter denen sich das Wild befand, hinter dem er so her war. Doch er hatte sich bereits in sein Schicksal ergeben und begleitete sie mit heiterer Miene zum Bahnhof in der Westbucht, außerhalb der Neustadt. Sie versammelten sich auf dem Bahnsteig – Benbow mit seiner Kamera, Sadie Minchin behangen mit jüngsten Juweliereinkäufen. Plötzlich stieß Mrs. Spicer einen kleinen Schrei aus.
»Um Gottes willen – das ist mir bisher noch gar nicht aufgefallen!«
»Was ist denn los?« fragte Dr. Lofton besorgt.
»Wir sind dreizehn«, erklärte sie mit
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