Charlie Chan macht weiter
Es macht mir Spaß, Sie bei der Arbeit zu beobachten.« Lässig und heiter schritt Tait aus dem Zimmer. Charlie sah ihm nach.
Noch stand er am Anfang seiner Untersuchungen, dachte er, während er auf seine Kabine zusteuerte, um sich zum Lunch vorzubereiten. Er war jedoch sicher, daß es keinen besseren Platz gab, um näher miteinander bekannt zu werden, als ein Schiff.
Ein Schiffsjunge brachte ihm ein Funktelegramm. Chan öffnete es und las.
Als Freund, Charlie, beschwöre ich Sie, die ganze Sache fallenzulassen. Es geht mir ausgezeichnet, und bald kann ich die Spur selbst wieder aufnehmen. Die Situation ist viel zu gefährlich, um so einen Dienst von Ihnen erbitten zu können. Glauben Sie mir, ich war im Delirium, als ich vorschlug, Sie sollten weitermachen. Duff.
Charlie lächelte und setzte sich an einen Schreibtisch in der Bibliothek. Nach angemessener reiflicher Überlegung formulierte er eine Antwort.
Sie befanden sich nicht im Delirium gestern abend, aber es schmerzt mich sehr, zu bemerken, daß Sie sich jetzt in solchem Zustand befinden. Wie könnten Sie sonst glauben, daß ich diese interessante Affäre nicht bis an die Grenzen meiner Fähigkeit verfolgen würde? Bleiben Sie ruhig, werden Sie rasch gesund, und inzwischen bin ich bereitwillig Ersatzmann. Hoffe, Sie werden bald wieder vernünftig. Ihr zuverlässiger Freund C. Chan.
Nach dem Lunch verbrachte Charlie viele Stunden meditierend in seiner Kabine. Es war ein Fall ganz nach seinem Geschmack. Sechs ganze Tage konnte er grübeln, während die Person, die er suchte, in seiner Reichweite bleiben mußte.
An jenem Abend traf der Inspector nach dem Dinner Pamela Potter und Mark Kennaway im Salon an. Sie tranken Kaffee in einer Ecke. Auf die Einladung des Mädchens hin, schloß Chan sich ihnen an.
»Nun, Mr. Chan, einer Ihrer kostbaren sechs Tage ist vorüber«, sagte sie.
»Ja, und wie weit sind Sie gekommen?« fragte Kennaway.
»Zweihundertfünfzig Meilen weit weg von Honolulu.
Und reise behaglich weiter.« Chan lächelte.
»Sie haben nicht viel herausgefunden heute morgen«, fand der junge Mann.
»Habe gelernt, daß mein Freund, der Mörder, immer noch versucht, Unschuldige in die Angelegenheit zu verstricken – so wie er es auch tat, als er in London Dr. Loftons Gepäckriemen gestohlen hat.«
»Sie meinen das mit Ross?« fragte das Mädchen. Charlie nickte. »Sind Sie jetzt gleicher Meinung wie Mrs. Luce?«
»Ja. Mir war ja auch gleich aufgefallen, daß die Person sehr seltsam hinkte, viel mehr als Mr. Ross. Wer könnte es gewesen sein?«
»Könnte jeder gewesen sein«, sagte Kennaway und blickte über seine Tasse hinweg Chan an. »Sogar unser lustiger, alter Captain Keane, der unbezähmbare Leser.«
»Ah – ja, Keane«, sagte Charlie. »Hat irgend jemand je Ursache für Keanes Vorliebe festgestellt, vor fremden Türen herumzulungern?«
»Nicht, daß ich wüßte«, erwiderte Pamela Potter. »Übrigens ist er in letzter Zeit diesbezüglich nicht mehr so aktiv gewesen. Mr. Vivian hatte ihn, kurz nachdem wir Yokohama verlassen hatten, dabei ertappt, und der Streit war über mehrere Straßenzüge hinweg zu hören – falls es solche gegeben hätte.«
»Mr. Vivian hat besonderes Talent für Streite«, registrierte Charlie.
»Das würde ich auch sagen«, bestätigte Kennaway.
»Nach gestern abend könnte man glauben, Bridge sei eine der gefährlichsten Beschäftigungen. Mir kam es so vor, als ob Vivian bewußt wollte, daß das Spiel abgebrochen wurde.«
Chans Augen würden schmal. »Mr. Kennaway, habe gehört, Ihr Arbeitgeber, Mr. Tait, hat kurz, bevor er New York verließ, eine Armbanduhr gekauft?«
Der junge Mann lachte. »Ja. Er hat mich bereits gewarnt, daß Sie die Frage stellen würden. Es stimmt. Er glaubte, sie wäre für so eine Tour mehr geeignet. Seine alte Uhr mit Kette liegt wohl in seinem Koffer. Lassen Sie sie sich doch von ihm zeigen.«
»Kette ist natürlich unversehrt?«
»O ja! Zumindest war sie es, als ich sie zum letztenmal sah – in Kairo.«
Tait gesellte sich zu ihnen.
»Mrs. Luce und ich versuchen eine Bridge-Partie zu organisieren«, verkündete er. »Ihr jungen Leute seid auserwählt.«
»Aber ich spiele schrecklich«, protestierte das Mädchen.
»Das weiß ich«, erwiderte der Anwalt. »Deshalb teile ich Sie Mark als Partner zu. Ich habe das Gefühl, ich werde gewinnen. Und es macht mir Spaß zu gewinnen.«
Kennaway und das Mädchen erhoben sich.
»Tut mir leid, Sie verlassen zu
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