Charlie Chan macht weiter
gelebt, daß ich Neigung verspüre, Schicksal kleinen Kampf zu liefern, ehe ich mich unterwürfig ergebe.
Inzwischen hat mein breites Kreuz viel Schatten auf das fröhliche Fest geworfen. Ich setze mich.«
Mr. Minchins umherschweifende Blicke fielen auf Mr.
Tait. Der Gentleman erhob sich in der Art eines erfahrenen Redners.
»Ich bin vielleicht glücklicher, hier zu sein, als sonst irgend jemand von Ihnen«, begann er. »Es hat Momente gegeben, da hat es so ausgesehen, als müßte ich Sie schon lange vor der Zeit verlassen. Aber der Wille zum Leben ist stark, und ich verspreche, daß ich die Reise mit Ihnen beende.
Ich kann mich wohl in vielerlei Hinsicht glücklich schätzen, habe ich das Gefühl. Wenn ich, zum Beispiel, noch einmal an meinen Freund Hugh Morris Drake zurückdenke und die Nacht des 6. Februar – das heißt, des 7. –, ich hätte auch in dem Bett von Zimmer 28 liegen können, als unschuldiges Opfer eines Mordes, der aus reinem…«
Er hielt inne und blickte sich hilflos um. »Entschuldigung. Ich fürchte, wir haben diesen Abend für die charmante Miß Pamela recht unangenehm gestaltet. Ich wollte auch nur sagen, daß ich glücklich bin, bis zu diesem Zeitpunkt überlebt zu haben, und daß es ein großes Vergnügen für mich war, Sie alle kennenzulernen. Vielen Dank!«
Er setzte sich abrupt bei gedämpftem Beifall. Mrs. Luce gab einen Reisebericht zum besten, und Pamela Potter schloß sich mit ein paar artigen Worten an. Dann erhob sich Captain Keane.
»Nun, es war ein großartiger Trip«, meinte er. »Wir hatten eine Menge Spaß, und was mich anbelangt, so hatte ich den Zwischenfall im ›Broome’s‹ schon fast vergessen. Das war ein bißchen strapaziös, weiß der Himmel. Inspector Duff hat sich eine Weile so aufgeführt, als wollte er uns die Tour vermasseln – zumindest einigen von uns. Seine Fragen waren ziemlich persönlich. Zufälligerweise bin ich in jener Nacht herumgewandert, wie Sie sich vielleicht erinnern können. Hatte schlimme Stunden, und ich denke, einige unter uns haben auch ganz schön auf Kohlen gesessen. Zum Beispiel Mr. Eimer Benbow, wie? Bisher hab’ ich noch zu niemandem darüber gesprochen, aber jetzt sind wir alle wieder in Gottes Land und können auf uns selbst achtgeben. Ich habe Mr. Benbow nämlich in der Mordnacht um drei Uhr morgens gesehen, als er gerade wieder in sein Zimmer zurückschlüpfte. Kann mir vorstellen, daß Sie froh waren, Scotland Yard hierzu keine Erklärung abgeben zu müssen, stimmt’s, Benbow?« Keane tat so, als würde er nur scherzen, aber er täuschte niemanden; im Grunde verbarg sich hinter seinen Worten gemeine Bosheit. Selbst Maxy Minchin war klar, daß hier schlechter Geschmack die Oberhand gewonnen hatte. Der kleine Gangster sprang auf.
»So, wie die Geschichte läuft, scheinen wir keinen Toastmeister zu brauchen«, verkündete er. »Mr. Benbow, Sie sind zum nächsten Redner ernannt.«
Der Mann aus Akron erhob sich langsam. »Ich habe in den vergangenen Jahren eine Menge Reden gehalten, aber daß mir noch mal so eine angetragen werden würde, hätte ich nicht gedacht. Es stimmt – ich hatte in jener Nacht in London mein Zimmer verlassen. Nachdem wir zu Bett gegangen waren, hatte ich mich plötzlich erinnert, daß der 6. Februar der Geburtstag meiner Tochter war. Den ganzen Tag über hatten wir ihr ein Telegramm schicken wollen, aber dann hatten wir es doch vergessen. Ich war niedergeschlagen, das können Sie mir glauben. Dann fiel mir ein, daß es in Akron noch sechs Stunden früher war und sie mein Telegramm vielleicht doch noch erreichen würde, wenn auch spät in der Nacht. So sprang ich aus dem Bett, zog mich an und eilte in die Lobby hinunter. Dort traf ich jedoch nur ein paar Putzfrauen an. Natürlich hätte ich der Polizei davon erzählen müssen, aber ich hatte keine Lust, in die Affäre mit hineingezogen zu werden. Es war ein fremdes Land – alles war anders – Sie wissen schon, was ich meine. Wenn ich zu Hause gewesen wäre, hätte ich dem Polizeichef alles erzählt. Aber England – Scotland Yard… Ich bekam kalte Füße. Ich bin froh, daß Captain Keane das Thema heute angeschnitten hat, und ich hoffe, Sie glauben mir. Jetzt… Ich hatte schon eine Rede fertig, aber nun ist sie weg. Oh – etwas fällt mir noch ein. Ich habe auf der gesamten Rundreise Aufnahmen gemacht, wie Sie ja wissen. Sie alle sind mit drauf. In Honolulu habe ich einen Projektor gekauft, und Freitagnacht – unserer letzten Nacht an Bord –
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