Charlie Chan macht weiter
er wollte allein sein. Also schlenderte ich zum Hafen zurück – dunkel und geheimnisvoll die Lagerschuppen – drollige kleine Menschen, die aufgeregt in der Dunkelheit herumrannten – einfach malerisch die Lichter der Hausboote.« Plötzlich blickte er bedeutungsvoll Lofton an, und in seinen Augen glomm ein böser Funke. »Dort wurde auch Welby tot aufgefunden, wie Sie wissen…«
»Also gut, Leute«, rief Mr. Benbow dazwischen. »Mr. Kennaway, wollen Sie, bitte, das Licht löschen? Danke. Die ersten Bilder stammen vom Deck des Schiffes, kurz nachdem wir den Hafen von New York verlassen hatten. Wir kannten uns alle noch nicht sehr gut. Ich glaube, ich habe die Freiheitsstatue… Ja, das ist sie! Zieht eure Hüte, Jungens! Jetzt kommen ein paar Aufnahmen von der Überfahrt über den Atlantik. Ich glaube, die meisten von Ihnen hatten ein Stelldichein mit ihrer Schlafkoje. Da ist der arme Mr. Drake! Ein Glück, daß er nicht wußte, was ihn erwartete!« So schwatzte er munter weiter, während er einen Film nach dem anderen abspulte. Sie sahen London noch einmal und das »Broome’s«; dann feierten sie kurz Wiedersehen mit den Fenwicks, die Benbow an einer Straßenecke getroffen hatte; der kleine Mann aus Pittsfield war offensichtlich erbost ob der Ehre, die ihm widerfuhr; und auch Inspector Duff schien augenscheinlich ein sehr unwilliger Schauspieler gewesen zu sein. Es folgten Dover und die Fahrt über den Ärmelkanal, Paris und dann Nizza.
Mr. Benbows Zuschauer saßen in einer Haltung da, die zunehmendes Interesse anzeigte. Als die Bilder von Nizza abgespult wurden, beugte sich Charlie plötzlich aufgeregt vor. Er wurde abrupt an seine Umgebung erinnert, als Tait, der neben ihm saß, ihm leise etwas zuflüsterte.
»Ich verschwinde jetzt, Mr. Chan. Ich – ich fühle mich sehr schlecht.«
Charlie konnte selbst in dem schummrigen Licht erkennen, daß das Gesicht des Anwalts kalkweiß war.
»Ich möchte Kennaway nichts sagen. Es ist sein letzter Abend, und ich will ihn nicht belästigen. Es wird mir schon wieder bessergehen, wenn ich mich einen Augenblick hinlege.«
Er schlüpfte lautlos aus dem Raum.
Benbow begann mit einer neuen Filmrolle. Sein Vortrag schien endlos, aber inzwischen hatte er alle auf seiner Seite. Ägypten, Indien, Singapur, China – er hatte wirklich bemerkenswerte Intelligenz bei der Auswahl bewiesen.
Schließlich kam er zum Ende, und alle bedankten sich und verließen den Raum, nur Chan blieb bei den Benbows zurück.
»Ein sehr interessanter Abend«, bemerkte er.
»Danke«, erwiderte Benbow. »Ich glaube, es hat allen gefallen, oder?«
»Da bin ich sicher, Mrs. Benbow, Ihr Mann und ich werden schweres Material in Kabine transportieren.«
Er klemmte sich die zahlreichen Filmrollen unter einen Arm und steuerte auf die Tür zu. Benbow folgte ihm mit dem Projektor.
In der Kabine der Benbows legte Charlie die Rollen aufs Bett und wandte sich dann dem Mann aus Akron zu. »Darf ich fragen, wer Kabinen zu beiden Seiten belegt?«
Benbow schien überrascht. »Nun – Mrs. Luce und Miß Pamela wohnen auf der einen Seite, und die Kabine weiter vorn ist unbesetzt.«
»Einen Moment!« Chan verschwand, kehrte aber augenblicklich zurück. »Im Moment sind beide Kabinen leer. Auch Gang liegt verlassen da.«
Benbow fummelte nervös an dem Projektor herum.
»Was – was soll das alles, Mr. Chan?«
»Das sind sehr wertvolle Filme, nicht wahr?« fragte Charlie sanft.
»Das kann man wohl sagen.«
»Sie haben Koffer mit gutem, sicherem Schloß?«
»Nun – ja.« Benbow deutete auf den Schrankkoffer in einer Ecke.
»Darf ich bescheidenen Vorschlag machen? Würden Sie so gut sein und alle Filmrollen darin unterbringen und Schloß absperren?«
»Selbstverständlich. Aber warum? Sicher hat niemand…«
Chan kniff die Augen zusammen. »Man weiß nie. Würde mich überaus bekümmern, wenn Sie in geliebter Heimatstadt ankommen und wichtige Rolle fehlt. Zum Beispiel die Rolle, auf der auch Bilder von Nizza sind.«
»Was hat das alles zu bedeuten, Mr. Chan?«
»Sie haben nichts auf diesen speziellen Bildern bemerkt?«
»Nein, kann ich nicht behaupten.«
»Andere Personen waren vielleicht aufmerksamer. Bitte, beunruhigen Sie sich nicht! Sperren Sie nur alle Filme weg! Haben mir ihre Geschichte erzählt und werden niemals von Scotland Yard angefordert werden.«
»Scotland Yard!« rief Benbow aus. »Das möchte ich gern erleben, wie…«
»Pardon, daß ich unterbreche. Erinnern Sie sich noch an
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