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Charlotte Und Die Geister Von Darkling

Charlotte Und Die Geister Von Darkling

Titel: Charlotte Und Die Geister Von Darkling Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Boccacino
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Haus fort und führte uns in eine grüne, taubedeckte Hügellandschaft. Wir kamen an einem niedrigen Eisenzaun vorüber, der an der Grenze des Anwesens entlang verlief und selbst für kleine Tiere kein Hindernis bedeutete. Mrs. Darrow betrachtete ihn mit schmalen Augen, als sie sich an ihre Söhne wandte.
    »Haltet euch von diesem Zaun fern. Unter keinen Umständen dürft ihr das Anwesen verlassen.«
    »Warum nicht, Mutter?«
    »Die Nachbarn sind nicht kinderfreundlich.«
    Eine halbe Meile weiter wurde der Zaun größer und bildete ein beeindruckendes, kunstvoll verziertes Tor. Es war geschlossen. Ein dichter Nebel wogte bedrohlich direkt außerhalb der Grundstücksgrenze. James fragte seine Mutter: »Der Nebel ist genau wie im Obstgarten. Wie weit reicht er? Bis Everton?«
    »Nein.« Sie gab trotz James’ neugieriger Miene keine weitere Erklärung ab. Doch dann wieherte Geist, und der Junge vergaß das Ganze. Nicht so Paul. Er warf mir einen vielsagenden Blick zu.
    »Verlassen Sie das Anwesen je, Mrs. Darrow?«, sagte ich so vorsichtig, wie man mit einem gefährlichen Tier sprechen würde, das sehr große, scharfe Zähne hat.
    »Nein. Das Anwesen ist sicher, weil Mr. Whatley das wünscht. Was jenseits des Tores ist   … ist nicht ganz so berechenbar.«
    »Und was ist jenseits des Tores?« Bevor Mrs. Darrow antworten konnte, erreichte Geist mit der Kutsche den Hauseingang. Sie sah mich an, als wollte sie antworten, besann sich aber eines Besseren und stieg aus der Kutsche.
    »Ich kann mir vorstellen, dass ihr alle müde geworden seid. Erlaubt mir, euch zu euren Zimmern zu bringen.« Lily trat ins Haus und führte uns die große Treppe hinauf in den Ostflügel des Gebäudes.
    Sie brachte uns in ein in Rot und Gold dekoriertes Zimmer mit zwei Betten unter separaten Alkovenfenstern, zwei Kleiderschränken und einer großen Spielzeugkiste.
    »Jungs, ihr beide werdet hier schlafen.«
    James sprang auf eines der Betten und verkündete, dass das seines wäre. Paul ging zu einem der Fenster und starrte grimmig nach draußen.
    »Geht hier je die Sonne auf?«
    Lily zog die Vorhänge zu und drehte Paul zum Bett.
    »Es gibt nichts Schöneres als den Nachthimmel.«
    Die Buben zogen sich aus, und ich hing ihre Kleider in die Schränke, griffbereit für den Heimweg. Wann immer das sein würde , dachte ich zynisch.
    Mrs. Darrow reichte den Buben neue Pyjamas. »Ich habe sie selbst ausgesucht.« James schlüpfte sofort hinein, aber Paul starrte misstrauisch auf die Kleidungsstücke.
    »Wo denn?«
    Lily bedachte ihn mit einem verwunderten Blick. »In einem Katalog   … Du bist sehr neugierig geworden im vergangenen Jahr.«
    »Ich bin erwachsener geworden im vergangenen Jahr.«
    Seine Mutter lächelte schwach und küsste ihn auf die Stirn. »Was hältst du von einer Gutenachtgeschichte?«
    Wie erwachsen Paul auch immer geworden sein mochte, es war jedenfalls nicht genug, dass er dem Angebot einer Gutenachtgeschichte, an seine Mutter gekuschelt, hätte widerstehen können. Er sprang ins Bett neben seinen jüngeren Bruder und wartete, dass seine Mutter sich zu ihnen setzte. Ich kam mir sofort fehl am Platz vor, wusste aber nicht, warum. Eifersucht konnte es nicht sein. Warum hätte ich eifersüchtig sein sollen? Ich wollte doch, dass die Buben bei ihrer Mutter waren. Deshalb hatte ich sie wider besseres Wissen erneut in das Darkling-Haus gebracht. Darum ging es hier schließlich. Aber plötzlich hatte ich das Gefühl, etwas sehr Privates und Inniges zu stören. Ich stand auf, um hinauszugehen, aber Lily bat mich zu bleiben.
    »Bitte, Charlotte   … bleiben Sie.« Sie fuhr James mit den Fingern durchs Haar und blickte nicht auf. Ich saß auf dem anderen Bett und wartete, dass sie beginnen würde. Lily griff über das Nachttischchen nach einem Türgriff an der Wand. Sie öffnete die Tür und holte ein Buch mit dem Titel Laurel Parker Wolfes Geschichten von der Endwelt heraus. Sie begann zu lesen.
D ER SCHLAFENDE K ÖNIG
    Es war einmal vor langer Zeit, da gab es nur ein Schloss am Himmel, und sonst nichts. Von jedem Türmchen und jedem Turm aus konnte man nur Dunkelheit sehen. Das passte dem König gut, denn da sein Königreich nur aus dem Schloss und der schwarzen Leere bestand, bedeutete das auch, dass er nur wenige Verpflichtungen hatte. Er war sehr alt und müde, denn er war unsterblich und regierte bereits seit den Zeiten vor der Erschaffung aller Dinge. Es blieb ihm nicht viel anderes zu tun, als in seinen Gemächern zu

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