Charons Klaue
sagte er schlicht und widerstand dem Drang, Einzelheiten preiszugeben, die auf Cavus Dun, Jermander, Ratsis oder sonst jemanden hindeuteten.
»Dahlia?«, sagte die Wandlerin. Plötzlich fragte sich Effron, ob Jermander tatsächlich auf die Wandlerin zurückgegriffen hatte. Dann aber flüsterte sie unerwartet: »Er gehört zu Alegni.«
Effron vermutete, dass sie auf Barrabas den Grauen anspielte. Wie sie diese Worte sprach, ließ ihn vermuten, dass dieser direkt in das verwickelt war, was Dahlia zugestoßen oder nicht zugestoßen war.
Er wandte sich der Frau zu. »Alles, was du mir sagen oder für mich in Erfahrung bringen kannst, werde ich sehr zu schätzen wissen.«
Sie sah ihn skeptisch an.
»Und reich belohnen«, fügte er hinzu.
Auf ihrem hübschen Gesicht breitete sich ein Lächeln aus. »Fünfhundert Goldstücke«, sagte sie schlicht.
Normalerweise hätte Effron angesichts dieses unverschämten Preises gehandelt oder die Vereinbarung ganz abgelehnt, aber er fürchtete Alegni, so dass er tatsächlich einen Beutel Münzen hervorholte und der Wandlerin reichte.
Natürlich sah er nur ein Abbild der verwirrenden Frau und fühlte plötzlich ein Ziehen von der Seite, als die Unsichtbare ihm den Beutel wegriss, der sich in seiner Hand scheinbar in Luft auflöste.
Er hörte das Klimpern der Münzen auf der anderen Seite und wollte sich schon umdrehen, blieb jedoch einfach stehen und lachte hilflos auf. Vielleicht war sie dort, vielleicht auch nicht, denn die kluge Zauberin konnte Geräusche vermutlich ebenso leicht umlenken, wie sie ihre diversen Abbilder erzeugte.
»Du hast Jermander nicht gesagt, dass Alegnis Mann Dahlia verteidigen würde«, sagte sie.
»Sie verteidigen? Oder wollte er sie selbst umbringen?«, fragte Effron.
»Jedenfalls ist Jermander tot.«
Effron schluckte hörbar. Auf einmal wurde ihm klar, dass dieser Misserfolg ihn noch teuer zu stehen kommen konnte.
»Und Dahlia?«, presste er mühsam hervor.
Erzgo Alegni fühlte sich in seiner eigenen Stadt, Niewinter, gefangen, und das passte ihm überhaupt nicht.
»Ich will das Ergebnis sehen«, verlangte er unwirsch und lief zur Tür.
»Das willst du nicht!«, krächzte Draygo Quick.
Alegni hielt inne und riss sich zusammen, ohne sich nach dem alten Hexer umzusehen. Draygo Quicks Nachricht, dass Jermander und einige andere von Cavus Dun umgekommen waren, war Alegni weder unwillkommen noch war sie überraschend, denn er hatte schon bei Jermanders Eintreffen in Niewinter vermutet, dass Effron die Söldner eingestellt hatte. Nur Effron wäre kühn genug, entgegen seinem ausdrücklichen Befehl einen Angriff auf Dahlia zu führen.
Denn für den verkrüppelten Jungen wäre das schließlich ein doppelter Sieg.
»Glaubst du nicht, dass sie deinetwegen kommen?«, fragte Draygo Quick. »Oder dir auflauern, falls du dich je wieder hier herauswagst?«
Alegni zuckte mit den Schultern, als ob das keine Rolle spielte. Schließlich konnte sich Barrabas der Graue schlecht vor ihm verstecken, auch wenn er wünschte, die magische Verbindung zu dem gefährlichen Mann wäre aussagekräftiger und stabiler.
»Glaubst du nicht, dass sie direkt zu mir kommen?«, entgegnete er.
»Du etwa?«
»Ich zähle darauf«, grinste Alegni. »Ich hoffe es!«
»Unterschätze sie nicht …«
»Ich unterschätze niemanden«, unterbrach ihn Alegni. »Nicht einmal dich.«
Draygo Quick verschlug es nur selten die Sprache, doch Erzgo Alegni hütete sich, seine Zufriedenheit darüber zu zeigen.
»Effron ist jung«, sagte Draygo Quick. Alegni konnte kaum glauben, dass der sture, kampflustige Hexer tatsächlich das Thema wechselte. »Er ist vielversprechend.«
»Und wankelmütig«, fügte Alegni hinzu.
»In der Tat«, sagte der Hexer. »Besonders in dieser speziellen Situation.«
»Ich habe ihn nicht hierhergeholt«, erinnerte ihn Alegni. »Ich wollte ihn nicht hierhaben.« Er starrte den alten Mann durchdringend an. »Ich will ihn nicht hierhaben.«
Damit war er vielleicht ein wenig zu weit gegangen. Draygo Quick straffte sich und sah ihn hochmütig an.
»Er ist aber hier«, stellte der Hexer fest. »Und er wird auf meinen Befehl hierbleiben.«
Alegnis Gesicht verhärtete sich, aber Draygo Quicks Tonfall duldete keinen Widerspruch.
»Es gibt angemessene Strafen, und es gibt übertrieben harte Strafen«, warnte der Hexer. »Wenn einer meiner Untergebenen übertrieben hart bestraft wird, nehme ich das persönlich.«
»Es gibt auch Wiedergutmachungen«, bot Erzgo Alegni
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