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Chasm City

Chasm City

Titel: Chasm City Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alastair Reynolds
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schwer als Meuterei. Ebenso fahrlässig wäre es gewesen, an diesen Männern kein Exempel zu statuieren.
    »Du hast sie ermordet«, sagte Constanza so leise, dass nur Sky es hörte. »Die anderen magst du überzeugt haben, aber mich nicht. Ich kenne dich zu gut, Sky.«
    »Du kennst mich überhaupt nicht«, zischte er.
    »O doch. Ich kenne dich, seit du ein kleiner Junge warst.« Sie lächelte so breit, als würden sie sich nur angeregt unterhalten. »Du warst nie normal, Sky. Entartete Geschöpfe wie Sleek haben dich von jeher mehr interessiert als reale Menschen. Auch Ungeheuer wie der Infiltrator. Du hast ihn am Leben erhalten, nicht wahr?«
    »Wen am Leben erhalten?«, fragte er mit einem ebenso unaufrichtigen Lächeln.
    »Den Infiltrator.« Sie sah ihn aus schmalen Augen misstrauisch an. »Wenn es tatsächlich so zugegangen ist. Wo ist er überhaupt? Auf der Santiago gibt es hundert Verstecke. Eines Tages komme ich dir auf die Schliche, und dann werde ich deinem sadistischen Experiment ein Ende bereiten. Und eines Tages werde ich auch beweisen, dass du Valdivia und Rengo verleumdet hast. Und dann bekommst du die Strafe, die du verdienst.«
    Sky lächelte. Er dachte an die Folterkammer, wo er Sleek und den Chimären gefangen hielt. Der Delphin war noch um etliche Stufen verrückter geworden: eine Maschine aus purem Hass, deren einziger Daseinszweck es war, dem Chimären Schmerzen zu bereiten. Sky hatte Sleek darauf konditioniert, dem Ärmsten die Schuld an seiner Gefangenschaft zu geben, und nun hatte der Delphin die Rolle des Teufels übernommen, nachdem Sky in den Augen des Mannes zum Gott geworden war. Seit der Infiltrator nicht nur eine Figur hatte, die er verehren, sondern auch eine, die er fürchten und verabscheuen konnte, ließ er sich viel leichter manipulieren. Langsam aber sicher näherte er sich dem Ideal an, das Sky von vornherein vorgeschwebt hatte. Bis der Chimäre gebraucht wurde – und das hatte noch einige Jahre Zeit –, wäre das Werk vollendet.
    »Ich weiß nicht, wovon du sprichst«, sagte Sky.
    Jemand legte ihm die Hand auf die Schulter. Ramirez, der Leiter des Exekutivrats, jenes Schiffsgremiums, dem es oblag, den vakanten Kommandantensessel neu zu besetzen. Nach allem, was man hörte, hatte Ramirez die besten Aussichten, Balcazars Nachfolger zu werden.
    »Belegen Sie ihn wieder einmal mit Beschlag, Constanza?«, fragte der Mann.
    »Wir plaudern nur über alte Zeiten«, antwortete sie. »Nichts, was nicht warten könnte, glauben Sie mir.«
    »Er hat sich gut gehalten, finden Sie nicht? Ein anderer hätte sich vielleicht bewegen lassen, diese Männer aus Mangel an Beweisen freizusprechen, aber unser Sky ist standhaft geblieben.«
    »So ist er nun einmal«, sagte Constanza und wandte sich ab.
    »Für Zweifel ist in der Flottille kein Platz«, sagte Sky, den Blick fest auf die beiden Leichen gerichtet. Dann nickte er zum Captain hin, den man in einem Kühlbehälter aufgebahrt hatte. »Wenn mich der gute Alte eines gelehrt hat, dann dies: man darf sich niemals von Unsicherheit beherrschen lassen.«
    »Der gute Alte?«, fragte Ramirez amüsiert. »Sie meinen Balcazar?«
    »Er war wie ein Vater zu mir. Einen Führer wie ihn bekommen wir kein zweites Mal. Wäre er noch am Leben, diese Männer müssten sich noch glücklich schätzen, schmerzlos ersticken zu dürfen. Balcazar hätte einen qualvollen Tod für die einzig akzeptable Form der Abschreckung gehalten.« Sky sah Ramirez eindringlich an. »Oder sind Sie etwa nicht dieser Meinung?«
    »Ich… woher soll ich das wissen?« Ramirez stutzte für einen Moment, dann hatte er sich wieder gefangen und sprach weiter. »Ich war mit Balcazars Ansichten nicht so vertraut, Haussmann. Es gibt Gerüchte, wonach er gegen Ende nicht mehr ganz klar im Kopf gewesen sein soll. Aber da Sie sein Herzblatt waren, haben Sie ihn sicher besser gekannt.« Wieder legte er Sky die Hand auf die Schulter. »Für manche von uns ist das ein entscheidender Punkt. Wir hatten Vertrauen in Balcazar, und Balcazar vertraute Ihrem Vater Titus. Ich will ganz offen sein: Ihr Name ist im Gespräch… Was würden Sie sagen…?«
    »Der Kommandantensessel?« Wozu noch lange um den heißen Brei herum reden? »Das ist doch wohl noch etwas zu früh? Außerdem… jemand mit Ihren Verdiensten und Ihrer umfassenden Erfahrung…«
    »Vor einem Jahr hätte ich Ihnen noch zugestimmt. Ja, wahrscheinlich werde ich das Amt übernehmen – aber ich bin kein junger Mann mehr, und es wird sicher

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