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Chasm City

Chasm City

Titel: Chasm City Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alastair Reynolds
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angeboten, Zebra. Kann ich das Angebot jetzt annehmen, nur bis es hell wird?«
    Sie sah mich über den Rand ihres Glases hinweg an. Es war bereits hell, aber sie verstand, was ich meinte. »Glaubst du wirklich, ich würde dieses Angebot nach allem, was du getan hast, noch aufrecht erhalten?«
    »Ich bin Optimist«, sagte ich resigniert und hoffte, dass es überzeugend klang.
    Dann trank ich noch einen Schluck Wein und spürte allmählich das ganze Ausmaß meiner Erschöpfung.

Dreißig
    Fast hätte die Expedition zum Gespensterschiff die Santiago nie verlassen. Sky und seine beiden Partner Norquinco und Gomez waren bis zum Frachtraum gekommen, als Constanza aus den Schatten trat.
    Verglichen mit ihm sah sie inzwischen ziemlich alt aus, dachte Sky, als wäre sie vorzeitig gealtert. Man konnte sich kaum vorstellen, dass sie einmal fast gleichaltrig gewesen waren; zwei Kinder, die gemeinsam ein düsteres, verwinkeltes Wunderland erkundeten. Jetzt wurde durch die harten Schatten auf ihrem Gesicht jedes Fältchen und jede Runzel aufs Unvorteilhafteste betont.
    »Darf ich fragen, wo ihr hin wollt?«, sagte Constanza und stellte sich vor das Shuttle, das die drei mit viel Mühe startklar gemacht hatten. »So viel ich weiß, ist nicht geplant, dass irgendjemand die Santiago verlässt.«
    »Du warst in diesem Fall eben nicht auf dem Verteiler«, sagte Sky.
    »Ich gehöre immer noch zur Sicherheitswache, du hochnäsiges Bürschchen. Wieso stehe ich dann nicht auf dem Verteiler?«
    Sky forderte die anderen mit strengem Blick auf, ihn reden zu lassen. »Dann will ich ganz offen sein. Die Angelegenheit wurde nicht auf dem üblichen Dienstweg entschieden. Ich kann dir nicht mehr sagen, als dass es sich um eine heikle diplomatische Mission handelt.«
    »Und wo ist dann Ramirez?«
    »Es ist auch eine sehr riskante Mission; möglicherweise eine Falle. Wenn ich gefangen genommen werde, verliert Ramirez seinen Stellvertreter, aber auf der Santiago geht das Leben mehr oder weniger weiter wie bisher. Handelt es sich aber um einen aufrichtigen Versuch, die Beziehungen zu verbessern, dann kann uns das andere Schiff nicht vorwerfen, wir hätten keinen höheren Offizier geschickt.«
    »Aber der Captain weiß doch sicher Bescheid?«
    »Natürlich. Er hat ja die Genehmigung dazu gegeben.«
    »Das lässt sich schnell nachprüfen.« Sie schob ihre Manschette zurück und schickte sich an, den Captain anzurufen.
    Bevor Sky zur Tat schritt, wog er zwei gleichermaßen riskante Strategien gegeneinander ab. Ramirez glaubte tatsächlich, eine diplomatische Aktion sei im Gange; unter diesem Vorwand konnte Sky die Santiago jederzeit für ein paar Tage verlassen, ohne dass allzu viele Fragen gestellt wurden. Die Vorarbeiten für diesen Schwindel liefen schon seit Jahren. Sky hatte Funksprüche von der Palästina gefälscht und die echten Funksprüche entsprechend bearbeitet. Aber Ramirez war nicht auf den Kopf gefallen und könnte Verdacht schöpfen, wenn Constanza sich allzu eingehend nach dieser Mission erkundigte.
    Also stürzte er sich auf sie und warf sie auf den harten, blanken Boden des Frachtraums. Sie schlug mit dem Kopf auf und blieb reglos liegen.
    »Hast du sie umgebracht?«, fragte Norquinco.
    »Ich weiß es nicht«, sagte Sky und kniete neben ihr nieder.
 
    Constanza lebte noch.
    Sie zogen die Bewusstlose durch den Frachtraum und legten sie so neben einem Haufen zu Bruch gegangener Frachtpaletten ab, dass es aussah, als hätte sie auf eigene Faust den Raum erkundet, dann sei der Palettenstapel umgekippt und ihr auf den Kopf gefallen.
    »Sie wird sich an die Auseinandersetzung nicht erinnern«, sagte Sky. »Und wenn sie vor unserer Rückkehr nicht von selbst zu sich kommt, werde ich sie persönlich holen.«
    »Trotzdem wird sie misstrauisch bleiben«, gab Gomez zu bedenken.
    »Das ist nicht weiter schlimm. Ich habe Spuren gelegt, die den Anschein erwecken, als hätten Ramirez und Constanza die Expedition gemeinsam genehmigt – ja sogar angeordnet.« Er sah Norquinco an, der eigentlich den größten Teil der Arbeit gemacht hatte, aber der verzog keine Miene.
    Sie starteten, bevor Constanza zu sich kam. Normalerweise hätte Sky gleich nach dem Ablegen die Triebwerke hochgefahren, aber das wäre zu sehr aufgefallen. So gab er dem Shuttle, so lange es noch hinter der Santiago verborgen war, nur einen kleinen Schubstoß mit – gerade so viel, dass es mit hundert Metern pro Sekunde hinter die Flottille zurückfiel – und schaltete dann die

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