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Chasm City

Chasm City

Titel: Chasm City Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alastair Reynolds
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weit, und ich war froh, so vorausschauend gewesen zu sein. Kurz vor meinem achtzigsten Geburtstag war ich zum Flüchtling geworden.
    In den ersten Jahren der Kolonisierung war alles gut gegangen. Das Vermächtnis der toten Constanza hatte das Bild für eine Weile getrübt, aber schon bald hatte der Wunsch der Menschen nach einem Helden auch die letzten Zweifel verdrängt, die an meiner Eignung für diese Rolle bestanden haben mochten. Ich hatte einige Sympathisanten verloren, aber dafür die Sympathie der großen Masse gewonnen, ein Tausch, den ich für annehmbar hielt. Das Päckchen, das Constanza angeblich versteckt hatte, war nie zum Vorschein gekommen, und mit der Zeit wuchs in mir die Überzeugung, es habe nie existiert; sie habe es nur als Waffe benutzt, um mich seelisch zu zermürben.
    Diese erste Zeit war berauschend. In den drei Monaten Vorsprung, die ich der Santiago verschafft hatte, war auf der Oberfläche ein Netz von kleinen Camps entstanden. Als die anderen Raumschiffe über uns abbremsten und in den Orbit gingen, hatten wir bereits drei gut befestigte Hauptsiedlungen errichtet. Nueva Valparaiso nahe dem Äquator (das eines Tages einen guten Standort für einen Weltraumfahrstuhl abgeben würde) war die jüngste. Andere würden folgen. Wir hatten einen guten Start gehabt, und ich hätte es damals für undenkbar gehalten, dass sich die Menschen – mit Ausnahme von einigen wenigen Getreuen – so heftig gegen mich wenden würden.
    Und doch hatten sie es getan.
    Vor mir sah ich im dichten Laub des Regenwaldes etwas leuchten. Ein Licht. Eindeutig künstlich, dachte ich – vielleicht die Verbündeten, die mich hier erwarten sollten. Ich konnte es nur hoffen. Viele Verbündete waren mir nicht geblieben. Die wenigen, die noch fest in der orthodoxen Machtstruktur etabliert waren, hatten mich vor dem Prozess aus dem Gewahrsam befreien, mich aber nicht an einen sicheren Ort bringen können. Sie würden für ihren Verrat wahrscheinlich erschossen werden, aber das konnte ich nicht ändern. Ihr Opfer war notwendig gewesen. Ich hatte nichts anderes erwartet.
    Es war nicht einmal sofort zum Krieg gekommen.
    Die Brasilia und die Bagdad waren im Orbit auf den ausgeschlachteten Rumpf der alten Santiago gestoßen. Dann geschah Monate lang nichts, die beiden Verbündeten beobachteten uns nur und wahrten eisiges Schweigen. Endlich hatten sie zwei Shuttles gestartet, die auf die nördlichen Breiten der Halbinsel zusteuerten. Wie sehr hätte ich mir gewünscht, in meinem alten Schiff ein Körnchen Antimaterie aufgespart zu haben, um sein Triebwerk noch einmal kurz zu zünden und die Shuttles mit einer tödlichen Feuerlanze zu bestreichen. Aber ich hatte nie gelernt, den Antimaterie-Zustrom zu unterbrechen.
    Die Shuttles waren gelandet und mehrfach wieder in den Orbit aufgestiegen, um die Schläfer nach unten zu bringen.
    Danach folgten wieder lange Monate des Wartens.
    Und schließlich hatten die Angriffe begonnen: kleine Kommandotrupps zogen von Norden herab und überfielen die erst im Entstehen begriffenen Siedlungen der Santiago. Was machte es aus, dass kaum dreitausend Menschen auf dem ganzen Planeten waren? Für einen kleinen Krieg reichte es… und er hatte ganz allmählich angefangen, sodass beide Seiten Zeit hatten, sich zu verschanzen, ihre Stellungen zu befestigen… sich zu vermehren.
    Es war eigentlich gar kein richtiger Krieg.
    Aber meine eigenen Leute waren immer noch bemüht, mich wegen meiner Kriegsverbrechen hinrichten zu lassen. Sie waren nicht etwa daran interessiert, mit dem Feind Frieden zu schließen – dafür war zu viel geschehen –, aber das hinderte sie nicht, mich für die ganze Situation verantwortlich zu machen. Sie wollten mich nur töten, um sich dann erneut ins Getümmel zu stürzen.
    Diese undankbaren Dreckskerle. Sie hatten alles verdorben. Sogar den Namen des Planeten hatten sie ausgetauscht, hatten einen Witz daraus gemacht. Jetzt hieß die Welt nicht mehr Journey’s End – das Ende der Reise.
    Sondern Sky’s Edge – Skys Vorsprung.
    Weil ich ihnen einen Vorsprung verschafft hatte, sodass wir als Erste eintrafen.
    Ich hasste den Namen, denn ich wusste, wie er gemeint war: als perverses Eingeständnis eines Verbrechens, das notwendig gewesen war; als Erinnerung daran, wie wir hierher gekommen waren.
    Aber er hatte sich durchgesetzt.
    Jetzt blieb ich stehen. Nicht nur, um Atem zu holen. Ich hatte mich im Dschungel nie so richtig heimisch gefühlt. Es gab Gerüchte von großen Tieren

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