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Cheffe versenken (German Edition)

Cheffe versenken (German Edition)

Titel: Cheffe versenken (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christiane Güth
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mit dem Auto zum Apothekergarten gekommen. Er stützte mich und brachte mich zum Parkplatz.
    »Die Wunde muss sich ein Fachmann ansehen. Wer ist Ihr Hausarzt? Ich bringe Sie hin.«
    Von Ärzten und Kopfwunden hatte ich heute schon genug gehört, und auf stundenlange Wartezeiten in einer überfüllten Praxis hatte ich absolut keine Lust. Gegen Claassens Willen bat ich ihn, mich im Verlag abzusetzen.
    »Sie müssen auf jeden Fall Anzeige erstatten. Wenn im Stadtpark irre Schläger ihr Unwesen treiben, muss die Polizei alarmiert und die Bevölkerung gewarnt werden.«
    Claassen schüttelte den Kopf und seufzte.
    Während der Fahrt fragte ich ihn nach Juliane Sanders.
    Aus seiner Erzählung erfuhr ich, dass sie eine begabte Redakteurin war. Sie hatte einige besonders erfolgreiche Buchprojekte entwickelt. Mit nur 34 Jahren ernannte der alte Bellersen sie zur Chefredakteurin, und wenige Monate später war sie tot. Claassen erwähnte, dass sie immer wieder in schwere depressive Phasen gefallen war, die sie mit Medikamenten in den Griff zu bekommen versuchte.
    »Und eines Tages«, bemerkte Claassen, »kam sie nicht mehr wieder. Benno Bellersen verkündete, Juliane habe eine Überdosis ihrer Tabletten genommen. Ob versehentlich oder absichtlich – darüber spekulierte das gesamte Kollegium.«
    »Und was glauben Sie?«, fragte ich Claassen.
    »Weder noch.«
    Claassen bog auf den Verlagsparkplatz ein und stoppte elegant seinen Wagen.
    »Was soll das heißen?«, hakte ich nach.
    »Die medikamentöse Behandlung schlug gut an, und Juliane war bei der Einnahme übervorsichtig.«
    »Woher wissen Sie das?«
    »Sie hat es mir bei einer Betriebsfeier kurz vor ihrem Tod erzählt. Juliane sagte, dass sie mit der kleinsten Dosierung auskam, sich gut fühle und sogar eine Therapie begonnen hatte. Sie freute sich über ihren Posten als Chefredakteurin.«
    Ich schaute Claassen ungläubig an.
    »Vielleicht hatte sie einen schlimmen Rückfall«, mutmaßte ich. Zugegebenermaßen hatte ich keine Ahnung von Depressionen.
    »Wer weiß«, schloss Claassen seine konspirative Informationsstunde und half mir aus dem Auto. »Ich wollte Ihnen nur offenlegen, wie ich die Sache damals gesehen habe. Das hat natürlich in der Verlagschronik nichts zu suchen«, sagte er milde lächelnd.
    Mit pulsierendem Schädelinneren schlich ich die Stufen ins Verlagsgebäude hinauf – noch immer unschlüssig, was ich tun sollte. Im Erdgeschoss stand plötzlich Poltergeist Bernold Bellersen vor uns.
    »Hier geht es zu wie in einem Irrenhaus«, schrie er Claassen und mich an. »Jeder macht, was er will!«
    Ich stellte fest, dass dies kein idealer Zeitpunkt war, um ihm von meinem Unfall zu berichten. Claassen sah das anders und beging einen folgenschweren Fehler.
    »Bernold, ich dachte, daran hättest du dich längst gewöhnt«, scherzte er, scheinbar ohne jeden Respekt für das tobende Verlagsoberhaupt.
    »Fräulein Gellert muss Anzeige erstatten.«
    Was fiel Claassen ein? Der Schlag auf meinen Schädel hatte schließlich nichts mit meiner Arbeit zu tun.
    »Wieso Anzeige?«, faselte Bellersen, während er zwischen Claassen und mir hin- und herschaute und sein schwabbeliges Kinn wie ein verrutschter Hahnenkamm schaukelte.
    Claassen zeigte auf meinen Kopf, auf dessen Rückseite sich mittlerweile eine Blutkruste gebildet hatte.
    »Jemand hat sie in der Mittagspause im Apothekergarten niedergeschlagen. Wir holen ihre Unterlagen, und dann bringe ich sie zur Polizei.«
    Warum mutierte Claassen jetzt zum Fürsorgemeister? Ich wusste schließlich besser, was ich zu tun hatte. Bellersens Gesicht passte sich dem Hahnenkamm an und lief von unten nach oben dunkelrot an.
    »Eine Anzeige?«, presste er atemlos heraus.
    Während ich krampfhaft überlegte, welche Komplikationen auf mich zukommen konnten, ergriff Claassen abermals das Wort für mich.
    »Ein tätlicher Angriff darf nicht ungestraft bleiben. Fräulein Gellert hat den Täter zwar nicht gesehen, aber eine Anzeige ist des Bürgers Pflicht. Nicht wahr, Fräulein Gellert?«
    »Vermutlich«, pflichtete ich meinem Sprecher schulterzuckend bei.
    Bellersen schien meine Unsicherheit bemerkt zu haben und lächelte mich an.
    »Ahaa! Wenn Sie sowieso niemanden gesehen haben, macht eine Anzeige doch gar keinen Sinn, meine Liebe. Wie viel Ärger wollen Sie sich denn noch einhandeln?«
    Claassen schüttelte den Kopf und verdrehte die Augen.
    »Kommen Sie mit in mein Büro. Ich denke, wir beide besprechen diesen kleinen Zwischenfall in

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