Cherryblossom 2 - Nymphenherz (German Edition)
Unannehmlichkeiten
Eine Stunde später sah ich das unzufriedene Gesicht von Sylvie. Ihre blasse Haut reflektierte das helle Licht des Spiegelsaals und wirkte fast so hell wie meine eigene. Ihre lichtblonden kurzen Haare standen wirr von ihrem Kopf ab und verliehen ihr etwas Linkische s. Federnd kam sie in ihrem schwarzen Kampfanzug vor mir zum Stehen und wischte sich den feinen Schweißfilm von der Stirn.
»Noch mal, Hanna.« Ich straffte mich und ballte die Hände an meiner Seite zu Fäusten. Louisa und ein fremdes Mädchen standen weiter hinten an der Seite und beobachteten uns bei diesen Übungen. Erneut versuchte ich mich unsichtbar zu machen. Ich suchte den Kontakt zu meinem Dämon, doch der Teufel schien nur in Erscheinung treten zu wollen, wenn es mir nicht passte, oder wenn er Futter witterte. Unter anderem waren Louisa und das fremde Mädchen deshalb hier. Sie sollten den Dämon herausfordern und nähren.
Ich griff in mich hinein, wollte den Dämon an den Haaren herauszerren und griff … ins Leere. Verdammt! Ich ließ meinen Blick schweifen. Über die unzähligen Spiegel an der rechten Wand, über den Parkettboden und über die betrübten Gesichter der anderen.
»Es klappt einfach nicht , Sylvie. Dieser Scheißdämon scheint mich auszulachen!«, knurrte ich.
Mit einem seltsamen Geräusch, ähnlich einem Seufzen, ließ ich mich auf dem Boden nieder und verknotete die Beine unter mir. Schnell war Sylvie bei mir.
»Nichts mit Ausruhen! Als deine Trainerin kann ich das nicht akzeptieren. Also, hoch mit dir!« Ihre meeresblauen Augen funkelten. »Du musst erforschen, auf was dein Dämon geprägt ist. Er hat eben wie du seine Vorlieben, aber die menschlichen Dinge sind ihm fremd. Gefühle interessieren ihn nicht. Liebe, Freundschaft … er denkt nicht. Er handelt.«
»Du meinst er ist primitiv!«, stieß ich zornig aus. »Er ist nur da, wenn ich mich streite. Dann drängt er auf eine handfeste Prügelei, oder wenn er Hunger hat, und das scheint er immer zu haben, der Hund!«
Sylvies Gesicht erhellte sich. »Schätzchen, das ist normal. Er ist das Raubtier. Er ist purer Instinkt. Überleben! Er verteidigt und er jagt. Versuche ihn zu verstehen und du wirst den Kontakt herstellen können. Du wirst lernen ihn zu rufen und ihn zurückzuhalten.« Jetzt zog sie mich mit einem Ruck wieder auf die Beine. »Je nach Charakter eines Zeitwandlers agiert auch der Dämon. Du bist eine Nymphe, also wird er empfänglich sein für Leidenschaft, Erotik und …«
Mehr wollte ich zu diesem Thema nicht hören und ich unterbrach sie gehetzt. »Ok, ok. Versuchen wir es noch mal.«
Sylvie trat zurück, ich tat es ihr gleich und sie zeigte es mir erneut. Eine Welle aus Farbe ging durch ihre Aura und sie schien für einen Augenblick noch heller zu strahlen. Jetzt rannte Sylvie auf Louisa und das Mädchen zu und berührte unvermittelt eine der beiden. Beide schrien erschrocken auf. Sie konnten Sylvie nicht sehen. Für die menschliche Wahrnehmung war Sylvie nicht da, verhüllt durch einen Glanz, der sie tarnte. Nicht alle Zeitwandler konnten diesen Trick des Verhüllens, wie wir es nannten, für sich nutzen. Es war anstrengend und erforderte einen gewissen Kraftaufwand. Sylvie war wie ich eine Elementnymphe. Ihres war das Wasser. Sie schwamm wie eine Nixe und lebte an der Küste der Insel Skye, zu der wir bald aufbrechen sollten. Das Wasser als Element beeinflussen, so wie ich das Feuer, konnte sie allerdings nicht. Jetzt flackerte Sylvies Aura erneut, Louisa schrie kurz auf, als sie Sylvies Gesicht direkt vor ihrem entdeckte.
»Komm einmal mit mir , Emma.« Sie reichte dem Mädchen neben Louisa die Hand und nahm sie mit zu mir herüber. »Bleib hier stehen, ja?«, befahl sie. Dann widmete Sylvie ihre Aufmerksamkeit wieder mir. »Sieh dir ihre Aura an. Sie ist jung und köstlich und bereit etwas zu schenken.« Die Energie des Mädchens leuchtete in den feinsten Rosatönen, wie die Farben der untergehenden Sonne. Jetzt ging ein Ruck durch mich hindurch. Mein Dämon war präsent. Hatte er mich eben noch so stumpf ignoriert, hatten wir jetzt seine ungeteilte Aufmerksamkeit. Ich ärgerte mich über ihn und er griff diese Emotion sofort auf. Jubilierte und fachte meinen Zorn an.
Die Aura des Mädchens begann zu flimmern, ihre Augen weiteten sich und sie trat erschrocken zurück.
»Nein!« Sylvie schoss auf mich zu und gab mir einen Stoß, der mich auf meine vier Buchstaben verfrachtete. Ein Knurren löste sich aus meiner
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