Cherryblossom - Die Zeitwandler (German Edition)
im nächsten Augenblick schwer zur Seite. Erschöpft trieb ich davon, ins namenlose zähe Nichts.
Ich katapultierte mich mit solch einer Urgewalt aus dieser Tiefe eines wahren Albtraums in die Realität, dass ich meinte, ersticken zu müssen. Keuchend, zitternd und orientierungslos fuhr ich hoch, als mich Bens Arme umschlossen, um mich zu beruhigen . Ich sog scharf die Luft ein und schluchzte laut auf. Ein Beben durchlief und erschütterte mich bis in die Tiefen meiner Seele. Verzweifelt versuchte ich, den inneren Schmerz über das, was ich gerade erlebt hatte, zu unterdrücken, krümmte mich zusammen, jaulte erstickt auf und grub meine Hände haltsuchend in Bens Arme. Ben drückte mich vorsichtig zurück in die Kissen und sprach ruhig auf mich ein. Ich konnte den Sinn seiner Worte nicht erfassen, zu aufgewühlt war ich. Kraftlos sank ich zusammen und ließ mich zurückschieben.
Es dauerte, bis ich mich wieder gesammelt hatte und ruhig atmen konnte. Vielleicht Sekunden, vielleicht Minuten, ich wusste es nicht. Alle waren still und warteten. Vier Augenpaare waren fragend auf mich gerichtet. Ich setzte mich vorsichtig auf, rechnete mit Schwindel oder Übelkeit, aber nichts dergleichen kam. Vorsichtig atmete ich probeweise tief durch, ich konnte mich noch zu gut an den Schmerz in der Lunge entsinnen, der in meiner Erinnerung so präsent war.
»Meine Mutter wollte uns Kindern nichts tun. Sie hat versucht, uns zu retten.« Meine Stimme klang fremd in meinen Ohren, hart und gefasst.
»Was hast du gesehen, mein Kind?«, fragte Magnus Gutenberg vorsichtig. Sorgfältig berichtete ich ihnen von den grauenvollen Ereignissen dieser Nacht. Von den Männern mit dem tätowierten Auge auf der Stirn, von meiner Mutter und dem Mann, der zuletzt dazugekommen war.
Es herrschte betroffenes Schweigen, das den Raum einnahm und mich zu erdrücken schien. Abrupt stand ich auf und brachte mich eilig wieder in Ordnung, meine Frisur genauso wie meinen Geist.
»Könnte ich einen Schluck Wasser bekommen?«, fragte ich so aufgeräumt, wie es mir möglich war und blickte in die abschätzenden Blicke der anderen. Ben stand auf und brachte mir ein Glas Wasser. Lennox beobachtete mich besorgt, als Olivia das Schweigen mit ihrer Unverblümtheit durchbrach. »Entspannt euch, die Kleine ist taffer, als ihr denkt«, sagte sie und grinste mir entgegen.
»Es waren die Occulus Videns, die euch tot sehen wollten – das Wissende Auge «, stellte Magnus sicher fest.
»Aber warum? Und was wollten sie von ihrer Mutter?«, fragte Ben drängend.
Lennox hatte sich in seine eigenen Überlegungen zurückgezogen und schwieg. Mit einem Zug leerte ich durstig das Wasserglas und setzte mich wieder auf die Chaiselonge.
»Ich vermute, dass die Vereinigung von solch mächtigem Dämonenblut wie Dominiks mit dem stärksten Hexenblut der Welt nicht jedem behagte.« Magnus sah herb in die Runde und ging im Zimmer auf und ab. »Kannst du den Mann beschreiben, der zuletzt dazugekommen ist, Hanna? Er muss ein Hexer gewesen sein. Die Druckwelle gegen deine Mutter, anschließend die Blockade in deinem Kopf …« Er steuerte auf mich zu und sah ernst zu mir herab.
»Ich weiß nicht genau, ich denke, er war so um die fünfzig, vielleicht sechzig, mit fast weißem Haar. Sein Gesicht konnte ich nicht wirklich erkennen.« Ich fühlte mich erstaunlich gut. Es tat so unglaublich gut zu wissen, dass es nicht meine Mutter war, die mich und meine Schwestern angegriffen hatte. Erleichterung und Glück drückten sich wie starke Sonnenstrahlen durch die dunklen Wolken des schrecklichen Traums, in dem ich mich befand, und löste den angespannten Knoten in meinem Magen. Lennox kam zu mir, setzte sich neben mich und nahm meine Hand. Ich lächelte ihn zufrieden an und kramte weiter in meinem Kopf nach Einzelheiten, fand aber keine mehr.
»Nun gut, jedenfalls ein sehr alter Hexer, so extrem viele gibt es ja nicht mehr. Vielleicht hat er die Occulus Videns in ihrem Vorhaben gestört. Es sieht ihnen jedenfalls nicht ähnlich, eine Sache so unabgeschlossen zurückzulassen.« Magnus blickte nachdenklich in die Runde und zupfte an seinem schmalen Kinnbart herum. »Ich bin mir sicher, sie hätten sich vergewissert, dass alle tot sind, bevor sie gehen.«
Lennox nickte zustimmend. »Als ich mit dem Fall betraut wurde, kam ich nur wenige Stunden nach dem Unglück in England an. Es wurde berichtet, dass die Mutter mit ihren toten Kindern im Arm von der Polizei aufgefunden worden war. Die
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