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Cherubim

Cherubim

Titel: Cherubim Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathrin Lange
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Blick auf das Medaillon.
    Deutlich sichtbar war in die schimmernde Oberfläche der Münze ein Zeichen eingraviert.
    Ein sechszackiger Stern.
    Der Davidstern.
    Ein Ochsenkarren rumpelte an Katharina vorbei, als sie vor dem Haus von Hartmann Schedel stehenblieb und einen Blick an der hoch aufragenden Fassade nach oben warf. Ein buntes Wappen zierte den Sturz über der Haustür. Katharina kniff die Augen zusammen, um die einzelnen Teile erkennen zu können, aber es war so vollgepacktmit Details, dass es schier unmöglich war. Das Auffallendste waren fünf leuchtendrote Kugeln, die über die gesamte Fläche verteilt waren und deren Sinn sich Katharina nicht erschloss.
    Achselzuckend wandte sie sich dem verzierten Klingelzug zu, dessen Griff die Form einer gewundenen Schlange hatte. Katharina betrachtete einen Moment lang die fein gearbeiteten Schuppen des Tieres und den Kopf, der sich zum Schwanzende hinbeugte, als wolle er hineinbeißen. Dann griff sie danach und zog daran.
    Eine melodiöse Glocke erklang im Inneren des Hauses, und es dauerte nur wenige Atemzüge, bis geöffnet wurde. Eine blasse Dienstmagd mit einer etwas hochmütigen Miene musterte Katharina von Kopf bis Fuß.
    »Bitte?«, fragte sie, und auch ihre Stimme klang blasiert.
    Katharina musste sich zusammenreißen, um nicht in eine unterwürfige Haltung zu verfallen. Früher hatte sie unverschämtes Personal mit einer Mischung aus Freundlichkeit und Ignoranz einfach stehengelassen, aber das fiel ihr heute – in der Position, in der sie sich seit Egberts Tod befand – schwer. Also unterdrückte sie den Impuls, um Entschuldigung zu bitten, und sagte mit fester Stimme: »Ich muss zu deinem Herrn, Doktor Schedel.«
    »Erwartet er Euch?« Die Magd rührte sich nicht von der Stelle. Sie hatte eine entzündete Stelle am Mundwinkel und eine weitere am Hals, dicht über ihrem Kragen.
    »Nein«, beantwortete Katharina die Frage. »Aber ich bin sicher, er lässt mich bitten, wenn er hört, dass ich seine Hilfe brauche.«
    Die Dienstmagd nickte huldvoll. Sie war offenbar unschlüssig, wie sie diesen unerwarteten Gast zu behandeln hatte, und schließlich entschied sie sich dafür, sicherzugehen. Sie öffnete die Tür ganz und bat Katharina höflich in einen kleinen Empfangsraum, der außer ein paar Stühlen mit roten Samtbezügen und einem hochbeinigen Tischchen nichts enthielt. »Bitte wartet hier auf ihn. Ich sage ihm Bescheid, dass Ihr da seid. Wie ist Euer Name?«
    Katharina nannte ihn, und die Magd eilte davon.
    Keine zwei Minuten später kam Hartmann Schedel in das Zimmer gestürmt. »Frau Jacob! Welche Freude, Euch wiederzusehen!«, rief er und hatte die Arme dabei ausgebreitet, als wolle er Katharinaan seine Brust drücken. Er hatte sich in den letzten Monaten nicht ein bisschen verändert. Seine Gestalt neigte noch immer zur Fettleibigkeit, und seine Augen besaßen denselben wachen und intelligenten Ausdruck, an den Katharina sich so gut erinnerte.
    Sie lächelte Schedel freundlich an. »Ich danke Euch, dass Ihr Zeit für mich habt.«
    »Marianne sagte mir, dass Ihr meine Hilfe braucht. Ihr seid doch nicht etwa krank?« Besorgt ließ Schedel seine Blicke an Katharinas Gestalt auf und ab huschen.
    »Nein! Ich nicht. Aber Ihr habt recht geraten: Es geht um eine medizinische Frage.« Sie schluckte einmal, weil ihr plötzlich klar, wurde, wie sehr sie solcherart Erörterungen vermisste. Früher hatte sie sie mit Egbert geführt, aber jetzt ...
    »Es ... die Priorin des Dominikanerinnenklosters in der Lorenzer Stadt hat mich um Rat gebeten«, sagte sie rasch.
    Zu ihrer Überraschung nickte Schedel. »Ich weiß. Johannes hat mir davon erzählt.« Er wies auf einen der Stühle und wartete, bis Katharina sich gesetzt hatte. Dann streckte er den Kopf zur Tür hinaus und rief nach Marianne. Als sie kam, gab er ihr den Auftrag, für seinen Gast eine kleine Erfrischung zu holen. Sie gehorchte mit ausdruckslosem Gesicht, und Katharina konnte sich vorstellen, dass sie froh war, höflich gewesen zu sein. Menschen, die bewirtet wurden, waren im Allgemeinen keine gewöhnlichen Patienten – und schon gar keine unliebsamen Bittsteller.
    Als Marianne fort war, wandte Schedel sich wieder Katharina zu. »Sie muss eine schwere Krankheit haben, wenn Ihr allein nicht damit zurechtkommt.«
    Katharina lächelte ob dieses versteckten Kompliments. »Es ist ein sehr ungewöhnlicher Fall«, meinte sie. Dann schilderte sie dem Medicus in allen Einzelheiten Kunigundes Symptome.
    Nachdem

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